Der bürgerliche Nahrungsstand

Der bürgerliche Nahrungsstand der Hauptstadt hat seine vornehmste Quelle in dem sehr zahlreichem Personale von Hof- und Staatsdienern, die nach Stand und Vermögen Aufwand zu machen genötigt sind, und also der arbeitenden Klasse Erwerb geben, so wie auch nicht wenige wohlhabende Privatpersonen, der zahlreiche Advokatenstand, das Militär, bestehend aus dem leichten Infanterie-Bataillon und der Artillerie, und der beständige Zufluss von Fremden, die teils in Geschäften, teils des Vergnügens wegen hierher kommen, dazu beitragen. Nächstdem ist der Handel, namentlich mit Landesprodukten, nicht ganz unbedeutend, und wird sich in der Folge, durch die eröffnete Wasser-Kommunikation mit Hamburg, vielleicht noch mehr heben, auch die Fabrikation von Tuch*), Leinwand, Tabak, Brandwein und Töpferarbeiten sind erhebliche Nahrungszweige. Überhaupt zählt Schwerin 925 Gewerbetreibende, nämlich:

*) Im Jahre 1834 beschäftigten die Tuchfabrik und die drei Tuchmachermeister 28 Gesellen und 123 Spinner, welche 4.750 Stein Wolle für 33.230 F ankauften, und 1.52 Stück meist feines Tuch, an Wert 66.240 F anfertigten. Im Inlande wurden nur 203, im Auslande aber 843 Stücke abgesetzt.


a) 75 christliche und 82 jüdische Kaufleute und Krämer, 2 Kornhändler, 44 Leinwand-, 3 Uhren-, 2 Glas-, 2 Kessel-, 3 Leder-, 3 Zitronen- und 10 Mehlhändler, 6 Kornmakler, 10 Spediteurs, 3 Apotheken. Die sieben Jahre bestandene Schifffahrtgesellschaft hat sich im März 1834 aufgelöst.

b) 29 Gastwirte, darunter der Kirchnersche Gasthof der vornehmste ist, 3 Restaurateurs, 2 Köche, 27 Brandweinbrenner und Brauer, 2 Essigbrauer, 3 Gärtner, 28 Fischer, 50 Fuhrleute, 1 Tuchmanufaktur, 16 Tuchmacher, 2 Tuchscheerer, 4 Wollkämmer, 2 Strumpfwirker, 49 Leinewandweber, 4 Wachsbleiche, 4 Lichtfabrik, 5 Seifensieder und 4 Lichtzieher, 1 Lackfabrikant, 5 Tabaksfabrikanten, 2 Schirmfabrikanten.

c) 520 sonstige Handwerksmeister und Künstler, unter denen es in vielen Fächern sehr geschickte und tüchtige Arbeiter gibt. Zu bemerken sind: 3 Mechanici, 1 Juwelier, 1 Plattierer, 1 Pettschierstecher, 2 Bildhauer, 17 Maler, 9 Uhrmacher, 11 Goldschmiede, 1 Feilenhauer, 2 Büchsenschäfter, 3 Messerschmiede, 2 Sporenmacher, 44 Tischler, 8 Stuhlmacher, 9 Töpfer, 3 Lohgerber, 3 Weißgerber, 3 Tapezierer.

d) 2 Buchhandlungen, 2 Buchdruckereien, von denen die eine stets sieben Pressen in Arbeit erhält, 1 Steindruckerei, 10 Buchbinder und 5 Leihbibliotheken befördern den schriftstellerischen Verkehr.

Zu bemerken ist endlich noch das Leihhaus und das Nachweisungscomptoir für Dienstsuchende. Besondere Veranlassungen zu lebhafterem Verkehr gibt es, außer den 3 Jahrmärkten, die nicht von großer Erheblichkeit sind, und wovon 2 auf der Neustadt gehalten werden, keine. Die 3 Wasser- und eben so viele Windmühlen sind Landesherrlich, desgleichen die Schleifmühle oder Steinschleiferei. Der Steuerertrag war im vorigen Jahre 11.422 F.

Wohlhabenheit ist nicht sehr allgemein, vielmehr die Zahl der Armen, für welche jedoch durch mehrere Anstalten möglichst gesorgt wird, sehr beträchtlich. Übrigens lässt es sich leicht erwarten, dass ein bedeutender Luxus in allen Ständen herrsche, und dass hier, mehr als in andern Städten Mecklenburgs, eine gewisse Absonderung nach Stand und Rang bemerklich werde. Gelegenheit zum Vergnügen und zur Unterhaltung bieten im Winter Theater, Bälle, Konzerte, so wie verschiedene Klubs und geschlossene Gesellschaften dar, im Sommer ladet die schöne Umgegend zu Spaziergängen und Lustpartien nach nahegelegenen Dörfern ein; auf dem Schelfwerder wird jährlich im Mai ein Volksfest gefeiert und gewöhnlich von 8 bis 10.000 Menschen besucht.

Durch die neue Verfassungsurkunde vom 28. Januar 1832 ist Schwerin zu einem städtischen Verbände vereinigt, und hat in dem Magistratsgericht seine eigene Niedergerichtsbarkeit erhalten; früher hatte die Alt- und Neustadt jede ihren besondern Magistrat, und die Jurisdiktion war Großherzoglich. In staatsrechtlicher Hinsicht gehört jedoch die Neustadt nebst der Domkapitelfreiheit noch immer zum Fürstentum Schwerin. Das Magistratskollegium besteht jetzt aus 2 Bürgermeistern, 1 Syndikus, 6 Ratsherren, 1 Auditor und 6 Subalternen, die sämtlich unter landesherrlicher Bestätigung gewählt werden; der bürgerschaftliche Ausschuss hat 39 Repräsentanten unter einem Vorstehen Der Kämmerei gehören 2 Dörfer und 1 Ziegelei, auch erhebt sie ein Dammgeld.

Die hiesigen Pfarren sind Großherzogl. Patronats; mit Einschluss des Superintendenten, der auch zugleich Hofprediger an der Schlosskirche ist, hat die Domkirche 3, die Schelfkirche 2 und die katholische Kirche ebenfalls 2 Prediger. An Unterrichtsanstalten sind vorhanden: das Gymnasium Fridericianum mit 10 Lehrern, die Bürgerschule mit 5 Lehrern, die Sonntagsschule für Handwerkslehrlinge, 1830 durch die hiesige Freimaurerloge (zur Morgenröte genannt) gegründet, die jüdische Sonntagsschule, Freischulen, die Verwahrschule für arme Kinder, die Hausschule für verwaiste Töchter und die Industrieschule für Töchter dürftiger Eltern; ferner das Pagen-Institut, die Tierarzneischule. Auch gibt es mehrere Privat-Erziehung- und Schulinstitute, besonders für die weibliche Jugend; sie stehen, nach einer neuen landesherrlichen Verfügung, unter Beaufsichtigung einer besondern Schulkommission; und bedarf es jetzt zur Anlegung einer Privatschule der Konzession der Regierung und einer vorgängigen Prüfung. — An einer öffentlichen Bibliothek fehlt es, doch wird die Benutzung der Regierungsbibliothek, unter Umständen, gestattet. Von Zeitschriften erscheinen hier: das freimütige Abendblatt, eine Zeitung von zum Teil politischem Inhalte, auch die Intelligenzblätter und das offizielle Wochenblatt, so wie der Staatskalender. Die mecklenburgische Bibelgesellschaft und der Verein für Mecklenburgs Geschichte und Altertumskunde haben zu Schwerin ihren Hauptsitz. Die Zahl der Ärzte beträgt 18.

Wohltätigkeitsanstalten: Das Armen-Kollegium, aus 3 Magistrats- und 9 städtischen Deputierten zusammengesetzt, verwaltet die allgemeine Armenkasse, so wie auch das damit verbundene Arbeits- und Krankenhaus; außerdem besteht das Waisenhaus und das Hospital und Krankenhaus auf der Neustadt; letzteres ist jedoch nur für Domanial-Untertanen bestimmt. Andere nützliche Anstalten sind: das Karolinenstift, welches die Bildung guter Dienstboten weiblichen Geschlechts beabsichtiget, das Großherzogl. Werkhaus, in welchem zahlreiche Arme Beschäftigung finden, und die Ersparnisanstalt, 1821 gestiftet.