Erst in dem XI. Jahrhundert zeigten sich die Juden im Deutschland in größerer Menge

Erst in dem XI. Jahrhundert zeigten sich die Juden im Deutschland in größerer Menge. Der folgenreiche Irrwahn des Mittelalters, dass das deutsche Kaisertum eine Fortsetzung des römischen sei, und Karl der Große unmittelbar alle Rechte und Vorzüge der römischen Kaiser erhalten habe, verschaffte den deutschen Kaisern auch die uneingeschränkte Herrschaft, und so zu sagen das Eigentumsrecht über die Juden, a) Eben so nachlässig aber, als diese Kaiser in Behauptung ihrer übrigen Rechte und Einkünfte waren, verfuhren sie auch mit diesem Zweige derselben. Die meisten Reichsstände setzten sich mit oder ohne kaiserliche Verleihung in den Besitz des Rechts, Juden zu halten, und befestigten sich darin immer mehr, so wie ihre Landeshoheit nach und nach fester gegründet, und mehr ausgebildet wurde. — Daher bestätigte die goldene Bulle den Kurfürsten dieses Recht mit dem Beisatz: „so wie sie es vorlängst, und rühmlichst hergebracht hatten.“ b) —

a) Der Schwabenspiegel führt c. 164. §. 4. ausdrücklich diese Ursache an: „Die Juden gab der König Titus zu eigen in des Königs Kamer, davor sollen sie noch des Reichs Knecht sin, und er soll sy auch schirmen.“ — Diese Behauptung machte Kaiser Albrecht I. gegen König Philipp IV. von Frankreich wirklich geltend, und die französischen Rechtsgelehrten selbst sprachen für das Recht des Kaisers. Philipp IV. schickte also alle seine Juden nach Deutschland, beraubte sie aber zuvor alles Vermögens und selbst der Kleider.


s. Häberlins deutsche Reichshist. Th. 8. S. 582.

b) Aus der Reichs-Polizei-Ordnung von 1530. Tit. 27 ersieht man, dass damals noch jedermann ohne Unterschied das Recht hatte, Juden zu halten. Erst in der R. P. O. vom Jahre 1548. Tit. 20. wurde dieses Recht auf diejenige eingeschränkt, die vom Kaiser und Reich Regalia haben, oder besonders deswegen privilegiert sind.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Juden in Bayern