Von den Grafen zu Schwerin (1166 - 1359)

Als Herzog Heinrich der Löwe 1166 dem Pribislaw das Land seiner Väter zurückgab, trennte er davon die Lande Schwerin, Boizenburg und Zellesen mit Crivitz, und übergab sie als sächsische Lehngrafschaft seinem verdienten Feldherrn Gunzel von Hagen (cf. §. 9). Dieser bevölkerte die verödeten Gaue durch viele deutsche Kolonien und schuf den Hauptort Schwerin, der 1161 von Heinrich dem Löwen mit städtischen Freiheiten begabt, und wohin das mecklenburgische Bistum verlegt war, zu einer blühenden Stadt um. Nach Heinrichs Ächtung und Sturz musste er die Lehnshoheit des neuen Sachsenherzogs Bernhard, nach fruchtloser Insurrektion, wobei Lauenburg zerstört wurde, anerkennen. Er starb 1187.

Ihm folgten seine Söhne Heinrich I. und Gunzel II. Wie auch auf ihnen die Hand Waldemars des Dänen schwer lastete, dessen Vasallen sie 1214 wurden, und wie durch die kühne Entschlossenheit Graf Heinrichs die dänische Macht vom deutschen Boden verdrängt wurde, ist bereits oben § 10 u. 11 erzählt worden. Durch das Lösegeld Waldemars (540.000 Lüb. Mark Silb.) bereichert, waren die Grafen im Stande, bald beträchtliche Erwerbungen zu machen. Gunzel starb 1222, und Heinrich folgte ihm 1228, nachdem er noch von der alten Grafschaft Ratzeburg das Land Wittenburg an sich gebracht hatte.


Sein Sohn und Nachfolger Gunzel III. (1228 — 1274) war ein kräftiger Regent. In einer Fehde mit dem dannenbergischen Grafen eroberte er 1269 Grabow, Dömitz und Dannenberg, konnte jedoch seine Eroberungen gegen die zu Hilfe kommenden Markgrafen nicht behaupten. Dagegen erwarb er von Pribislaw zu Richenberg das Land Brenz, und pfändete Parchim (welches indessen 1273 an das Haus Werle kam) wie auch in der Mark Lenzen. Gunzel ist der Stifter des Klosters Zarentin (1246) und Begründer Boizenburgs als einer Stadtgemeinde. Er starb 1274. Seine Söhne stifteten folgende 3 Linien.

Linie Boizenburg. 1274 — 1349. Graf Helmold, der Stifter dieser Linie, welcher die Lande Boizenburg, Egypten (i. e. etwa die heutigen Kirchspiele Hagenow, Stralendorf und Warsow) Banzkow, Zellesen und Crievitz zustanden, erwarb 1274 das bisher dannenbergische Land Marnitz, musste aber dagegen dem Pfandbesitze von Lenzen entsagen. Ihm folgten 1299 seine Söhne Nicolaus I, und Heinrich, von denen letzterer zu Neustadt, welches etwa um 1290 aus dem Dorf Glewe zu einer Stadt erwachsen, und von der schwerinschen Linie erworben war, residierte. Nicolaus starb 1316. Sein Sohn Nicolaus II. zog an den Hof seines Oheims und gelangte nach dessen Tode 1322 zur Regierung. Boizenburg war an die von Barnekow verpfändet, und Neustadt fiel an die Schweriner Linie zurück. Er hielt seinen Hof zu Crivitz, erwarb in Gemeinschaft mit den andern Linien abermal den Pfandbesitz von Lenzen und Dömitz (1336), auch 1347 das Land Wittenburg, und starb 1349 ohne Erben.

Linie Schwerin. 1276 — 1344. Hier regierte seit 1276 Gunzel IV., anfangs Domherr zu Schwerin, welcher Schwerin, Neustadt und das pommersche Land Dobern besaß und 1284, nachdem er ein Jahr vorher erblindet war, starb. Sein Sohn Gunzel V. trat gegen Subsidien (2.640 Lüb. Mark Silb.) in brandendurgische Dienste. Ihm folgte 1307 sein Bruder Heinrich, Fürst Heinrich des Löwen von Mecklenburg treuer Waffengefährte, ein kluger und tapferer Herr. Er brachte 1322 Stavenow und den Pfandbesitz von Perleberg an sich. Mit ihm erlosch 1344 die schwerinsche Linie.

Linie Wittenburg. 1283 — 1359. Seit 1283 führte der jüngste Sohn Gunzels III. Nicolaus eine abgesonderte Regierung in den Landen Wittenburg, Hagenow, Toddin und Zarentin. Er nahm Teil an der Koalition wider Heinrich den Löwen. Ihm folgte 1322 sein Sohn Gunzel VI., welcher Wittenburg das lübische Stadtrecht erteilte. Er starb 1338 mit Hinterlassung zweier Söhne, Otto I., der ihm in Wittenburg succedierte, und Nicolaus, welcher die in Westfalen erworbene Grafschaft Teckelnburg erhielt. Otto erbte 1344 den schwerinschen Anteil, wo er denn den wittenburgischen seinem Oheime Nicolaus, (dem Sohne des Stifters dieser Linie, der aber auch schon 1347 starb) abtrat, und 1349 auch das Gebiet der boizenburgischen Linie.

Albrecht II. von Mecklenburg hatte schon 1343 mit dem 1347 gestorbenen Nicolaus von Wittenburg und 1343 mit Nicolaus von Boizenburg zu Crivitz einen Erbverein geschlossen. Als auch letzterer, dem 1347 des Erstern Gebiet zufiel, 1349 starb, verkaufte dessen Witwe das ihr zum Leibgedinge angewiesene Crivitz mit Zellesen an den Herzog Albrecht, der dasselbe auch nach einer kurzen Fehde gegen den Widerspruch des Grafen Otto behauptete. Dieser wich zwar nur der Übermacht und tat, als er den Herzog anderweitig beschäftigt wusste, einen Angriff auf Crivitz; allein, so tapfer auch die Schweriner den Herzog, der die Stadt belagerte, zurückschlugen, so musste er doch, nachdem das widrige Kriegsglück ihn in Mecklenburgische Gefangenschaft geführt, 1352 die Gültigkeit jenes Kaufs anerkennen. Überdies wurde zwischen seiner Tochter Richardis und Albrechts 2tem Sohne Albrecht III. (nachmaligem Könige in Schweden) ein Ehebündnis verabredet und so der Friede hergestellt.

Als nun 1357 Graf Otto starb, folgten ihm sein Bruder Nicolaus von Teckelnburg und dessen Sohn Otto II. Wiederum machte Herzog Albrecht diesem den Besitz streitig; er besetzte den größten Teil der Grafschaft, belagerte aber auch diesmal vergebens Schwerin, und verlor gegen die durch Lauenburger unterstützten Scharen der Grafen, die sich sogar der Stadt Plau bemeisterten, in der blutigen Schlacht auf dem Yellande den Kern seiner Mannschaft.

Indessen gelang es ihm dennoch, unter dem Titel eines Kaufes, durch den Vertrag von Plüschow (7ten Dez. 1358) die ganze Grafschaft, d. h. die Städte und Lande Schwerin, Wittenburg mit Zarentin, Hagenow und Egypten, Neustadt, Warnitz, das halbe Land Lenzen und die Ansprüche an das verpfändete Boizenburg für die geringe Summe von 20.000 Mark Silbers, i. e. 240.000 Lüb. Mark Silb., an sich zu bringen.

So war denn ein nicht unbeträchtlicher, seit fast 200 Jahren von dem Wendenlande getrennter, stark bevölkerter und gut angebauter Landstrich dem Hause Mecklenburg wieder gewonnen. Die alte Grafenburg wurde nun bald darauf Landeshauptstadt.