Justiz-Pflege

Großes Verbrechen, als Verrat, Raub, Friedensstörung, konnten von keinem Tribunal, auch nicht vom König begnadigt, noch weniger durch eine Busse von Eigentum gutgemacht werden. Sonst war es in der Gewalt des Königs, den Verbrechern ihre Wohnungen verbrennen zu lassen; auch konnte er ihnen eine Buße auferlegen, die, weil man noch das Geld nicht kannte, in Vieh oder Landes-Produkten bestand. Selbst ein Mord wurde auf diese Art gebüßt.

In zwei Fallen aber fand gar keine Strafe statt. Wenn ein Mann seine Frau im Ehebruch betraf, so konnte er Weib und Nebenbuhler auf der Stelle töten. Bei Verleumdungen und Kränkungen der Ehre, wurde eine Herausforderung durch die Gesetze gebilligt. Erschien der Beleidiger gar nicht, so fielen die Schmähungen auf ihn selbst zurück; er wurde von jedermann verachtet, durfte keinen Eid vor Gericht ablegen, und sein Zeugnis war überall ungültig. Geschah der Zweikampf, und der Beleidigte fiel: so musste sein Gegner eine Buße erlegen; fiel aber der Beleidiger, so hatte die Sache keine weiteren Folgen; der Leichnam wurde, ohne alle Zeremonien an einem schimpflichen Ort eingescharrt. So tief fühlte dieses sonst so rohe Volk Kränkungen der Ehre, und so entstand ein Gebrauch, den die Goten nach Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien brachten, der in ganz Europa unter den höhern Volksklassen Sitte wurde, und der sich so viel Jahrhunderte hindurch bis in unsern aufgeklärten Tagen erhalten hat.


Diese hohen Begriffe von Ehre und Tapferkeit waren auch Ursache, dass zu den großen Verbrechen auch die Feigheit im Kriege gerechnet wurde, die die alten Schweden nicht bloß durch Schande und Beschimpfungen, wie bei anderen Völkern, sondern mit dem Tode bestraften. Der Feigherzige wurde ersäuft. Ferner hielten sie es für eine heilige Pflicht, den Tod, oder auch nur das erlittene Unrecht ihrer Eltern, Verwandten und Freunde zu rächen. Die Söhne erbten mit den Waffen ihrer Vater auch ihre Streitigkeiten, und bezeichneten dieses durch ein eigenes Wort: Fehde-Erbe. Dieses wurde nachher im Großen ausgedehnt, und so entstanden die Rachekriege.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte Gustavs Wasa Königs von Schweden. Band 1