010. Hervorgebrachte Erscheinungen des Magnetismus

Die durch den Magnetismus hervorgebrachten Erscheinungen im Allgemeinen.



Die absichtlich durch das Magnetisieren hervorgebrachten Erscheinungen, welche übrigens auch ohnedies in vielen Krankheiten von selbst entstehen und auch durch andere Mittel und Einflüsse hervorgebracht werden, und welche ich in der angezeigten Schrift ausführlich angegeben habe, werden am besten einfach in physische und psychische Erscheinungen eingeteilt. Die gewöhnlichen mehr oder weniger immer vorkommenden Erscheinungen sind physisch kritische Vorgänge, und zweitens seltnere, psychische Zustände. Jene sind entweder allgemeine, bei allen magnetisch Behandelten mehr oder weniger konstant und wahrnehmbar; oder sie sind besondere Wirkungen und bei verschiedenen Kranken verschieden, die als kritische Bewegungen in einzelnen vorherrschend angeregten Organen sich offenbaren. Zu den psychischen Erscheinungen rechnet man das Erwachen des inneren Sinnes mit aufgehobener äußerer Sinnestätigkeit. Diese Erscheinungen sind sehr mannigfach, indem die Seelentätigkeiten oft wechselnd und veränderlich, bald erniedrigt, bald erhöht sich äußern, weshalb ich sie wieder in die häufiger vorkommenden allgemeinen niederen Seelenzustände einteile, wobei gleichsam nur ein teilweises und beschränktes Vorherrschen des inneren Sinnes stattfindet, also ein träum ähnlicher Mittelzustand zwischen Schlaf und Wachen, den man Schlafwachen, Somnambulismus genannt hat. Zweitens die seltener vorkommenden höheren Seelenäußerungen mit bestimmterem Vorherrschen des inneren Sinnes, gleichsam ein Wachen im Schlafe, habe ich Wachschlaf, — mit überwiegendem Wachzustand genannt, worunter man die, Ausdrücke: Hellsehen, Clairvoyance, Ekstase usw. versteht. Alle sowohl die physischen als psychischen Erscheinungen des Magnetismus gestalten sich nach der Konstitution der Kranken; nach Alter, Geschlecht, Temperament und Bildung; nach der Art der Krankheiten, sowie nach der Zeit der Zu- und Abnahme derselben sehr verschiedenartig, so daß sich nie im Voraus die Art der Krise genau bestimmen läßt.


Bei den allgemeinen physischen Erscheinungen, beobachtet man veränderte Gefühls- und Temperaturzustände, Zirkulationsveränderungen des Blutes; in dem Reproduktionssystem entstehen Appetit und Ausscheidungen mannigfacher Art und das Nervensystem erleidet in den Sinnes- und Bewegungsorganen allerlei Veränderungen, wodurch heilsame Krisen und bei zweckmäßiger Behandlung auch gänzliche Genesung erfolgt. Es entsteht eine allgemeine Erweckung und Verstärkung der Lebenstätigkeiten, ohne Reizung und Überreizung des Körpers. Sowohl die Sinnorgane als die Muskeln, die Zirkulations- und Verdauungsorgane werden kräftiger ohne alle Anwendung materieller Mittel. Mehr Wärme, Appetit und bessere Verdauung stellt sich ein und die Ab- und Aussonderungen werden regelmäßiger. — Die besonderen physischen Erscheinungen, als seltnere Wirkungen bei einzelnen Individuen und besonderen Krankheitsformen, zeigen sich als eigentümliche kritische Vorgänge in den Sinnes-, Bewegungs- und Reproduktionsorganen; dahin gehören Fieberbewegungen, entzündungsartige Wallungen, Hautausschläge, Krämpfe, Schweiß und Durchfälle usw.

Bei den psychischen Erscheinungen des Schlafwachens und Hellsehens lebt der Kranke ein mehr inneres subjektives Leben, mit eigentümlichen Zeichen des Einschlafens und des inneren sogenannten magnetischen Erwachens. Es zeigt sich eine vermehrte und veränderte Reizbarkeit der Sinne; verschiedenartige Sym- und Antipathien zu den umgebenden Personen; mancherlei Abänderungen und gleichsam ein Stellversetzen der Sinne an ungewöhnliche Stellen des Leibes, wie z. B. das Sehen durch die Herzgrube, durch die Fingerspitzen usw. Es entsteht ein erhöhter Instinkt zu gewissen Nahrungsstoffen und Arzneimitteln, ein Vor- und Fernfühlen künftiger, vorzüglich auf sie selbst Bezug habender Ereignisse; auch stellen sich allerlei Ahnungen und Erscheinungen von Phantasiegebilden ein. So erscheinen ihnen Tiergestalten, Engel und Teufel, oder verstorbene Menschenseelen mit den verschiedenartigsten Gebärden, Handlungen und Aufzügen. Auch fremde, während des Wachens ungewohnte Sprachen sprechen solche Somnambulen in einzelnen Fällen und Redensarten. Bei allen diesen Erscheinungen findet aber eine gewisse Unsicherheit, Unbeständigkeit und Ungleichheit statt, sowie auch die Schlafzustände von sehr verschiedener Dauer sind.

Bei den höheren Zuständen des Hellsehens und der magnetischen Ekstase treten die Zustände in erhöhtem Maße ein, wobei aber statt des mehr negativen, leidenden Zustandes des Schlafwachens, der Kranke einen mehr positiven, selbstständigen Charakter annimmt. Das Vor- und Fernsehen in Zeit und Raum erreicht jetzt jene bewunderungswürdige, mysteriöse Höhe, wie die innere kontemplative Gemütsstimmung jene ungemessene Tiefe religiöser Stimmung und enthusiastischer Erhebung. Das Empfindungsvermögen der Kranken steigert sich der Art, daß sie z. B. die Gefühle ihres Magnetiseurs teilen, und gleichsam durch dessen Sinnorgane sehen, hören, riechen und schmecken, ja sogar die Gemütsstimmungen der mit ihnen in Rapport gesetzten Personen teilen sich ihnen mit und die Antipathien gegen gewisse Personen steigern sich auf eine außerordentliche Weise. Der Instinkt zu Heilmitteln erhöht sich jetzt zu klaren Anschauungen des eigenen Körpers, und es werden neue Erfindungen von Instrumenten und Maschinen zum Behufe magnetischer Euren gemacht. Künftige Ereignisse, Krisen und das Ende der Krankheit werden auf Tage und Minuten bestimmt, und dies nicht blos in Bezug auf den Kranken selbst, sondern auch auf andere in Rapport gebrachte Personen. Visionen von Gegenden, Personen und Geschichten in weitem Räume und aus fernen Zonen, ja von überirdischen Welten sind gar nichts Seltenes, worin jedoch bei den verschiedenen Hellsehern keine Übereinstimmung stattfindet.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Magie, Buch 1