Vom Verfall und Untergang des slawischen Königreichs

Heinrichs Tod gab das Königreich allen Schrecknissen der Anarchie und ohnmächtiger Herrschaft Preis. Hlawarde veranstaltete eine Teilung zwischen Heinrichs Söhnen Zwentibold und Kanutz; bald gerieten diese in heftigen Kampf. Zwentibold ließ seinen Bruder 1127 zu Cutilinburg ermorden, er selbst ward vom Daso, einem holsteinschen Raubritter, 1129 erschlagen, der auch bald darauf dessen Sohn Zwiniko zu Artlenburg tötete; wilder Aufruhr tobte in Obotritien und dem Kyssinerlande. Prill islaw, ein Enkel Buthue's, des Bruders König Heinrichs, suchte sich in Wagrien und Polabien festzufetzen, während Niklot, ein bedeutender Starost, in Obotritien seine Herrschaft begründete. Nun trat aber, da Heinrichs Söhne nicht mehr am Leben waren, Kanut Hlawarde mit den Ansprüchen auf, die Heinrichs Bestimmung ihm gegeben; er bekam den Niklot wie Pribislaw in seine Gewalt, und ihre Fesseln löste nur der Eid, seine Herrschaft nimmer zu beunruhigen.

Vom Kaiser Lothar belehnt, und mit eigener Hand zum obotritischen Könige gekrönt, suchte Hlawarde, dessen persönliche Eigenschaften und großherziger Charakter insonderheit die christliche Bevölkerung des Wendenlands zu den schönsten Hoffnungen berechtigte, vor Allem seinen Staaten Ruhe und Frieden, zu erhalten; aber leider schwanden die glänzenden Aussichten bald, als schon 1131 Hlawarde unter der meuchlerischen Hand seines eigenen Vetters, des Königs Magnus von Gothland, zu Ringsted auf Seeland fiel.


Nun erhob sich wieder Niklot als Herrscher in Obotritien und den Bezirken der Kyssiner und Circipaner; nun gelang es dem Pribislaw, sich die Herrschaft über Wagrien und Polabien zu erwerben; alle übrigen wendischen Stamme standen nun vereinzelt da unter kleinen Wojewoden; mit Hlawardes Tod verschwand das Wendenreich, versank die Macht, die so oft die deutschen und dänischen Nachbarn zittern gemacht hatte.

Hlawardes Mord zu rächen, zog Kaiser Lothar gegen die Dänen ins Feld; siegreich rückte er bis zur Dänenschanze vor, bis Magnus fußfällig Verzeihung erflehte. Da begab sich 1134 der fromme Vicelin, Abt des von Hlawarde gestifteten Klosters Faldora (Neumünster) an das Lager des Kaisers, und flehte um Schutz für die wagrischen Christen gegen ihren heidnischen Oberherrn Pribislaw. Lothar willfahrend ließ auf der Höhe des Albergs eine Veste erbauen, welche Siegberg (Segeberg) genannt wurde; der wendische Adel musste Hilfsleistung beim Bau gewähren. Schwer empfand diese Beeinträchtigung Pribislaw, schwer sein heidnisches Volk. Kaum war der Kaiser entfernt, so rächte er sich durch Zerstörung des Klosters, 1137; aber angegriffen von dem Rugierfürsten Race, ward er besiegt, und seine Hauptstadt Lübeck auf den Grund eingeäschert; doch konnte Race seine Eroberung nicht behaupten. Nun griff Kaiser Conrad zu. Polabien ward als Grafschaft Ratzeburg dem Heinrich von Badewide gegeben, Wagrien aber an den Grafen Adolf von Holstein, nur Oldenburg und Cutilinburg mit ihren Bezirken blieben dem unglücklichen Pribislaw.