Abschnitt 2

Die Eintracht wurde zwar hergestellt, doch dauerte sie nicht lange, denn Danielis benahm sich weiterhin übermütig, und unsere deutschen Musiker waren durchaus nicht geneigt, Danielis als ihren Vorgesetzten besonders zu respektieren. Es kam denn auch schon Ende desselben Jahres wieder zu Auseinandersetzungen. Danielis, Schop, Sparmann und Pfleger waren in Johann Kindts Weinstube gewesen und hatten „in guter Vertraulichkeit sich beredet, ein Collegium Musicum zu halten, und, was Sie an accedentien krichten, einmüthigk gleich untereinander zu theilen.“ Danielis brachte auf Sparmann Stichelreden vor, als dieser klagte, S. F. Durchl. wären ihm nicht mehr so gnädig als gestern und ehegestern, sonst hoffe er wohl noch, wie ihm versprochen, Kammerdiener zu werden (s. auch Schwer Hofk. S. 91 [Rangordnung], S. 45 und 137). Das komme wohl davon, sagte Danielis, daß er einmal trunken gewesen und vor Herzog Hans Jürgen, anstatt zu singen, närrische Gebärden produziert habe. „Ein Hundsvott, der das sagt!“ rief Spar mann. Der Kapellmeister zückte wieder den Degen, und der Lärm war in vollem Gange. Diese Tatsachen erzählt Danielis selber und führt dabei an, „daß die Musicanten Ihn allezeit höhnisch und mit Stichelworten anführen, deswegen er auch ihre Companey meidete; Insonderheit aber müßte Er klagen, daß Sie auf die Orgel diese Verse geschrieben:

Wer einen Hasen im Busch hetzet,
Undt ein Messer aufm Pelz wetzet,
Und einen Narren zum Nota Bene setzet,
Der hatt übel gehetzet, gewetzet und gesetzet,


Welches Er nicht anders alß auf seine Persohn ziehen könte; Undt wen etwas Vorfiel, das musiciret werden sollte, sagten Sie nur, der Bassiste müßte das thun.“ Dies hatte aber Schop geschrieben, der zum Schlusse des Zeugenverhörs sagt: „Ja, das möchte er wohl geschrieben haben, die Vers habe er noch auf die alte Orgel gefunden, woselbst Er noch einen Vers daben geschrieben, weil Ihme da ein Buch undt etzliche Pfeiffen aus dem Stück Positieff gestohlen, nemblich:

Wer hier steiget über die Thüren ohne Uhrlaub,
Der wirdt ein Dieb undt wil einen Kirchenraub.

Undt auf dieser neuwen Orgel habe er solange gestanden, so lange die Orgel gebauwet gewesen; Er wüste es sonst nicht eigendlich; wolte es recht besehen und seine Handt nicht leuchnen; Es wehren alte lang bekandte Verß, welche Er, wo Er sie geschrieben, in Gedanken dahin geschrieben, undt weder den Kapellmeister noch sonsten jemandt damit gemeinet, sonsten wolte er Sie schon längst ausgeleschet haben. Das Uebrige, alß solte er Ihn einen Bassisten und nicht Capelmeister genant haben, negirt Er Vor seine Persohn gentzlich Undt wüste auch nicht darumb, das es andere solten gethan haben; Er habe Ihm allezeit, Ihro Dürchl. gnedigsten begehren nach, seinen Ehrentitel gegeben.“ –

Der geistliche Rat Dr. Schuckmann war sehr entrüstet über solche Entheiligung des „Gottesdienst-Hauses, die sowohl wider die erste Tafel des Göttlichen Gesetzes, als auch wider das 8te Gebot verstoße“, und Schop bekam wegen der Verse einen derben Verweis, die anderen eine Verwarnung. Schop war überhaupt auf die Franzosen schlecht zu sprechen. Als der Herzog einst der gesamten Hofkapelle 40 Taler schenkte und Schop diese verteilen sollte, gab er den Franzosen nichts ab und vertrank das Geld mit seinen deutschen Brüdern in Kindts Weinstube.

Der Streit zwischen Danielis und seinen Kumpanen war wohl beigelegt, doch nicht lange darauf forderte Danielis seine Entlassung, weil ihn seine Feinde nicht friedlich leben ließen, wie er sagte. Obwohl er schon seinen Abschied und Reisegeld er halten hatte, lenkte er ein und sagte, wenn der Herzog nur einige neue Musiker annehmen wolle, werde er gerne weiter dienen. Im Oktober 1664 ging er aber doch. Er sollte Pfleger, der sein Nachfolger wurde, gewisse Musikstücke abliefern; er weigerte sich aber und meinte, solches sei ungebräuchlich und die Musik sei sein Eigentum. Auch bat er um Auszahlung der noch rückständigen Besoldung, damit er sich bald anderswohin begeben könne, denn ein Mann seiner Profession könne ohne Herrn nicht leben.

Pfleger überreichte nun dem Herzog seine Vorschläge wegen Einrichtung der Kapelle, sie lauten:

„Auf Ew. Durchl. gnedigsten Befehl zu folge habe ich zu underthenigster Schuldigkeit hiebei einen aufsatz, welcher gestalt eine compendiose, doch complete Capelle aufs geringst und füglichst zu underhalten sey, Unterthenigst überreichen wollen: mit welcher E. F. D. ich durch die Gnade Gottes verhoffe ein sattsames Contento und gnedigstes wohlgefallen zu geben, und kondc meiner unmaßgeblichen meinung nach auf ein Jahr versuchet, so dan nach gnedigstem belieben geEndert werden. Nemlich:

Tabelle 1

Freie Beköstigung, Wohnung und dergleichen sollten sie aber bei diesem schweren Solde nicht weiter beanspruchen. Pfleger setzt hinzu: Sollte Serenissimus hierauf eingehen, „so wollte ich möglichsten Fleiß anwenden, obgedachte annoch drei ermangelnde Persohnen, als 1 Bassist und 2 Violisten, an die Hand zu schaffen. Solches auf ein Jahr zu versuchen und dan nach gnedigsten belieben zu endern.“

Der Herzog wünschte, den Sängerchor der Gymnasiasten, zum Singen in der Kirche verpflichtet, auch für seine Kapelle zu verwerten. Pfleger meint dazu:

„Die Schüler betreffend, welche Ihro D. in Choro Musico mit zu gebrauchen gnedigst gesinnt, ist zwar zu einem völligen Choro nicht undienlich, alleine dieselbe bei Concerten mit singen zu lassen, würde I. D. ein schlechtes contento geben. Und ist Imo wegen ihrer schon bereits verderbten gewohnheit fast unmöglich, den ietzigen modum, zu singen, ihnen beizubringen. Und IIdo gesetzt, es würde einem oder dem andern etwas mit grosser mühe beigebracht, kan es doch mit ihnen kein bestendigkeit haben, weilen etliche wegen Fortsetzung ihrer studien keine rechtschaffene profession von der Music machen würden, etliche aber, so des vagiren gewohnt, keinen stand halten, doch aber, Ihro D. auf gnedigstes begehren zu gehorsamen, können etliche von den besten ausgelassen werden, welche ich gerne nach meinem Vermögen Instruiren Und ein tegliches exercitium mit ihnen vornehmen will, damit sie wenigstens pro Ripienis oder in pleno Choro mit gebraucht werden können; dazu würd aber Imo erfordert ein bequemer orth, und IIdo ein Positivum oder Regale, ohne welches ich mit ihnen nichts anzufangen weiß. Solchergestalt soll mir möglichsten Fleißes angelegen sein, zusorderst die Ehre Gottes in den Kirchen zu befördern, dan auch zu fürstl. ergötzlichkeit tam vocibus quam Instrumentis nach gnedigsten Begehren ieder Zeit aufgewartet werden: das sodan Unnöttig die Statt Pfeiffer (Stadtmusikanten) zu beruffen.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte der Güstrower Hofkapelle