Befestigungs-Kunst

Im Kriege zeigt nichts so unwidersprechlich die hohe Kultur eines Volks an, als die Kunst Festungen anzulegen, und sie sinnreich zu verteidigen. In den altern Zeiten hatten die Schweden hievon nur sehr geringe Begriffe. Auf den Gipfeln der Berge bauten sie Schlösser, die sie mit unförmlichen Mauern, eigentlich nur mit regellos aufgetürmten Feldsteinen umgaben. Man nannte diese steinernen Umgebungen Drachen.

Die Könige, Fürsten und Großen des Landes, um in Kriegszeiten, oder während ihrer sonstigen Abwesenheit ihre Weiber und Töchter gegen gewaltsame Nachstellungen zu sichern, die damals sehr gemein waren, bewahrten sie und oft auch ihre Schätze in solchen Schlössern auf; wenn daher so ein festes Schloss eingenommen wurde, so hieß es sprichwörtlich: man habe den Drachen getötet. Dies ist wahrscheinlich der Ursprung jener Märchen, von Drachen die bezauberte Schlösser bewachten, und die man besiegen musste, um zu den aufbewahrten Prinzessinnen und Kostbarkeiten zu gelangen; Märchen, die überall verbreitet, von rohen unwissenden Völkern geglaubt, und von den Dichtern aller europäischen Länder, viele Jahrhunderte durch bis auf unsere Zeiten so sehr benutzt wurden.


Durch die vielen Seefahrten und den so regelmäßig betriebenen Seeraub wurden die Schweden nach und nach bekannter mit aufgeklärten Völkern, mit ihren Künsten und ihrer Verfahrungsart im Kriege; daher sie sich endlich bei ihren Belagerungen auf dem festen Lande aller Kriegswerkzeuge der alten Römer bedienten. Als der König Sigurd im Jahr 885 Paris belagerte, hatte seine Armee Katapulten und Ballisten zu Schleuderung großer Steine; rollende Bollwerke, oder mit Soldaten angefüllte Türme, die gegen die Mauern angeschoben wurden, um Mann gegen Mann zu fechten; und Schirmdächer, nach Art der Römischen Schildkröten (Crates, Plutei, Vineae), unter welchen die Soldaten sicher sich den feindlichen Mauern nähern konnten. Die Stürmenden wurden von den Belagerten nicht allein durch Wurfmaschinen und Steine, sondern auch mit kochendem Wasser, so wie mit siedendem heißen Pech und Teer empfangen. Sie hatten auch in dieser Epoche, nach Art mehrerer alten Völker, Sensen-Wagen, die von Pferden, von Sklaven, oder auch von zum Tode verurteilten Verbrechern dem Feinde entgegengeführt wurden; ein Kriegsgerät, das im Jahr 983 die große Schlacht bei Upsala entschied.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geschichte Gustavs Wasa Königs von Schweden. Band 1