Nebenresidenz Ludwigslust

Ludwigslust, vormals ein vom Herzog Christian Ludwig erbautes Jagdschloss, ist seit 1736 die gewöhnliche landesherrliche Residenz. Der Herzog Friedrich der Gute gewann nämlich die Einsamkeit so lieb, dass er hier seinen Wohnsitz aufzuschlagen beschloss. Mit großem Kostenaufwand ließ er das Schloss, die Kirche, die Häuser am Schloss- und Kirchenplatz aufführen, zur Anlegung der Kaskade einen Kanal aus der Stoer ableiten, und ein wildes unwegsames Gehölz zu dem jetzigen Parke umschaffen. War nun zwar diese Anwendung des durch weise Sparsamkeit gesammelten Geldes höchst lobenswert, da sie Tausenden der Untertanen, nach dem verderblichen siebenjährigen Kriege, Beschäftigung verschaffte, so bleibt es doch immer zu bedauern, dass so große Summen und so viel Kunst an eine sehr undankbare Gegend verwendet wurden. Denn Ludwigslust hat alle seine Schönheiten einzig und allein der Kunst zu danken; die natürliche Beschaffenheit der Umgegend ist in der Tat höchst einförmig. Auf der einen Seite dürrer, sandiger Boden, dessen weite Ebene und Leere nur das Bild einer Einöde darstellt; auf der andern ein wild verwachsenes Gehölz, größtenteils auf Wiesengrund, also auch meistens von Elsen und anderem Bruchholz. Unter der Regierung des Großherzogs Friederich Franz ist nun der Ort noch vielfältig verschönert und bedeutend vergrößert, seit 1792 zum Marktflecken erklärt, und zählt jetzt in mehr als 600 Häusern 5.113 Einwohner, mit Einschluss der 94 Juden und des hier in Garnison liegenden Garde-Bataillons (1834: 4.987 Einwohner).

Das Schloss ist von moderner, prächtiger Architektur, ganz von gehauenen grauen Quadern aufgeführt, hat vorne in gerader Fronte 250 Fuß Länge, drei Stockwerke und eine Attika, im Mittelgebäude aber vier Stockwerke, und dehnt sich hinterwärts in drei beträchtliche Flügel aus, die den inneren Raum sehr vergrößern. Das Erdgeschoss ist rustisch. Das Mittelgebäude, von welchem die Flügel nach beiden Seiten in gerader Linie ablaufen, hat einen Portikus von vier dorischen kanelierten Säulen in Fronte, welche bis zum dritten Geschosse reichen und dort einen Balkon tragen. Vom Balkon ab erheben sich vier corinthische Wandpilaster, die das Hauptgesimse tragen, und über demselben noch einen hohen Aufsatz, an welchem sich in Inschrift befindet: Friedericus Dei gratia Dux Megapolitanus aedificum hoc aedificare incepit Anno Domini 1770, consummavit Anno 1776. Über dieser Inschrift ist noch das mecklenburgische Wappen mit der herzoglichen Krone angebracht. Die Seitenflügel neben dem Hauptgebäude, so wie die Flügel nach dem Garten hin haben jonische Pilaster und ein niedriges Dach, welches aber durch einen ziemlich hohen Kranz versteckt wird; das Mittelgebäude ist oben ganz platt und mit Kupfer belegt. Ringsum auf dem Kranze stehen in gehörigen Abständen 48 Vasen und eben so viele Statuen, verschiedene Künste und Wissenschaften vorstellend, aus Stein gehauen. — Es lässt sich wohl erwarten, dass das Innere des Schlosses dem schönen Äußern entspreche. Und wirklich ist auch sowohl die Einrichtung, als die Verzierung der Zimmer, eines Fürsten würdig. Ausgezeichnet sind besonders: der goldene Saal, der großherzogliche Audienzsaal, in welchem der Thronsessel mit dem Dais von rotem Samt und Gold befindlich, und die Zimmer der Großherzogin. Der goldene Saal nimmt den ganzen Mittelflügel nach der Gartenseite ein, und führt den Namen von der reichen Vergoldung, die sich darin befindet. Er geht durch zwei Geschosse, ist 68 Fuß lang, 48 Fuß breit, und hat ringsum eine Colonnade corinthischer Säulen, die eine Galerie trägt; die Säulen, so wie überhaupt die ganze Dekoration ist weiß mit Gold. In einem andern sehr großen Saale und in einigen Nebenzimmern, ist die Gemäldesammlung, die Kunst- Naturalien- und Altertümersammlungen aufgestellt, deren Sehenswürdigkeiten bereits (l. Teil §. 8 der Volkskunde) angedeutet worden; auch fehlt es nicht in den übrigen Zimmern des Schlosses an schönen Gemälden und Kupferstichen, an Kostbarkeiten und ausgezeichneten Kunstsachen.


Der sehr umfängliche Schlossplatz wird vorne durch die Kaskade und den gleich hinter derselben befindlichen Kanal begrenzt, an seiner rechten Seite stehen einige Treibhäuser, das Waschhaus u. dgl., links beginnt die Schlossstraße, zu welcher man über eine steinerne Brücke gelangt; daneben steht das Wachgebäude mit zwei Kanonen. Vor dem Schlosse, oder vielmehr gegen die beiden Ecken desselben, stehen zwei kleine einstöckige Bedientenwohnungen, die dem Platze eben nicht zur Zierde gereichen.

Die Kaskade ist ein Meisterwerk der Wasserbaukunst. Mit wildem Schäumen und einem lauten Geräusche stürzt sich die Wassermasse Tag und Nacht mit immer gleicher Kraft in einer Länge von 300 Fuß und ungefähr 30 Fuß tief, teils in einfachen, teils in Doppelfällen in ein Becken von gehauenen Steinen. Der Rand der Kaskade ist mit einigen in Stein gearbeiteten Gruppen geziert, deren mittlere das mecklenburgische Wappen enthält, an welchem sich die Flussgötter der Stoer und Rögnitz lehnen; die Seitengruppen stellen Kinder oder Genien vor, die mit Wasservögeln spielen. Hinter der Kaskade ist ein großes rundes, von dem Kanäle gebildetes Bassin, aus welchem erstere ihren Zufluss bekommt.

Vom Kanal ab erstreckt sich in fast gleicher Breite mit dem Schloss-Platz und in einer sehr beträchtlichen Länge ein zu beiden Seiten und an seinem abgerundeten Ende mit Häusern besetzter Platz, auf welchem, am Ende desselben, die Kirche steht, und der von einer, aus der Louisen-Straße zum nahen Hamburger-Tor führenden, schönen Lindenallee quer durchschnitten wird. Zunächst am Kanal ist links das sogenannte Prinzen-Palais, jetzt von der verwitweten Erbgroßherzogin bewohnt, nebst mehreren ansehnlichen massiven Häusern, den ersten Hof- und Staatsbedienten gehörig; dann folgen gleichförmige, einstöckige Gebäude von Fachwerk. Längs den Häusern laufen gepflasterte Straßen, die Mitte des Platzes aber nimmt ein mit acht Lindenreihen besetzter Rasenteppich ein, der von einem breitem Fahrwege durchschnitten wird. Die Aussicht vom Schloss leitet, gedachten Fahrweg entlang, gerade auf die Hauptfassade der Kirche, welche von da, in der Entfernung von etwa 150 Ruthen, dem Auge einen sehr gefälligen Ruhepunkt gibt.

Die Kirche ist ein ziemlich großes, im edlen Style aufgeführtes Gebäude, von länglicher, hinten abgerundeter Form, von ansehnlicher Höhe und mit Kalk übersetzt. Die Hauptfassade hat eine weitsäulige dorische Säulenstellung von sechs Säulen, die eine geräumige um vier Stufen erhöhte Vorhalle, in der ganzen Breite der Fronte, bilden. Ein Aufsatz mit den Statuen der vier Evangelisten, verdeckt das Dach, und hat in der Mitte ein Fronton, welches die fromme Inschrift enthält: Jesu Christo Magno Peccatorum Redemtori Templum Consecratum Est A Magno Peccatore Redemo D. G. Friederico Duce Megapolitano. Aedificare Coeptum Anno 1765 Mense Martio. Finitum Anno 1770 Mense Julio. Da das Gebäude keinen Turm hat, so ist statt dessen noch ein Aufsatz über dem Fronton hinzugefügt, auf welchem ein vergoldetes griechisches Kreuz steht. Das Innere ist gleichfalls von dorischer Ordnung; auf beiden Seiten eine Reihe von sieben Säulen, die aber nicht das Gewölbe, sondern nur eine kleine Galerie tragen, indem die mit Rosetten und anderm Bundwerk in Stucco verzierte Decke in flacher Wölbung auf den Seitenwänden ruht. Über dem Haupteingange ist die großherzogliche Tribüne — weiß mit goldenen Leisten, die Draperie von rotem Samt mit Gold — und über derselben die Sitze für die Hofdamen und Kavaliere. In der Mitte des Hauptganges, der von hier gerade zum Altar führt, steht der sehr große Sarkophag von dunkelgrauem mecklenburgischen Granit, in welchem die Gebeine des Herzogs Friederich ruhen; er ist auf der Schweriner Schleifmühle poliert und seine Bearbeitung kostet über 6.000 F — Der Altarplatz ist, in der ganzen Breite der Kirche ohngefähr um 16 Stufen erhöht; unter dieser Erhöhung befindet sich ein Gewölbe zur Totengruft für die großherzogliche Familie. Zwischen den Stufen, die an beiden Seiten zum Altar hinauf gehen, gerade vor dem Altar, ist eine Balustrade, in welcher die Kanzel angebracht ist. Das Altargemälde nimmt die ganze Hinterwand der Kirche ein; es stellt die Verkündigung der Geburt Jesu an die Hirten vor, und ist eben so schön, als ausdrucksvoll gearbeitet. Eigentlich besteht dasselbe aus zwei Teilen, wovon der untere auf einer Bretterwand ausgeführt ist, welche von der Altarerhöhung bis zu einer gewissen Höhe hinauf reicht, und hinter welcher die Orgel mit dem Sängerchor verborgen ist, so dass bei der akustischen Bauart die Töne wie vom Himmel herab zu schweben scheinen; der obere Teil des Gemäldes ist an der wirklichen Kirchenwand vollendet, und reicht bis ins Gewölbe. Übrigens verbindet das Gemälde beide Teile so genau, dass man nur eine einzige Wand zu erblicken glaubt. Chöre sind nicht vorhanden; die Kirchensitze weiß mit goldenen Leisten. Unstreitig ist die Ludwigsluster Kirche eine der schönsten, und in ihrer Art einzig im Lande; besonders macht das Altargemälde einen sehr erhebenden Eindruck, so wie das Ganze den frommen, lauteren Sinn des fürstlichen Erbauers beurkundet.

Die, wie schon erwähnt, links vom Schlossplatze abführende Schlossstraße erstreckt sich etwa 140 Rth. weit, in schnurgerader Richtung, und über 50 Schritte breit, und endiget in dem Alexandrinen-Platze. Sie enthält lauter massive zweistöckige Häuser, ohne Abputz, und in der Mitte eine doppelte Linden-Allee, zwischen welche hindurch die Aussicht auf den, am Alexandrinen-Platze liegenden, großherzoglichen Marstall leitet. Letzterer ist ein imponierendes Gebäude, von ansehnlicher Länge, massiv und von gelblichem Anstrich; er enthält, außer den Wagen-Remisen u. dgl., Räume für 96 Pferden. Der Alexandrinen-Platz hat in der Mitte Rasen-Plätze, mit Gesträuchen bepflanzt; quer über denselben führt die, mit zwei Reihen Pappeln besetzte, Straße vom Schweriner zum Grabower Tor. Zum Teil findet man hier und in der Kanal-Straße geschmackvolle und ansehnliche Häuser, teils auch nur kleine einstöckige Gebäude, wie in den übrigen Nebenstraßen des Orts. Noch sind zu bemerken: die neue Kaserne in der Louisen-Straße, von ziemlicher Größe, der Posthof an der Schlossstraße, mit einem schön gebauten Pferdestalle, und besonders das, eben so großartige als geschmackvolle und vortrefflich eingerichtete, Seminar- Und Schulgebäude in der Kanalstraße. Dasselbe ist auf großherzogliche Kosten von 1828 bis 1830 neu aufgeführt, 231 Fuß lang, 48 Fuß tief und von zwei Geschossen; der große viereckige Hofplatz wird von Nebengebäuden eingeschlossen, und dem Hause gegenüber, jenseits des Kanals, befindet sich der ansehnliche Seminar-Garten.

Eine Mauer von sogenanntem Klump (Raseneisenstein) umschließt jetzt die größere Hälfte des Orts, indem sie vom Hamburger nach dem Grabower, und von da bis zum Schweriner Tor und Kanal führt. Der Klump von schwärzlich brauner Farbe ist in großen viereckigen Feldern mit Ziegelsteinen eingefasst, und das Ganze gewährt einen gefälligen Anblick. Die drei Tore bestehen aus gemauerten Pfeilern mit Staketenwerk; letzteres ist bei dem Schweriner Tore von Gusseisen. Vor dem Grabower Tore an der Chaussee ist vor einigen Jahren ein kolossaler Granitblock als Normal-Meilenzeiger ausgehauen und aufgestellt.

Wir wenden uns jetzt zum Schlossgarten oder eigentlich zum Park, der hinter dem Schlosse hin in einem sehr weiten Umfange — die Länge beträgt etwa 1.000, die Breite 900 Ruthen — die ganze Gegend einnimmt. Er enthält verschiedene artige Partien, wie sie die einförmige Gegend und die Natur des Bodens zuließ; besonders ist die nächste Umgebung des Schlosses sehr anmutig. Ein großer halbrunder Rasenplatz breitet sich zunächst hinter dem Schlosse aus; zur Rechten ist ein schöner hochgewölbter Bogengang von Hagebuchenhecken, der den Küchengarten vom Park trennt; links führt ein weiter Baumweg, von hohen Linden beschattet, zur katholischen Kirche, von der Mitte des Rasenplatzes ab erstreckt sich ein gerader und breiter Baumweg durch die ganze Länge des Parkes. Der Kanal, nachdem er die beschriebene Kaskade gebildet, tritt links vom Schlosse in den Park, wo er an verschiedenen Stellen Nebenarme entsendet; er bildet ferner in der Nähe der katholischen Kirche, unter einer hochgewölbten steinernen Brücke, einen Wasserfall, dann eine Fontaine, und noch weiterhin, ein Bassin mit 24 kleineren Springbrunnen. Endlich befindet sich an der Grenze des Parks ein künstliches Schleusenwerk, welches vermittelst eines einfachen Mechanismus, von Zeit zu Zeit sich von selbst öffnet, mit großem Getöse des gesammelten Wassers sich entladet, und sich dann wieder verschließt. Übrigens ist der Park teils mit Eichen und Buchen, meistens aber mit Erlen, Birken und Tannen bestanden, enthält auch mehrere freie Plätze, kleine Teiche und Anhöhen, und wird von zahllosen Wegen und Gängen durchschlängelt. Endlich bringen folgende, im Umfange des Schlossgartens gelegene Gebäude und Anlagen, Abwechselung und Mannigfaltigkeit hervor:

1) Einige niedliche Treibhäuser und Gärtnerwohnungen, liegen links vom Schlossplatze, beim Eintritt in den Park, dann folgen:

2) die beiden sonst Erbgroßherzoglichen Marställe, unter denen der neuere von höchst geschmackvoller Bauart und mit einem Zinkdache versehen ist. Nahe dabei befindet sich:

3) die katholische Kirche zu St. Helenen, auf einer vom Kanal gebildeten Insel, zu welcher man über eine zierliche Brücke gelangt. Sie ist nur klein, aber ohnstreitig eins der schönsten Gebäude der Residenz, im gotischem Styl 1809 aufgeführt, von beträchtlicher Höhe, mit einem Dache von bleifarbenen glasierten Hohlziegeln. An jeder Seite sind drei große Bogenfenster mit schöner Glasmalerei, die beiden Giebel, an deren vorderen der Eingang ist, mit kleinen Turmspitzen versehen. Das Innere ist, bis auf dem reichgeschmückten Altar, ganz einfach; sechs schlanke Pfeiler von roten und schwarzen Ziegelsteinen tragen das Gewölbe. Der Turm steht nicht unmittelbar an der Kirche, sondern außerhalb der Insel.

4) das Schweizerhaus auf einem freien erhöhten Platze, etwa in der Mitte des Parks, ist ganz einfach, von einem Stockwerke, und mit vorne überhängendem Rohrdache, und enthält, außer mehreren Zimmern, einen geräumigen Saal. Die verstorbene regierende Herzogin hatte hier zur Sommerszeit ihren ordentlichen Wohnsitz. Die Umgegend dieses Landhauses ist freundlich, die Aussicht ziemlich frei und nur in einiger Entfernung durch Gehölz beschränkt; letzteres ist in der Art gelüftet und ausgehauen, dass es das Ansehen von einzelnen Gürteln hat.

5) das kleine Schweizerhaus, ein dem vorigen ähnliches Gebäude, liegt aber in einer sehr öden Gegend, weshalb es auch höchst selten benutzt wird.

6) das Mausoleum der verstorbenen Herzogin Louise, in einem schönen Buchenhain nicht sehr weit vom Schlosse; es ist im edlen Style erbaut, und umschließt, in einem von schwarzen Samt mit Goldtressen überzogenen Sarge, die Gebeine gedachter Fürstin.

7) Das Denkmal des Herzogs Friederich, welches sein Nachfolger errichtet hat, befindet sich in einer einsamen Gegend auf einem mit Staketen umgebenen Hügel, und ist in Sandstein gearbeitet. Auf einem Sarkophag steht eine große Urne mit dem Bildnisse des Verstorbenen. An der Urne lehnt sich eine weibliche Figur, Mecklenburg vorstellend, die in der rechten Hand ein Füllhorn hält und mit der Linken aufs Herz zeigt, — und ein schlafender Genius mit der umgestürzten Fackel. Unten liest man die Inschrift: „Friederich, Ruhm und Trost der Deinen, O, wie wärest Du so gut“.

8) Die Ruinen. Sie sind an einem mit Gesträuch bewachsenen Hügel von schwarzen Klumpsteinen hinaufgebaut, und bestehen in Bruchstücken von Türmen, Mauern und Treppen.

9) Der Kaisersaal. So nennt man einen länglicht runden Platz von hohen Bäumen umgeben, der mit 16 Büsten römischer Imperatoren besetzt ist. Die Büsten sind von Papiermaschee, auf der vormaligen jetzt eingegangenen Kartenfabrik verfertigt, und mit einem sehr dauerhaften Firnis überzogen. Man findet ähnliche Büsten auch hin und wieder am Kanal aufgestellt.

Vor dem Hamburger Tore erstreckt sich in einem ziemlichen Umfange bis an den Park der Erbgroßherzogliche Garten, gewöhnlich Prinzengarten genannt. Er ist regelmäßig angelegt, mit Alleen von Obstbäumen, mit Blumen- und Gemüsestücken, zwei Treibhäusern und der freundlichen Wohnung des Garteninspektors. Doch das Sehenswürdigste darin ist das Erbgroßherzogliche Familien-Begräbnis, in einem einfach schönem Style aufgeführt. Eine hohe steinerne Treppe führt zum Eingang. Das Innere besteht aus drei Abteilungen: einem Flur, der Begräbnishalle und einer nach dem griechischen Ritus eingerichteten Kapelle*). Die Begräbnishalle ist ein rundes gewölbtes Zimmer, deren Wände mit gelblichem Marmor bekleidet sind; das blaue Gewölbe ist mit goldenen Sternen besäet. In mit roten Samt und Goldborten überzogenen Särgen sind hier der verstorbene Erbgroßherzog und seine beiden Gemahlinnen beigesetzt. In den das Mausoleum umgebenden, englischen Partien steht noch eine schöngearbeite marmorne Bildsäule der Großfürstin Helene.

*) Die Erbprinzessin Helene Pawlowna, Großfürstin von Russland, war der griechischer Kirche zugetan, und für sie wurde das Begräbnis zunächst erbaut, als diese verehrungswürdige Fürstin (24. September 1803) dahinschied.

Vor dem Grabower Tore befindet sich das schöne, im italienischen Geschmack erbaute, Landhaus des Herzogs Gustav (Villa Gustavo), inmitten eines neuangelegten Gartens.

Aus dem Schweriner Tore führt eine 2 3/4 Meilen lange Allee durch die Wiesen der Lewitz in gerader Richtung zu dem großherzoglichen Jagdhause Friederichsmoor. Die Straße nach Schwerin ist jetzt chaussiert.

Ludwigslust ist, wie schon gesagt, ein Marktflecken, hat jedoch seine besondere Gerichtsbarkeit, und steht daher nicht unter dem Amtsgerichte, wie die übrigen Domanialflecken. Sonst liegt der Ort im dem Bezirke des Amtes Grabow auf der Feldmark des Dorfes Kleinow, welches dicht vor dem Schweriner Tore gelegen ist. Die hauptsächlichste und fast einzige Nahrungsquelle der Einwohner ist, wie sich das von selbst versteht, die großherzogliche Hofhaltung, deren unmittelbaren Personal-Etat schon an sich sehr bedeutend ausfällt. Die Zahl der gewerbetreibenden Einwohner ist daher verhältnismäßig nicht groß; sie beträgt 235, darunter 25 christl. und 14 jüdische Kauf- und Handelsleute, 1 Buchhandlung, 2 Gold-Juweliere, 1 Galanteriearbeiter, 1 Instrumentenmacher, 1 Wattenfabrikant, 2 Tapezierer. Die hier befindliche chemische Fabrik verfertigt alle Arten künstlicher Mineralwasser. Erst seit etwa 8 Jahren hat der Ort eine Mühle, früher musste alles Getreide in Grabow gemahlen werden.

Bei der Schlosskirche ist, außer dem Oberhofprediger, noch ein Hilfsprediger angestellt, auch ist der Prediger des nahen Dorfes Gr. Laasch Diakonus dieser Kirche. Die katholische Kirche hat ebenfalls ihren Geistlichen und gehören zu dessen Sprengel sämtliche Katholiken zu Ludwigslust, Parchim, Neustadt, Grabow und Dömitz (131). Die sehr gut eingerichtete höhere Bürgerschule ist mit 4 Lehrern besetzt; außerdem sind noch zwei mit dem Seminar verbundene Elementarschulen vorhanden. Das Landschulmeister-Seminar hat 3 Lehrer und 60 Seminaristen. — Die großherzogliche Hofkapelle und Harmonie ist mit ausgezeichneten Musikern, Sängern und Sängerinnen besetzt, und als eine der vorzüglichsten der deutschen Fürstenhöfe anzusehen. Ein stehendes Theater entbehrt die Residenz. Hofpostamt, Oberforst.
Das Schloss in Ludwigslust um 1880

Das Schloss in Ludwigslust um 1880

Das Schloss in Ludwigslust um 1830

Das Schloss in Ludwigslust um 1830

Friedrichsmoor um 1880

Friedrichsmoor um 1880

alle Kapitel sehen