Erste Fortsetzung

Vom 14. Jahrhundert , an werden nach und nach die großen Städte mit großen Schlaguhren versehen; der erste Taschenuhrmacher aber erscheint in Nürnberg in Peter Henle, im Jahre 1500 , dem Erfinder derselben. — An alle diese Metallarbeiter schlossen sich nun zunächst alle diejenigen Gewerke an, welche die Aufgabe haben, Wohnungen für die Menschen zu bauen und dieselben mit allen Bequemlichkeiten einzurichten. In dieser Beziehung waren besonders zahlreich die Steinmetzen, die eine allgemeine Zunft unter dem Namen Bauhütte durch ganz Deutschland errichteten, wie dies 1459 zum ersten Male urkundlich vorkommt; deutsche Steinmetzen wurden oft in die entferntesten Länder berufen. Die Zimmerleute werden 1368 als Zunft genannt. Vortreffliche Tischler gab es seit dem 15. Jahrhundert namentlich in Augsburg und Dresden, kunstreiche Drechsler in Nürnberg; Albrecht Dürer selbst war ein sehr geschickter Drechsler und Schnitzler und Veit Stoß ein kunstreicher Holzbildner. Herrliche Drechsler- und Schreinerarbeiten erscheinen vorzüglich an den Altären in den zahlreichen Kirchen. Rad- und Stellmacher gehörten 1368 in Augsburg zur Zunft der Schäffler. — Die Töpferei wurde bereits von den alten Germanen getrieben, und schon im 7. und 8. Jahrhundert fertigte man Gefäße auf der Drehscheibe und vollendete sie im Ofen. Seit dem 13. Jahrhundert kommen auch glasierte Gefäße vor und seitdem auch Öfen mit tönernen, modellierten und glasierten Kacheln. — Glaser und Spiegler erscheinen 1363 in Augsburg und 1373 in Nürnberg. Schon früh aber wurden die bunten, mosaikartigen Glasfenster in den Kirchen gemein, noch allgemeiner seit dem 13. Jahrhundert , bis sie endlich im 15. Jahrhundert durch die Familie Hirschvogel in Nürnberg u. A. zur höchsten Vollkommenheit gebracht wurden; die Glasfenster in Wohnungen wurden aber erst seit dem 15. Jahrhundert allgemeiner. — Endlich sind die Gewerke, welche die Kleidung für die Menschen bereiten, immer blühender und zahlreicher geworden. Vor Allem haben die Wollen- und Leinweber schon frühzeitig einen großen Ruf erhalten. Bereits im Jahr 959 berief ein Graf von Flandern Tuchmacher aus dem Inneren Deutschlands. In Nürnberg finden wir 1285 Lederer, Tuchmacher, Tuchscherer und Wolleschläger, 1347 Tuchkartener, 1343 Borten- und Bandmacher, 1443 Samtweber. Die Leinen-Weberei kam hauptsächlich in Augsburg zur höchsten Blühte und der Leinenweber Fugger wurde ein Millionen reicher Mann. Die Färberei ist zwar auch eine alte deutsche Kunst und bei den alten Germanen kommen schon bunte Kleider vor, aber zu einem eigentlichen Handwerk erhob sie sich erst in den Städten, namentlich in den niederländischen, und dann später in Augsburg, wo sie 1340 zuerst genannt wird. Die Zeugdruckerei kam erst nach Erfindung der Buchdruckerkunst auf und zwar zuerst in letztbenannter Stadt. Zu den ältesten zünftigen Gewerben gehören auch die Schneider, und sie teilten sich schon früh, wie in Breslau, in Frauen- und Männerschneider; sie werden uns genannt 1244 in Helmstedt, 1316 in Nürnberg, 1350 in Zittau und 1368 in Augsburg. Außerdem werden in Nürnberg angeführt: 1370 die Nadler, Seidennäher, Knopfmacher, 1373 Fingerhüter und 1400 Bürstenbinder. Gerber und Kürschner finden wir im 13. Jahrhundert in Augsburg. — Als besondere Gewerke führen wir aus Nürnberg noch an: 1380 Kartenmacher und Bildschnitzer, 1388 Saitenmacher, 1413 Schellen- und Lautenmacher, 1433 Pergamentmacher, 1438 Kartenmaler, 1449 Formenschneider, 1473 Briefmaler, 1482 Brillenmacher und 1486 Illuminierer. Die Gewerbe aber für Speise und Getränke, wie Müller, Bäcker, Fleischer und Bierbrauer, werden schon in den frühesten Jahrhunderten und zwar sehr oft genannt, sowie sie besonders auch schon früh zünftig geworden sind.

Indem sich nun so ein Handwerk nach dem andern im Laufe des Mittelalters in Deutschland hervorgetan und sich ausgebildet hat, wodurch dieses auch der Mittelpunkt des damaligen Welthandels geworden ist, wurde auch die deutsche Nation selber aus der uranfänglichen Ärmlichkeit, Beschränktheit und Unwissenheit zur Bildung und Reichtum emporgehoben, und Deutschland war gegen das Ende des Mittelalters nicht nur überall herrlich angebaut, sondern auch voll großer, reicher und schöner Städte, die mit Kirchen, Rathäusern, Kaufhallen und andern öffentlichen Gebäuden versehen waren, während es auch an stattlichen Bürgerhäusern nicht fehlte, in denen nicht bloß das Notwendige, sondern auch Pracht und Luxus zu finden war. „Nicht die Könige von Norwegen wohnten so reich und schön, wie ein Nürnberger Bürger", so hieß es damals von Nürnberg. In dieser Stadt, wie auch in Augsburg, den beiden Mittelpunkten aller damaligen deutschen Gewerkstätigkeit, wurden die edelsten, wie die niedrigsten Bedürfnisse des Lebens verfertigt. Aus dem Handwerksstande hatten sich auch die Künste herausgebildet, und es gab damals durch ganz Deutschland eine außerordentliche Menge Meister in allen Fächern der Kunst, wie namentlich in der Skulptur und Malerei. Die Holzschnitzkunst war im 14., die Kupferstecherkunst im 15. Jahrhundert erfunden worden. Kunst und Handwerk waren damals aufs Innigste verbunden, die Künstler Handwerker und die Handwerker Künstler. Dazu wurden noch in den letzten Zeiten des Mittelalters Erfindungen gemacht, welche selbst die alten Griechen und Römer nicht gekannt hatten, und die eine ganz neue Zeit vorausahnen ließen. So trat aus dem Dunkel des Mittelalters der Kompass hervor, jener Wegweiser durch die pfadlosen Weiten des Ozeans, ferner das Schießpulver, welches vom 14. Jahrhundert an das ganze Kriegswesen umwandelte. Und endlich, nachdem bereits im Anfange des 14. Jahrhunderts das Leinenpapier erfunden worden war, erfindet Johann Gutenberg von Mainz um 1450 die Buchdruckerkunst, als welche eine größere Erfindung nie vorher gemacht worden war, und die, wie keine andere, auf die weitere Entwicklung und Ausbildung der Menschheit gewirkt hat. Da entzündet sich aber auch, auf den Grund dieses Gewerks, aus einer mehr als tausendjährigen Nacht heraus, wieder das Licht der Wissenschaft, um bald mehr als je die Menschheit zu erleuchten.


Darauf ist eine andere Zeit, ein neues Weltalter über Deutschland, über Europa aufgegangen, wo, wie alle andern Zustände des Lebens, so auch der Handwerksstand eine vielfache Veränderung erlitt. Was diese Veränderung vom 16. Jahrhundert an besonders hervorbrachte, war die Entdeckung Amerikas, die noch in dem letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts gemacht worden war, und die in schneller Folge die Kenntnis der ganzen Erde nach sich geführt hatte. Bisher war der Teil der Erde, den man kannte, nur klein gewesen, jetzt lag sie in ihrer ganzen Größe da vor dem erstaunten Auge der Menschheit, mit allen ihren Weltteilen, ihren zahllosen Völkern, ihren unermesslichen Meeren. Da machten sich die Portugiesen, die Spanier, die Holländer und Engländer nach der Reihe auf, diese große Erde zu durchforschen, alle Meere zu durchschiffen, an allen Küsten zu landen, und überall nach Schätzen zu suchen, deren sie auch eine unermessliche Menge nicht bloß in Gold, Silber und Edelsteinen, sondern auch in allen Gattungen irdischer Erzeugnisse, in Pflanzen, Tieren u. s. w. fanden und nach Europa zurückbrachten. Dies brachte nun nach und nach im 17. und 18. Jahrhundert eine ungeheure Wirkung in unserm Weltteil, namentlich aber in Deutschland hervor. Bisher, bis zum 16. Jahrhundert, war dieses der Mittelpunkt des Welthandels gewesen und die Erzeugnisse seines Gewerbefleißes die besten, die nach allen Seiten hin ins Ausland gebracht wurden. Nun entstanden auch in den andern Ländern, namentlich in Frankreich und England Fabriken und Werkstätten, deren Erzeugnisse immer mehr und mehr mit den deutschen konkurrierten. So kam eine schwere Zeit über den deutschen Handwerksstand, die innere Übel noch schwerer machten. Ein unseliger Religionskrieg machte 30 Jahre lang furchtbare Verheerungen und verdarb Land, Stadt und Volk. Ein noch größeres Übel folgte. Bisher war durch ganz Deutschland freier Handel und Wandel gewesen, der nur mit gewöhnlichen Zöllen belastet war, jetzt aber nach dem 30jährigen Kriege, als die Majestät deutscher kaiserlicher Macht fast völlig zusammengebrochen war, vermaß sich jeder noch so kleine Fürst, sein Land mit fast unübersteiglichen Zollschranken zu umschließen, die jeden großartigen Handel unmöglich machten. Jeder sah nur auf das Seine, nicht auch auf das, was des Anderen im eigenen Vaterlande war. So war das große, schöne und sonst so mächtige Deutschland einem großen Körper vergleichbar, dessen Glieder und Adern unterbunden waren, und der so ohne freie Bewegung war nach Innen und nach Außen. Da mussten auch die Gewerbe erlahmen, die ohne Handel nicht bestehen können. Aber auch das innere Leben erlahmte, zunächst jene Regsamkeit, die immer Neues erfindet, und am Alten immer neue Verbesserungen macht: nun ließ man Alles beim Alten. Dann kam statt jenes frischen und kräftigen Geistes, der die Städte im Mittelalter reich und mächtig gemacht hatte, über die Zünfte ein engherziger, kleinlicher Geist, der unter dem Namen des Spießbürgertums zum Sprichwort geworden ist. Nur an seinen Vorteil denkend, suchte jeder Meister die Ausübung seines Handwerks von Seiten Anderer zu beschränken und die Vermehrung der Handwerksgenossen zu verhindern. So verlor sich jeder Wetteifer, das Handwerk blieb ohne weitere Entwicklung, bald wurden die Gewerke dieser und jener Stadt von andern überflügelt und der uralte Wohlstand verzehrte sich. Dies war der Charakter der Zeit, namentlich im 18. Jahrhundert, und man sah Städte, wie Nürnberg, die Hälfte ihrer uralten Werkstätten verlieren.

Indessen war die Welt so weit und groß geworden, dass die Fortschritte der Kultur und insbesondere der Industrie und Gewerbe nicht mehr an einzelne Länder gebunden waren, und auf dem ungeheuren Weltmarkt, der sich jetzt eröffnet hatte, wurden bald Entdeckungen und Erfindungen gemacht, die nicht nur die Handwerke schnell weiter brachten, sondern ihnen auch eine ganz neue Unterlage bereiteten. So erhielt das allererste Handwerk, das die Aufgabe hat, den Menschen ihre nötige Kleidung zu verschaffen, das Handwerk der Weber, nicht nur eine durchgreifende Verbesserung, sondern auch einen bisher unerhörten Umfang. Schon um bessere Wolle zu erhalten, wurden in Frankreich und Deutschland aus Spanien die Merinoschafe eingeführt. Im Jahr 1789 besaß Frankreich 15.000 Stück solcher Schafe und überhaupt über 10 Millionen Schafe. Nach Deutschland kamen jene 1763 und zwar nach Sachsen, von wo aus sie sich bald durch alle Teile desselben verbreiteten. Zu diesem alten Kleidungsstoffe kamen nun aber ganz neue, nämlich Seide und Baumwolle. Seidenzucht und Seidenweberei waren im Mittelalter vorzüglich bloß in Griechenland und Italien getrieben worden, nun wurden sie aber auch nach Frankreich verpflanzt, und 1685 gab es bereits in Lyon 12.000 Seidenwebstühle und vor der Revolution wurden daselbst jährlich bei 14.000—15.000 Pfd. Seide gewonnen, die einen Wert von 40.000 Millionen Livres hatten. Nach Deutschland kam die Seidenzucht und Seidenweberei nach der Aufhebung des Ediets von Nantes durch vertriebene Protestanten. Im Jahre 1708 wurde in Berlin die erste Maulbeerplantage angepflanzt, und im Jahre 1777 verfertigte man in dieser Stadt auf 865 Seidenstühlen jährlich 21.559 Spindeln im Wert von 1.770.709 Thaler.— Ebenso war zwar auch Baumwolle im Mittelalter nach Europa gekommen, und zwar aus dem Orient, aber im Ganzen nur wenig. Als aber die Baumwollkultur in Amerika sich entwickelte, stieg die Produktion und Verarbeitung dieses Stoffs ins Außerordentliche. Schon im Jahr 1767 beschäftigten sich in England mit Spinnen und Weben derselben bei 30.000 Menschen, ein Jahrzehnt nachher 100.000. Im Jahre 1705 wurden in England eingeführt 1.170.887 Pfd., im Jahre 1790 21.447.605 Pfd. In Deutschland war Sachsen das erste Land und in demselben Plauen die erste Stadt, wo Kattunfabriken im Großen angelegt wurden. In demselben Grade nun, als die Masse der Rohstoffe zunahm, entwickelte sich auch die Kunst ihrer Verarbeitung. Das Handwerk des Spinnens und Webens erlitt eine völlige Umänderung. Nachdem die Spindel durch das ganze Mittelalter geherrscht hatte, wurde 1530 das Spinnrad von Jürgens zu Wolfenbüttel erfunden. Im Jahre 1770 aber erfand der Engländer Arkwright eine Spinnmaschine, welche über 100 Fäden auf einmal spinnt, und eigentlich aus 4 Maschinen besteht, indem sie die bereits gekrempelte Wolle streckt, dreht, verspinnt und endlich zum feinsten Garne ausspinnt. Beim Webestuhl selber erfand Johann Kay 1737 den Schnellschützen, der nur eine Hand zum Weben notwendig macht, während sonst zwei notwendig gewesen waren. Dann wurden erfunden im 16. Jahrhundert eine Tuchpresse, 1758 in England eine Schermühle und 1774 von einem Schweden, Namens Scheele, eine Schnellbleiche. Ein neues Handwerk entstand im 16. Jahrhundert in den Strumpfstrickern und Strumpfwirkern. Barbara Uttmann aber erfand 1561 die feine Kunst, die Spitzen zu klöppeln, die bisher nur mühsam genäht oder gestickt worden waren. Dieses Gewerbe griff so um sich, dass bald darauf im sächsischen Erzgebirge sich gegen 27.000 Menschen damit beschäftigten. In Folge dieser Kunst lernten nun die Niederländer ihre feinen Brabanter und Brüsseler Spitzen verfertigen, von denen eine Elle der feinsten Art nicht selten an 500 Gulden kostete. Eine merkwürdige Erfindung für die Bandmacher, war die der Bandmühle im 17. Jahrhundert, auf der viele Bänder auf einmal verfertigt werden können. — Auch das schöne Handwerk der Färber erhielt eine reichere und kunstvollere Ausbildung. Neue Färbestoffe wurden teils entdeckt, teils eingeführt. So wurden eingeführt seit 1570 Indigo und Cochenille und seit 1657 das Brasilienholz, seit 1775 die Querzitronrinde, aus deren oberstem Häutchen mit Beimischung von Alaun, Salzsäure, Zinn und Weinstein entweder ein helles Gelb, oder ein schönes feuriges Orange, oder ein hohes Goldgelb gewonnen werden kann; erfunden wurden 1630 das Scharlach, 1707 das Berlinerblau, 1710 das Sächsisch-blau und 1775 das Orleans. Überhaupt war das Färben bis jetzt nur handwerksmäßig getrieben worden, nun aber nahmen sich desselben auch wissenschaftliche Männer an, die, wie zuerst Bergmann und Bertholt, die Operation des Färbens auf die chemische Verwandtschaft zurückgeführt haben; auch die Kattundruckerei nahm sich des neuen Verfahrens an, wozu sie zugleich bessere Arten von Beizen erfand. — Das Schneiderhandwerk erhielt eine wesentliche Erleichterung, als sein Werkzeug, die Nadeln, sowohl in Deutschland als England immer feiner, besser und wohlfeiler verfertigt wurden. Beim Handwerk der Stecknadler wurde in den Jahren 1680 —1690 die Wippe erfunden, womit man in einem Augenblicke das schraubenförmige Drahtgewinde fest und kugelrund an das stumpfe Ende des Nadelschafts anquetschen kann, auf welche Art ein einziger Arbeiter täglich gegen 10.000 Nadeln anköpft. In der Knopfmacherei lernte man in Sachsen recht hübsche und wohlfeile Knöpfe aus Kobaltsteinen machen. Beim Handwerke der Lederer und Gerber wurden Loh- und Gerbemühlen angelegt und außerdem viele neue Substanzen zum Rotgerben aufgefunden; auch lernte man das Leder immer geschmeidiger und elastischer machen und selbst die feinen asiatischen Lederarten, wie Corduan und Saffian nachahmen. Beim Handwerk der Goldschmiede und Juweliere aber wurden auch unechte Goldbijouterien, ja auch künstliche Edelsteine oder Glasflüsse und Perlen verfertigt, und zwar so schön, dass man sie kaum von den ächten unterscheiden konnte. Ein neues Gewerbe entstand in der Blumenmacherei, und Blumen wurden in Italien und Frankreich so schön verfertigt, dass sie von den natürlichen nur durch Berührung unterschieden werden konnten.

Gleich vielfache und ausgezeichnete Fortschritte waren auch in denjenigen Handwerken vorgekommen, welche es mit der Erbauung der Wohnungen und mit den Einrichtungen derselben zu tun haben. Überhaupt baute man die Häuser zweckmäßiger und meistenteils von Stein, und namentlich wurden Städte, worin die Fürsten wohnten, immer freundlicher und schöner und sonst auch mit allen Annehmlichkeiten versehen, wodurch die Gewerbe der Brunnenmacher, der Pflasterer, der Gärtner und der Laternenmacher besonders gehoben wurden. Man fing an schöne Brunnen zur Zierde der Städte zu bauen, wie in Nürnberg und Augsburg; in den Vorstädten erhoben sich prachtvolle Gärten, die Straßen wurden gepflastert und beleuchtet, wie jenes zuerst in Dresden 1559, dieses 1705 geschah. Beim Glaserhandwerk wurde von Kaspar Lehmann zu Nürnberg die Kunst erfunden, mit Diamantensplittern das Glas zu schneiden, überhaupt lernte man, seitdem im 15. Jahrhundert auch in Deutschland Glasfabriken errichtet worden waren, die Glastafeln rechteckig zu machen, während sie vorher aus kleinen runden Scheiben mit starken Rändern und großen Erhöhungen in der Mitte bestanden. — Die Lichterzieher lernten seit dem 17. Jahrhundert die Lichter in Formen von Blech oder Glas gießen, und anstatt der alten Lampen erfand 1783 der Schweizer Argand in London, die hohlen, zylindrischen oder rohrförmigen Dochte, die sehr hell und doch ohne Rauch und Schnuppen brennen. Bei den Schlossern wurde im 18. Jahrhundert von Freitag in Gera das schöne französische Schloss erfunden. Vorzüglich entwickelte sich das Schreinerhandwerk und zwar zur vollkommenen Kunstschreinerei. Man erfand in Italien die Kunst, mit siedend heißem Öl und mit verschiedenen Farbstoffen den Holzarten allerlei Farben zu geben. Dann erfand man die Furniermühle zum Dünn- und Feinschneiden der gebeizten und ausländischen Hölzer. In Augsburg und Nürnberg verfertigten die Schreiner eingelegte Arbeiten, deren Prospekte bewunderungswürdig waren; im 17. Jahrhundert machten sie die vortrefflichen orientalischen Lacke nach und dann kamen die Kanapees, die Sophas und die Ottomannen auf. In den Schreinerwerkstätten gediehen nun auch die früher so unvollkommenen musikalischen Instrumente zur hohen Vollendung, wie denn 1717 von Schröder in Dresden das Fortepiano erfunden wurde. Dabei war von besonderer Bedeutung, dass sich die Drahtzieherei äußerst vervollkommnet hatte, und die Franzosen lernten Gold- und Silberdrähte so fein ziehen, dass man Seide mit ihnen umziehen konnte; zugleich aber lernte man auch aus Eisen, Stahl und Messing Draht ziehen. Ferner wurden beim Schreinergewerk Spahn- und Hobelmühlen, Figurierbänke und Drehmaschinen erfunden, und in der Mitte des 18. Jahrhunderts das Goldschlagerhäutchen, wodurch die Kunst zu vergolden äußerst verfeinert wurde. Zugleich mit dem Schreinergewerk hoben sich nun auch die Spiegel- und Uhrmacher, die für die Ausschmückung der Zimmer noch gar nicht beschäftigt gewesen waren. Man hatte bis nach den Zeiten des Mittelalters bloß in Venedig Spiegel gemacht, nun aber erfand der Franzose Abraham Therart 1688 die Kunst, die Spiegel zu gießen, und nun kam die Spiegelfabrikation allgemein in Aufnahme, besonders in Nürnberg. Die Uhren wurden immer mehr vervollkommnet, und zugleich zum Schmuck der Zimmer sehr kunstreich und kostbar ausgeschmückt; die Schwarzwälder Uhren kamen 1707 auf. Die Ausschmückung der Zimmer aber wurde durch die Erfindung der Gobelinischen Tapeten vollendet, welche man in Frankreich seit 1667 verfertigte und in denen Figuren nach dem Leben von natürlicher Farbe und Größe eingewirkt waren; ihnen folgten die Wachstuchtapeten. Die freundlichsten Fortschritte machten die Handwerke der Töpfer und der Blech- und Kupferschmiede für die Küchen. Schon im [/b]16. Jahrhundert[/b] hatte man am Niederrhein und in Franken vortreffliche Bier- und Weinkrüge mit plastischen Zierden und zum Teil mit farbiger Glasur und Vergoldung zu verfertigen gewusst. Nun aber brachten die Portugiesen aus China und Japan das Porzellan, das Böttiger im Anfange des 18. Jahrhunderts in Sachsen nachzumachen lernte, der die berühmte Meißner Porzellanfabrik errichtete, auf welche die Fabriken zu Wien, Berlin und Nymphenburg folgten; dann wurde das englische Steingut erfunden. Endlich lernten die Kupferschmiede im 17. Jahrhundert ihre Gefäße zu bräunen und dieselben, wie auch die eisernen und blechernen Geschirre, zu verzinnen. — Fast ein ganz neues Gewerk entstand in den Wagenmachern, seitdem die Kutschen aufgekommen waren. Noch im 15. Jahrhundert waren es nur Fürsten und diese nur wenige, welche in Kutschen fuhren, erst im 16. Jahrhundert wurden sie allgemeiner und zwar zuerst in Deutschland. 1546 kamen sie nach Spanien, 1580 nach England und unter Ludwig XIV. nach Frankreich, wo sie besonders in Aufschwung kamen und ihre allgemeine Verbreitung durch ganz Europa begründet wurde, wie sie denn auch immer bequemer, mannigfacher und schöner verfertigt wurden. Ein völlig neues Gewerbe entstand aber in Folge der Weltentdeckungen in den Spezereihändlern, welche die ausländischen Produkte aus allen Weltteilen, wie Zucker, Tabak, Kaffee, Tee, Schokolade und eine Menge der köstlichsten Gewürze und Spezereien in Vertrieb setzten, und dadurch den Genuss des Lebens außerordentlich erhöhten. Aber einen riesenhaften Aufschwung nahmen diejenigen Gewerbe, die zum Dienste des höheren Lebens berufen sind, die Buchdruckerei, Papiermacherei und Buchbinderei. Die Menge der Bücher, welche seit dem 16. Jahrhundert erschienen, ist unzählbar und es begannen sich ungeheure Bibliotheken zu bilden, während zu gleicher Zeit Bücher in den untersten Ständen sich verbreiteten und hier ganz allgemein wurden. Da nahmen die Wissenschaften überall einen ungeheuren Aufschwung, die aber diesmal nicht bloß, wie einst bei den Griechen und Römern, in den höheren Ständen sich verhielten. Höhere Bildung verbreitete sich unter allen Ständen des Volks, und so geht in der Mitte des 18. Jahrhunderts jene Zeitperiode auf, die die Zeit der Aufklärung genannt wird.

Damit bildete sich aber zugleich eines jener Ereignisse aus, die, wie die Völkerwanderung und die Reformation, zwar jedesmal der Welt eine neue Gestaltung geben, die aber zugleich mit fürchterlichen Erschütterungen und Verheerungen verbunden sind. Dieses Ereignis war an der Abneige des 18. Jahrhunderts die französische Revolution, die bald zu einer allgemeinen europäischen wurde. Sie erwuchs unmittelbar aus der Natur der Menschen, die wohl langes Unrecht ertragen kann, dann aber gewaltsam und wild und Alles vor sich niederschmetternd losbricht, wenn sie hoffnungslos jene Rechte sich verweigert sieht, an denen auch der geringste der Menschen Anteil zu nehmen hat: diese Rechte hatten bisher, trotz alles Drängens und Treibens, trotz dem, dass Wissenschaft und Bildung und der erleuchtete Geist des Jahrhunderts in tausend und tausend Stimmen sie begründet und gefordert, die höheren Stände den niederen hartnäckig verweigert. So brach sie denn los die französische Revolution, und mit ihr ein fünfundzwanzigjähriger Krieg, der ganz Europa durchzog, die ganze Welt durchtönte, und der Millionen Menschen das Leben, Tausenden von Familien Haus und Güter entriss. Blutig-rot zieht unser Jahrhundert auf, aber als es wieder Frieden wurde, war die Welt anders und besser geworden: wieder war eine neue Weltperiode aufgegangen. Tausend Institute, die gar nicht mehr der Zeit angemessen waren und die noch aus dem Mittelalter sich erhalten hatten, waren entweder völlig vernichtet oder umgestaltet worden. Auch der Handwerksstand hatte die Erschütterung bis in die niedrigsten Werkstätten gefühlt, aber ebenfalls mit den wohltätigsten Folgen. Die alten Fesseln des Zunftzwanges waren an manchen Orten wenn nicht völlig zersprengt, doch vielfach locker geworden; das alte Spießbürgertum im Lichte der Aufklärung einem kräftigeren und verständigeren Geiste gewichen, und endlich das Höchste gewonnen, was selbst im Mittelalter in hundertjährigen blutigen Kämpfen nicht gelungen war — die Gleichberechtigung des gesamten Handwerkstandes an allen Ehren und Rechten mit allen andern Mitgliedern des Staates.

So war für den Gewerbestand eine schönere Zeit als jemals eingetreten, und er entfaltete auch jetzt eine Tätigkeit, eine Erfindsamkeit, einen Unternehmungsgeist, eine Kraft und Macht, die eben nur da aufblühen können, wo man in seinen natürlichen angeborenen Rechten sich befindet, in denen der Freiheit, des gleichen Rechtes und der gleichen Ehre vor dem Gesetze. Dazu war auch ein Ereignis, das schon im vorigen Jahrhundert vielfach angebahnt worden war, in die vollste Erscheinung getreten — die Verbindung der Kunst und Wissenschaft mit dem Gewerbe, Mathematik, Mechanik, Physik, Chemie, Naturgeschichte, Mineralogie, Volks- und Länderkunde, Landwirtschaft und selbst die Kunst — sie alle vereinigen sich und bieten ihre Kräfte auf, um die Erzeugung und Bearbeitung menschlicher Bedürfnisse zur möglichsten Vollkommenheit zu bringen. Und endlich war es auch den Verwaltungen der Staaten zur klarsten Überzeugung geworden, dass Handel, Gewerbe und Industrie vor Allem ein Gegenstand ist, auf den sich ihre Tätigkeit zu beziehen habe, und sie werden eine gebieterische Macht im Rat der Fürsten. So an und für sich erstarkt, in solcher Verbindung, so unterstützt haben wir in unseren Tagen die Gewerbe von der Stufe der Entwicklung, auf der sie gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts angekommen waren, zur vollsten Blühte ausschlagen und schnell eine Größe des Umfangs und eine Höhe der Vollkommenheit ersteigen sehen, die zum Erstaunen, zur freudigsten Bewunderung hinreißt, und in der Weltgeschichte ohne Beispiel ist.

Zunächst hatten bisher fast alle Gewerbe Alles mit mühseliger und langsamer Händearbeit erzeugen müssen und alle Instrumente, Werkzeuge und sonstige mechanische Verrichtungen, die ihnen bei ihren Arbeiten zu Gebote standen, waren bis jetzt unvollkommen gewesen. Nun aber war es gelungen eine riesenhafte Kraft der Natur so zu beherrschen und zu bändigen, dass man sie von jeder beliebigen Größe, von der eines Pferdes bis zu der von 3.000 Pferden auf Einen Punkt vereinigen konnte und zwar wenn, wie und wo man will, zu jeder Zeit, regelmäßig, ununterbrochen, direkt und indirekt. Diese Kraft war die des Dampfes und das Werkzeug ihrer Beherrschung die Dampfmaschine, zu deren vollendeter Ausführung nicht weniger als mehr als ein Jahrhundert notwendig gewesen war. Auf die kolossale Macht des Dampfes waren schon denkende Männer im 16. und 17. Jahrhundert gekommen, wie der Spanier Blasco de Garay (1543), der Flammländer Salomon de Caus (1615) und der Engländer Marquis von Worcester (um 1650). Nun aber war die Aufgabe, eine solche mechanische Vorrichtung für sie zu erfinden, wodurch die praktisch wichtige Wirkungsart desselben allgemein und dauernd nutzbar gemacht werden konnte. Und eine solche Vorrichtung erfand auch wirklich ein Professor zu Marburg, Namens Papin, Franzose von Geburt, noch im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, und zwar dadurch, dass er das System der Verdichtung in der Wirkung des Dampfüberdruckes auf einen Kolben kombinierte. Doch es brauchte noch mehrere Menschenalter, um diese Vorrichtung vollständig zu machen und dies gelang einem Engländer, James Watt, im Jahre 1765 durch die Idee des getrennten Kondensators. Auch jetzt war noch Manches an ihr zu verbessern, und nur langsam gelangte sie zu ihrer absoluten Vollendung und endlich zu einer allgemeinen Anerkennung und Verwendung. Doch im Jahre 1807 durchschneidet das erste Dampfschiff die Wogen des Meeres und 1814 braust die erste Lokomotive auf Eisenschienen dahin. Zugleich hatte sich auch dieser so gebändigten Riesenkraft auch die technische Mechanik bemächtigt, indem sie dazu eine Menge Maschinen erfand, die durch jene Kraft getrieben wurden, aber selbsttätig Dinge hervorbrachten, die sonst nur durch Menschenhände hervorgebracht worden waren.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Handwerke und Gewerbe.