Hauptstadt Schwerin

Schwerin (Br. 53° 43'. L. 29° 44'), der älteste, mit Stadtverfassung bewidmete Ort Mecklenburgs, wenn gleich erst spät zu größerer Bedeutsamkeit herangewachsen; vormals Bischofssitz und Residenz der Grafen von Schwerin, so wie in der Folge der Herzoge von Mecklenburg, ist noch jetzt die Hauptstadt des Großherzogtums, und daher der Sitz der höchsten Landes-Kollegien, als: der Regierung und Lehnkammer, des Kammer-Kollegiums, der Reluitions-Kommission und Schulden-Tilgungs-Kommission, des Forstkollegiums, des Militär-Kollegiums; auch einer Justizkanzlei, einer Superintendentur, eines Oberpostamts, einer Oberforst und des Gymnasium Fridericianum. Sie ist, der Größe nach, die zweite Stadt Mecklenburgs, hat aber unter allen die reizendste Lage in einer herrlichen, naturschönen Gegend zwischen dem Schweriner und mehren kleinern Seen, besteht aus der Altstadt, nebst der Domkapitels-Freiheit und Vorstadt, und aus der Neustadt oder Schelfe, und enthält in einem sehr weitläufigen Umfange 2 Tore, 56 Straßen und Gassen, 3 Markt- und einige andere Plätze, 1126 Häuser, assekuriert zu 3.048.425 ohne die zahlreichen landesherrlichen Gebäude, ein altes Schloss, zwei großherzogliche Palais, 4 Kirchen und 13.352 Einw., darunter zahlreiche Katholiken und 283 Juden. (1834: 13.196 Einw.; mit Inbegriff einiger auf Amtsgebiet befindlichen Häuser und Gehöfte aber 43,196 Einw.). Die Grundfläche der Stadt ist ziemlich uneben und hügelig und im Ganzen nur wenig — z. B. das Posthaus 12 Fuß — über den Spiegel des Sees erhaben. Auf der Altstadt ist der Domplatz der höchste Punkt, von welchem sich der Boden nach allen Seiten senkt; die Neustadt ist im allgemeinen höher gelegen, besonders der östliche Teil; die Vorstadt hat ebenfalls einen hügelligen Boden und erstreckt sich in mehren Straßen und in einer Länge von 366 Ruthen längs des Pfaffen- und Burgsees bis an den Ostorfer See. Die Altstadt, zwischen dem Pfaffenteich, Burgsee und einem Busen des Schweriner Sees, hat, mit Inbegriff der Domkapitelsfreiheit, in gerader Richtung nur 123 Ruthen Länge und 106 Rth. Breite, wogegen die Neustadt, zwischen dem Schweriner-, Ziegel- und Pfaffen-See, jedoch mit der Altstadt zusammenhängend, sich fast 200 Rth. lang erstreckt und bis 124 Rth. breit ist. Wegen der zerstreuten Lage lässt sich der Umfang Schwerins nicht gut angeben; die Länge ist, mit Einschluss der Vorstadt, sehr beträchtlich; vom Anfange letzterer bis zur Tuchfabrik am Ende der Neustadt ist, dem Straßenzuge folgend, eine Strecke von 510 Rth. (mecklb. Maß, nach welchem alle ferneren Angaben dieser Art berechnet sind*).

*) Einen Maßstab zur Größe der einzelnen Stadtteile gibt die im freimütigen Abendblatt spezifiziert mitgeteilte Volkszahl von 1830.
Diese war für die Altstadt 5.088
Diese war für die Vorstadt 2.644
Diese war für die Neustadt 5.157
.........................zusammen 12.889 Ew.


Schon durch die romantische Umgegend ist die äußere Ansicht Schwerins höchst anziehend; überdies imponieren, unter dem Gemische von Dächern verschiedener Form und Höhe, hauptsächlich das Schloss und der Dom durch Große, Höhe und altgotische Bauart, die Schelfkirche durch ihren schonen hoch aufstrebenden Turm, so wie der Kollegienpalast und das Schauspielhaus als Prachtwerke der neuern Architektur, und endlich bringt die ausgedehnte Länge der Stadt einen verstärkten Schein von Größe hervor, besonders von der Güstrowschen Landstraße aus, wo der meilenlange Wasserspiegel des Sees dem Orte noch das Ansehen einer Seestadt gibt. Von der Wismarschen Straße aus erscheint die Stadt weniger bedeutend, auch ist hier das Schloss nebst Umgebung durch die hoher gelegene Domkirche versteckt.

Im Innern ist Schwerin dagegen, als Ganzes genommen, weder regelmäßig noch schön gebaut. Nur die Straßen der Neustadt sind meistens gerade fortlaufend und breit, die der Altstadt und Vorstadt, obgleich letztere erst in neuern Zeiten entstanden ist, aber fast durchgehends krumm, enge und winklig. Endlich fehlt es auch an geräumigen Plätzen; der alte Markt ist nur 14 Rth. lang und 10 1/2 Rth. breit, wenig größer der Schelfmarkt, noch kleiner der Fisch- oder Ziegen-Markt, und auch die Kirchenplätze sind unbedeutend. Der alte Garten, dem Schlosse gegenüber am See und mit Lindenreihen besetzt (32 Rth. lang, 49 Rth. breit, ohne die angrenzende Reitbahn), würde einen sehr schönen Platz abgeben, wenn er ringsum mit ansehnlichen Häusern besetzt wäre; es ist aber nur die eine Seite bebaut. Was nun insbesondere die Bauart der Privathäuser anbetrifft, so gibt es deren zwar eine ziemliche Anzahl, die groß und im geschmackvollen Style, wenn gleich höchst selten von mehr als zwei Geschossen, aufgeführt sind, besonders in der Schloss- und Königsstraße, auf dem alten Markte und in der zur Neustadt führenden Straße, auf dem Schelfmarkte und Kirchenplatz, in der Münz- und Bergstraße (vom Volke Stephansberg genannt), auch in der Vorstadt; doch sind die meisten Gebäude nur klein, von Fachwerk und ohne äußern Abputz, viele haben sogar nur ein Stockwerk, und Schwerin steht in dieser Hinsicht nicht nur den beiden Seestädten, sondern auch Güstrow bei weitem nach. Dagegen enthält die Stadt an landesherrlichen und öffentlichen Gebäuden mehre von großer Merkwürdigkeit und Schönheit. Es gehören Hierher: