Kaum werden dergleichen Judenverfolgungen in irgend einem Lande häufiger gewesen sein, als in Bayern

Kaum werden dergleichen Judenverfolgungen in irgend einem Lande häufiger gewesen sein, als in Bayern.

Ich habe mir Mühe gegeben, aus unsern Geschichtsschreibern und Urkunden die hierher gehörigen Angaben aufzusammeln, und bin auf folgende Resultate gekommen, a)


Die ersten historischen Nachrichten, die wir von dem Dasein der Juden in Bayern haben, sind zugleich die ersten Nachrichten von ihrer Misshandlung. Im Jahre 1096. nämlich erlitten sie zu Regensburg, und in andern bayrischen Städten eine große Verfolgung b); und als im darauf folgenden Jahre Kaiser Heinrich von Italien zurückkam, und durch Regensburg zog, zwang er alle dort befindliche Juden, sich taufen zu lassen, und erlaubte ihnen unter dieser Bedingung die Ausübung ihrer eigentümlichen Gebräuche. c)

Übrigens waren die Juden zu Regensburg, welche von den ältesten Zeiten her unter den bayrischen Herzogen standen, d) in einer ungleich bessern Lage e), als ihre in Bayern hin und wieder zerstreuten Glaubensbrüder 5), welche im Jahr 1276. von Herzog Ludwig dem Strengen nach mehrern Bedrückungen endlich ganz aus dem Lande verwiesen wurden. g)

a) Eine Arbeit, die um so beschwerlicher war, als die allenthalben zerstreuten Materialien noch von Niemand gesammelt sind.

b) Gemeiners Regensb. Chronik. S. 192.

d) Bei der Landesteilung erhielt Herzog Albert von der Straubinger Linie die Gerechtsame über die Regensburger Juden, nach ihm Herzog Albert der Keusche, und nach diesem Herzog Johann. Als nach dessen Tod Baiern unter die vier Herzoge Wilhelm, Ernst, Ludwig und Heinrich geteilt wurde, fielen die Regensburger Juden dem Herzog Ludwig von Ingolstadt, und nach dessen im Jahre 1447. erfolgtem Ableben dem Herzog Heinrich von Landshut zu, dessen Nachfolger Ludwig und Georg der Reiche in dem Besitze derselben blieben.

Durch den bekannten Machtspruch des Kaisers Maximilian über die Erbschaft Herzogs Georg des Reichen kamen die Regensburger Juden an ihn (den Kaiser). Was nach seinem Tode mit ihnen erfolgte, wird unten vorkommen.

Mit den Herzogen Heinrich, Ludwig und Georg sollen verschiedene Verhandlungen der Juden wegen gepflogen worden sein, wie Christ Hofmann in der schon angeführten Schrift behauptet.

e) Es wurde ihnen in den Jahren 1210. 1225. und 1279. erlaubt, sich Plätze für ihre Synagoge und zur Beerdigung ihrer Verstorbenen zu erkaufen. ...

Im Jahre 1230. wurden ihnen von dem Kaiser ihre alten Freiheiten bestätliget; unter andern das Recht, mit Gold und Silber frei in der Stadt handeln und wandeln zu dürfen, ferner das Recht, ihre Richter selbst zu ernennen, und vor keinem fremden Gericht erscheinen zu dürfen, weiter „dass kein Christ, er sei geistlich oder weltlich, eine Sache durch Urteil von einem Juden behaben, oder gerichtlich abnehmen lassen kann; wenn nicht wenigstens auch ein Jud für den Christen ein gerichtliches Zeugnis ablegt: imgleichen, dass ein Jud, der in Regensbuxg 10. Jahre lang unangesprochen ein Haus oder eine Hofstatt besessen hat, und das ruhige Innhaben bewähren kann, auch für das weitere unangesprochen sein soll.“

Übrigens gaben die Juden neben dem Kammerzins, den sie als Kammerknechte entrichten mussten, als Bürger dem Rat eine jährliche Pachtsteuer. Schon Kaiser Friedrich verschrieb dem Bischof von Regensburg die Gefälle der dortigen Juden; Kaiser Heinrich bestätigte ihm diese Schankung.

Als Kaiser Adolph zu Ende des 13. Jahrhunderts dem Herzog Otto von Niederbayern eine beträchtliche Summe Geldes an die Regensburger Juden anwies, und der Herzog diese Summe erheben lassen wollte, setzten sich die Bürger von Regensburg dagegen, und es kam zu einem blutigen Kampf, und sogar zur Belagerung Regensburgs durch die Bayern. Die Sache wurde durch einen schiedsrichterlichen Ausspruch des Bischofs dahin entschieden, dass die Juden 2,000 Pfund Pfenninge gegen einen kaiserlichen Freyfell (Qutttbrief) an den Herzog bezahlen sollten. Erst im Jahre 1323 wurden sie an die Herzoge von Niederbayern gänzlich überlassen, und scheinen seit dieser Zeit bis 1514. ein Eigentum derselben geblieben zu sein.

f) Dass zu München damals schon Juden waren, ist wahrscheinlich, da ich gleich vom Jahre 1287 Nachrichten über ihr damaliges Schicksal anführen werde.

Auch zu Lauingen waren Juden, wie eine Urkunde des Kaisers Ludwig III. vom Jahre 1325. beweißt, wo von der dortigen Judendensteuer die Rede ist. ...

Dass sie schon im 13. Jahrhundert zu Mühldorf waren , findet man in L. Hübners Beschreibung der Stadt Salzburg, l. Tb. S. 143.

Von Sulzbach behauptet D. Schleiß in der Schrift: Die Beherrscher von Sulzbach, Sulzb. 1783, dass schon im Jahre 1300 unter Graf Gebharb VI. Juden dort vorhanden waren.

In Sulzbürg machten sie sich im Jahre 1371 ansässig.

Ferner müssen auch zu Diessen damals Juden gewesen sein, weil in einer Urkunde vom Jahre 1385 die Benennung Judengasse in Diessen vorkommt.

Bei den übrigen Urkunden, die man in den Mon. boic. findet, lässt sich nicht genau bestimmen, ob darin von bayrischen oder auswärtigen Juden die Rede sei; ... doch ersieht man daraus, dass die Klöster den Juden beträchtlche Summen schuldig gewesen sein müssen, auch sonst in allerlei Verkehr mit ihnen standen; z. B. T. 4. p 86 und 282. 1°. ... an welchem letzten Ort man ein Beispiel der kaiserlichen Sorgfalt und Verwendung für die Juden findet. Von Salzburg s. Hübner 1. c.

k) s. Eck Verlegung eines Juden-Büchleins. s. w. Ingolstadt , 1543 4. auf dem 4ten Blatt des O Bogens , wo irrig Herzog Ludwig l. genannt genannt wird, da doch im Jahre 1276. Herzog Ludwig II. regierte. Von dieser merkwürdigen Schrift werde ich unten nähere Nachricht geben.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Juden in Bayern