Gemeinschaftliche Banknoten für den Zollverein und Österreich

Besonders schwierig sind die Verhältnisse zwischen dem Zollvereinsgebiet und Österreich. Nach Abschluss des Münzvertrags ist mit gemeinschaftlichen Münzen auch die gegenseitige Annahme der Wertzeichen unvermeidlich, die Verhältnisse sind aber ungleich, wenn Österreich auf 380 bis 400 Millionen Gulden Banknoten wie gegenwärtig 90 bis 100 Millionen Gulden in Metall und 300 Millionen Gulden in verzinslichen Wertpapieren Deckung bietet, was auf den Kopf der Bevölkerung von 37 Millionen Köpfen gegen 8 fl. oder 5 1/3 Thlr. verzinsliche Deckung beträgt.

Auf der andern Seite hat Österreich das größte Interesse, die Metallwährung einzuführen, was nur mit großen Opfern möglich ist und keineswegs gesichert wäre, wenn auch 4/3 des Notenwerths mit 120 bis 130 Millionen Gulden in Silber aufgebracht sein wird, da bei jeder Krise ähnliche Zustände zurückkehren können, wenn nicht durch Vereinbarung in dem ganzen Münzgebiet für den nöthigen Metallvorrat gesorgt wird.


Der sehr willkührlich angenommene Grundsatz, dass l/3 Metalldeckung und 2/3 Deckung in Handelspapieren hinreichende Sicherheit biete, ist nur richtig, wenn die Bankgeschäfte für einen richtigen Stand des Wechselkurses immer Mittel schaffen und mit diesem auch die Staatspapiere im Kurs übereinstimmen. Der erforderliche Metallvorrat ist von der Wiener Bank nur in der Zirkulation zu halten, wenn der Kurs der österreichischen Metalliques in Wien mit dem Kurs der Metalliques auf den Börsen des Zollvereins sich gleich stellt. Das Metall wird aus Österreich ausströmen, so lange die österreichischen Metalliques und andere Wertpapiere in Wien höher notiert sind als in den Zollvereinsstaaten, das Metall der Zollvereinsstaaten wird aber nach Österreich strömen, sobald die verzinslichen Staatspapiere und andere Wertpapiere in Österreich wohlfeiler zu kaufen sind als auf den Börsen des Zollvereinsgebiets.

Mit dem Kurs der Staatspapiere steht der Diskont von Handelspapieren in innigem Zusammenhang, wie wir oben bemerkt. Bisher war einer Erhöhung des Diskonts in Wien das bestehende Wuchergesetz hinderlich, dessen Aufhebung längst in Aussicht gestellt wurde, da der niedere Diskont mit dem hohen Zinsfuß in Österreich im grellsten Widerspruch steht und nur den großen Geldmächten Vorteile bringt, ohne für den zahlreichen Mittelstand niedrige Zinsen zu veranlassen. Wie wir oben entwickelt haben, ist auch bei Festhaltung des Diskonts von 5 % die Ausgleichung der Geldbilanz und die Herstellung eines günstigen Wechselkurses möglich, es ist aber nicht zu verkennen, dass ein niedriger Diskont der Wiener Bank bei hohem Diskont der übrigen Banken die Herstellung der Valuta sehr erschwert.

Es ist mit Zuversicht zu erwarten, dass den Bestimmungen des Münzvertrags entsprechend Österreich bei Benutzung seiner Hilfsmittel die Metallzirkulation bis zum 1. Januar 1859 in Ordnung bringen werde; es ist aber die für die Staaten des gleichen Münzgebietes erforderliche Gleichheit nicht hergestellt, so lange nicht die mit verzinslichen Wertpapieren gedeckten Banknoten sich auf den gleichen verhältnismäßigen Betrag berechnen.

So misslich die Geldverhältnisse in dem deutsch-österreichischen Münzgebiet sich gegenwärtig darstellen, so sollten doch bei zweckmäßiger Anordnung und gegenseitigem Vertrauen sich geordnete Zustände herstellen lassen. Die Aufgabe der Vereinbarung über Papierzirkulation wäre in der kürzesten Zeit gelöst, wenn die gegenwärtigen Barvorräte der sämtlichen Banken in dem Gebiete des Münzvereins mit einer Bevölkerung von 70 Millionen Köpfen als hinreichend angesehen werden könnten und der Verkehr mit Sicherheitspapieren zweckmäßig unterstützt würde. So gewagt diese Behauptung erscheinen mag, so wird doch bei einer Vergleichung mit den Erfahrungen der englischen Geldzirkulation dies mit Grund behauptet werden können. England gestattet der Bank in London eine Deckung von 14 Millionen Pfd. Sterl. in verzinslichen Staatspapieren oder etwa 1/2 £ oder 5 fl. östreichisch pr. Kopf, was auf das deutsche Münzgebiet 350 Millionen Gulden verzinsliche Deckung betragen würde.

In Österreich sind 390 Mill. Gulden Papiergeld und im Zollverein 90 Mill. Thlr. = 135 Mill. Gulden Papiergeld, zusammen 525 Mill. Gulden Papiergeld.

Wenn nach dem aufgestellten Grundsatz 350 Millionen in verzinslichen Papieren gedeckt würden, so wäre eine Deckung in Metall von 175 Millionen Gulden erforderlich, was mit 1/3 Metalldeckung übereinstimmen würde. Die östreichische Bank besitzt gegenwärtig etwa 95 Millionen Gulden C. M. oder 100 Millionen Gulden neuer Währung, für die Banken des Zollvereins wären daher nur 75 Millionen Gulden oder 50 Millionen Thlr. in Metall erforderlich. Nach der Pr. Zeitung Nr. 105. von 1857 war der Barvorrat im April: bei der Preußischen Bank 33 ½ Mill. Thlr. bei den nicht Preußischen Banken 18 Mill. Thlr. zusammen 51 ½ Mill. Thlr. Barvorrat und es wären daher die gegenwärtigen Metallvorräte der Banken von Deutschland mit Österreich allein hinreichend, um die Deckung derjenigen Papiere zu geben, welche nicht durch verzinsliche Wertpapiere im Verhältnis von 5 fl. Oestr. pr. Kopf gedeckt werden sollen.

Die Deckung von 5 fl. Oestr. oder 3Thlr. durch verzinsliche Staatspapiere der verschiedenen deutschen Staaten würde um so mehr zulässig erscheinen, als nach den zuverlässigsten Schätzungen der Bedarf an Zirkulationsmitteln zu 18 bis 20 fl. östr. oder 21 bis 24 fl. süddeutsch pr. Kopf in Mitteleuropa angenommen werden muss, wobei die Summe noch bedeutend unter dem in Frankreich und Holland erhobenen Verhältnis sich berechnet, welches gegen das Doppelte oder 36 bis 40 fl. pr. Kopf beträgt.

Bei einer Vereinbarung auf 5 fl. östr. für den Kopf würde Österreich auf 37 Millionen Bevölkerung 185 Millionen Gulden verzinsliche Deckung treffen und bei der Emission von 390 Millionen Banknoten mit 100 Millionen Metalldeckung wären 290 Millionen Staatspapierdeckung vorhanden, was 105 Millionen über das erlaubte Maximum betrüge und den übrigen Staaten des Münzvereins mit etwa 4 ½ % verzinst werden müsste. Der jährliche Betrag von etwa 4 ¾ Millionen Gulden müsste an die Zollvereinsstaaten so lange bezahlt werden, bis diese verzinsliche Schuld getilgt, das heißt der entsprechende Teil des Papiergelds mit Metallgeld eingelöst wäre.

Wenn man bedenkt, welche Opfer Österreich der Herstellung der Valuta bereits gebracht hat und noch zu bringen haben wird, so ist die Verzinsung einer Schuld von 105 Millionen Gulden an die Zollvereinsstaaten gewiss als ein mäßiges Opfer anzusehen, was sich durch die Befestigung des Kredits und der Geldverhältnisse in kurzer Zeit bezahlt machen würde, und es wird sich nur fragen, ob die Zollvereinsstaaten einen solchen Vertrag würden eingehen können und welche Garantien werden erfordert werden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital