Vorteile und Nachteile der gemeinschaftlichen Notenzirkulation im deutschen Münzgebiet

Ist die Bezahlung von Kapital und Zinsen der österreichischen Staatspapiere in Metall gesichert, so erscheint eine gemeinschaftliche Notenzirkulation im ganzen Münzgebiete bei Durchführung der entwickelten Grundsätze nicht so schwierig, als es beim ersten Anblick sich darstellt, und wir können uns gemeinschaftliche Noten denken, welche durch Staatspapiere bis zum Betrag von 5 fl. Oestr. per Kopf gedeckt wären, wobei die weitere Emission mit Metall gedeckt werden müsste. Da die mit Metall gedeckten Noten dem Metallgeld gleich zu achten sind, so würden die Zirkulationsmittel im deutschen Münzgebiet in 1/4 Papiergeld und 3/4 Metallgeld bestehen, wenn 20 fl. auf den Kopf bares Geld nach sonstigen Annahmen gerechnet wird.

Der für die süddeutschen Staaten bei einer Verteilung der unverzinslichen Staatsschuld sich ergebende Überschuss würde in finanzieller Beziehung sehr lockend erscheinen, indem auf 9 Millionen Köpfe sich eine durch verzinsliche Staatspapiere zu deckende Summe von 45 Millionen Gulden östreichisch oder 30 Millionen Thaler ergeben würde, während bisher die Papierzirkulation nur 1 Thaler per Kopf oder etwa 9 Millionen Thaler in Süddeutschland betragen hat, und somit 21 Millionen Thaler von den übrigen Staaten des Münzgebietes an die süddeutschen Staaten zu verzinsen wären.


Diese lockende Seite darf uns aber nicht abhalten auch die Schattenseite zu betrachten und der niedrige Kurs der östreichischen Staatspapiere spricht deutlich genug, dass hier ganz verschiedene Werte in Betracht kommen. Es bleibt aber für die Staaten des deutschen Münzgebietes zu beherzigen, dass die Ungleichheit in den bestehenden Verhältnissen des Kapitalienmarktes liegt und die Nachteile für Süddeutschland um nichts geringer werden, wenn die in Silber gemeinschaftlichen Zirkulationsmittel in den Banknoten geschieden werden. Die verzinslichen Staatspapiere können nicht ausgeschieden werden und zirkulieren in großen Summen in Deutschland, diese bestimmen zugleich den Wert der Banknoten. Die östreichischen Staatspapiere, von welchen nach verschiedenen Schätzungen die Hälfte im Auslande zirkulieren soll, sind in dem deutsch-österreichischen Münzgebiet gegenwärtig für den Wechselkurs entscheidend und werden es künftig noch mehr sein, wenn gemeinschaftliche Münzen den Umsatz erleichtern. Diese gegenseitige Ausgleichung ist für die Staatsschuldenverwaltung und für die Staatsgläubiger gleich wünschenswert und entscheidend für den auswärtigen Besitzer von östreichischen Staatspapieren ist, ob der Wechselkurs zwischen Wien und dem Auslande auf pari sich erhält, das Zahlungsmittel mag in Österreich Papier oder Metall sein. Die Verschiedenheiten in dem Zinsfuß oder in dem Kurs der Staatspapiere zwischen Österreich und dem Zollverein werden bleiben, wenn auch der Wechselkurs sich gleich stellt oder die Valuta hergestellt sein wird, da für längere Zeit die Kapitalien in Österreich gesucht sein werden.

Wenn wir von dem gegenwärtigen Kurs der österreichischen Obligationen, welcher durch besondere Umstände gedrückt ist, aber absehen, so würden die Kapitalien auch zwischen Berlin und Frankfurt durch die erleichterte Übertragung der Schuldscheine und der Zinscoupons sich nach Bedarf hin und her bewegen. Die preußischen Zinscoupons und Schuldenverschreibungen sind hinsichtlich der Einhaltung der Zahlungsbedingungen gewiss nicht im Nachteil gegenüber von den süddeutschen Coupons und Obligationen, sie stehen aber gegenwärtig niedriger im Kurs, weil in Preußen für industrielle Unternehmungen aller Art mehr Kapitalien erfordert werden, als in Süddeutschland. So lange sich der Wechselkurs für Berlin günstig stellt, sind die preusßischen Staatspapiere in Frankfurt höher als in Berlin notiert, und die in Süddeutschland verfügbaren Kapitalien werden in norddeutschen Staatspapieren angelegt, weil die süddeutschen Papiere um 2 bis 3 % höher im Kurs stehen. Ein solcher Überfluss von Kapitalien in Süddeutschland scheint mit den bisherigen Erfahrungen im Widerspruch, erklärt sich aber mit dem Zuströmen von Kapitalien nach Süddeutschland. Dieser Überfluss ist wohl nur vorübergehend, der entgegengesetzte Fall, dass die Papiere in Norddeutschland höher stehen, als in Süddeutschland, wird aber unter veränderten Umständen ebenfalls zu erwarten sein und die Folge haben, dass die Wechselkurse sich für Süddeutschland günstig stellen und Kapitalien von Norddeutschland nach Süddeutschland übertragen werden. Die verzinslichen Wertpapiere werden nach Norddeutschland versendet werden, wenn Süddeutschland Kapitalien bedarf.

Es können hiernach in den drei Münzgebieten von Österreich, Preußen und Süddeutschland je nach dem Stande des Wechselkurses die Ausgleichungen durch Sicherheitspapiere statt durch Metalle und Banknoten bewerkstelligt werden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital