Haus Werle

In den werleschen oder wendischen Gebieten führte Nicolaus I. das Staatsruder seit der Mitte des 43ten Jahrhunderts mit Mut und Kraft, doch wenig vom Glücke begünstigt. Zu schwach, den Ansprüchen und Beeinträchtigungen der brandenburgischen Markgrafen erfolgreichen Widerstand zu leisten, verlor er gegen sie das Land Wesenberg mit der Lieze und das havelbergische Lehn Freienstein. Dagegen erwarb er aus dem richenbergischen Erbteile (cf. §. 12) die Lande Goldberg, Plau und Ture, und löste das an die Schwerinschen Grafen verpfändete Parchim ein. Unter ihm wurden Teterow und Laage zu Stadtgemeinden erhoben, und Güstrow, wohin er aus dem verfallenen Werk sein Hoflager verlegte, neu gestiftet. Er starb 1273. Seine Söhne Heinrich und Johann, schwächten den ohnehin sich kaum gegen seine mächtigen Nachbaren behauptenden Staat 1282 noch durch eine Teilung, wodurch die Linien Güstrow und Parchim entstanden.

Linie Werle-Güstrow. 1282—1307. Heinrich I. erhielt zu seinem Anteile die Lande Güstrow, Krakow, Werle, Schwaan, Lage, Teterow, Malchin, Penzlin und Waren. Gemeinschaftlich mit seinem Bruder erwarb er 1283, als Verbündeter Pommerns, das Land Stavenhagen mit dem 1232 gestifteten Kloster Ivenack unterpfändlich. Seiner boshaften Söhne, Heinrich und Nicolaus Ränke wider ihre Stiefmutter, Mathilde von Lüneburg, bewog ihn, seinen Sitz in Rostock, wo er die Vormundschaft für den unmündigen Fürsten Nicolaus das Kind führte, zu nehmen. Aber der Frevel seiner Söhne führte noch größere Verbrechen hervor. An einem trüben Herbstabende (8. Okt. 1294) ward die schwarze Tat vollendet; heimkehrend von einer Jagdpartie beim Fürsten Witzlaw von Rügen, fiel der Vater durch, die Hand seiner eignen Söhne bei Sahl. Voll Abscheu wendete das Land sich von den verruchten Vatermördern; Güstrow, Waren und Schwaan verschlossen ihnen die Tore. Nicolaus von Parchim trat sofort gegen sie auf und nahm das Land in Besitz. Inzwischen fanden die Vatermörder dennoch in Penzlin Anhang, und sogar Heinrich der Löwe von Mecklenburg, Brandenburg, Rügen, der Bischof und die Grafen von Schwerin traten auf ihre Seite. Aber mutig widerstand Nicolaus von Parchim der Übermacht, auf sein Recht und den Abscheu, den die schauderhafte Tat im ganzen Lande verbreitete, bauend, und erfocht den entscheidenden Sieg bei Parchim, 1292, wo allein 300 Mecklenburger fielen. Da von den Vatermördern Nicolaus zu Anfange des Jahrs 1293 starb, so wurde endlich dem. andern derselben, Heinrich II., durch Vermittlung seines Schwiegervaters, des Herzogs Barnim von Stettin, Stadt und Land Penzlin eingeräumt. Alles Übrige huldigte Nicolaus von Parchim.


Heinrich II., parricida, suchte später des Vaters Erbland wieder zu gewinnen, aber vergebens; denn als er in einer Fehde zwischen Nicolaus von Parchim und den Brandenburgern der letztern Partei ergriff, ward ihm 1307 auch Penzlin genommen, und er gezwungen, am Hofe von Stettin Schutz und Zuflucht zu suchen. So von dem rächenden Schicksale verfolgt, beschloss er, so wie sein Sohn Barnim, als Mönch in den Klostermauern von Kolbaz seine Tage. Sein Geschlecht erlosch.

Linie Werle-Parchim. 1282—1334. Nicolaus des ersten jüngerer Sohn, Johann I., erhielt bei der Teilung die Lande Malchow, Röbel, Wredenhagen, Ture, Plau, Goldberg und Parchim, starb aber schon, nachdem er mit seinem Bruder Stavenhagen erworben hatte, 1283.

Ihm folgten seine Söhne Nicolaus II. und Johann II. Des erstern kräftiges Auftreten gegen die Güstrowschen Vatermörder bewirkte die Wiedervereinigung der wendischen Lande. Unglück-lich aber kämpfte er mit Heinrich dem Löwen gegen den Dänenkönig, als dieser Rostock einnahm (cf. §. 15). Im Frieden musste Nicolaus Schwaan an Dänemark abtreten, wogegen er einen früher an Rostock verpfändeten Landstrich zwischen der Warnow und Reknitz wieder erhielt. Geldnot, veranlasst durch die kostbaren Kriegsrüstungen, nötigte ihn zur Verpfändung von Plau an Rügen; es ward 1298 wieder eingelöst. Später schloss er sich enger an Heinrich den Löwen, mit dem er 1302 eine Erbverbrüderung schloss, und den König Erich, der ihm seine Tochter Richenza zur Ehe gab, an und half den Sieg bei Schulzendorf erfechten. Als Nicolaus das Kind 1314 starb, erhielt er die Hälfte der Lande Kaland und Hard. Nicolaus starb gegen Ende des Jahrs 1316.

Sein Bruder Johann II., der Ältere, teilte nun abermals mit Nicolaus II. Sohn, Johann III. das wendische Land. Wiederum entstanden 2 getrennte Linien. Johann III., der Jüngere, erhielt Parchim, Goldberg, Dobbertin, Malchow, Teterow, Laage, Tessin und Malchin. Durch seine Vermählung mit Mathilde von Stettin verwandelte er 1320 den bisherigen Pfandbesitz von Stavenhagen und Ivenack in Erbeigentum. Gegen Heinrich den Löwen verlor er 1323 die Schlacht bei Friedrichsdorf und dadurch Tessin; dagegen schloss er sich im rügenschen Sukzessionsstreit an Mecklenburg an, und erwarb mit Werle-Güstrow den gemeinschaftlichen Pfandbesitz von Grimmen, Triebsees und der Hälfte der Abtei Neuencamp, so wie für gemistete Kriegshilfe die dänische Insel Moen (cf. §. 16). Die Grenzen sicherte er gegen die Räubereien des märkischen Adels durch Ankauf der Schlösser Meyenburg und Freierem, mit denen er vom Markgrafen Ludwig für 1.800 Mark Silber belehnt wurde. Auch kämpfte er später ohne Gewinn für den falschen Waldemar, und starb 1351.

Jüngere Linie Werle-Güstrow. 1316—1357. Johann II., der Ältere, erhielt bei der Teilung nach seines Bruders Tode, 1316, die Lande Güstrow, Krakow, Plau, Kaland, Waren, Penzlin und Röbel. Auch er kämpfte 1323 unglücklich gegen Heinrich den Löwen, erwarb 1328 durch den Brudersdorfer Frieden den Mitbesitz der rügischen Pfandbesitzungen, und in der Mark, ebenfalls pfandweise, Pritzwalk und Kyritz; doch waren diese schon 1339 wieder brandenburgisch. Er starb 1337. Seine Söhne, Nicolaus und Bernhard, regierten anfangs gemeinschaftlich; 1347 aber teilten sie das Land unter sich. So entstanden die Linien Werle - Güstrow und Werle-Güstrow-Waren. Davon weiter unter §. 23.