Für neue Unternehmungen sind ersparte Kapitalien erforderlich

So groß auch das im Besitz der englischen Nation befindliche Kapitalvermögen ist, so ist doch das zu neuen Unternehmungen verfügbare Kapital davon wohl zu unterscheiden und es treten bei der ganzen Nation dieselben Grundsätze in Wirkung, wie bei jedem einzelnen Staatsangehörigen, er sei reich oder arm. Für neue Einrichtungen kann jeder Hausvater jährlich nur so viel verwenden, als er an Kapital erspart hat, und um diess zu erheben, muss jeder geordnete Geschäftsmann am Anfang und am Ende des Jahrs ein Inventar aufnehmen, in welchem der Wert seiner Realitäten nach dem jeweiligen Verkaufswert an Grundstücken, Häusern, Produkten und Waren und seine Aktivausstände zu berechnen, die Passivausstände aber in Abzug zu bringen sind. Sein Inventar gibt den Ausweis, ob er mehr oder weniger konsumiert als produziert hat.

Bei jedem Jahresschluss muss auch das Kapitalvermögen richtig gestellt werden, welches bei Realitäten in Grundstücken, Häusern, Fabrikanlagen, nach dem für Ankauf und Einrichtung wirklich aufgewendeten Kapital sich berechnet. Dieser gebuchte Wert weicht aber von dem wirklichen Verkaufswert immer mehr oder weniger ab und ist sehr veränderlich, je nachdem die Werte der Güter steigen oder fallen. — Die in verzinslichen aufkündbaren Aktiv- und Passivkapitalien vorhandenen Werte sind genau bestimmt, der Wert der übrigen Realitäten wechselt aber wie der Wert der Aktien einer Gesellschaft, welcher nur nach der Rente oder der Dividende sich schätzen lässt. Der Besitzer einer Realität, sie mag in Grundstücken, Häusern oder industriellen Anlagen bestehen, muss das für den Ankauf und die Einrichtung aufgewendete Grundkapital in seinen Büchern vortragen, er mag dasselbe selbst besitzen oder Passivkapitalien darauf haften haben. Einen Teil des Überschusses verwendet der gute Haushälter zu Tilgung der Passivschulden oder des Grundkapitals. Ist die Realität der Abnutzung unterworfen, so muss jährlich eine Summe von dem Grundkapital abgeschrieben werden, welche der Abnützung entspricht und das auf den Büchern laufende Grundkapital entspricht dem richtigen Verkaufswert, wenn nicht ein allgemeines Steigen oder Fallen der Preise aller Realitäten eingetreten ist. — Bei einem Steigen der Güter kann das Grundkapital auf den Büchern erhöht werden, ohne dass den Rechner der Vorwurf einer Täuschung trifft, welche Unsicherheit durch Einschätzung von unparteiischen Sachverständigen zum Teil beseitigt werden kann. Bei einem Fallen der Güterpreise muss das Grundkapital auch auf den Büchern ermäßigt werden, wenn falsche Rechnungen vermieden werden wollen, in beiden Fällen ist aber wohl zu erwägen, dass die Einträge über den Betrag des Grund - und Betriebskapitals in den Büchern für den Verkaufswert einen richtigen Anhalt nicht geben, sondern dass nur der Verkaufspreis hierüber entscheidet, wenn ein Verkauf wirklich stattfindet, und dass von jedem Käufer der Verkaufswert nach der Rente des Kapitals geschätzt wird, wobei besondere Liebhabereien und Vorurteile den großen Durchschnitt nicht wesentlich ändern. Soll der Kaufschilling bar bezahlt werden, so ist vorhandenes Kapital erforderlich, und wenn der Käufer in einem Jahr so viel Kapital erspart hat, als der Kaufschilling beträgt, so bezahlt er den Kaufschilling von erspartem Kapital und es ist eine Vermehrung des Kapitalvermögens in diesem Betrag eingetreten; hat er aber nicht so viel erspart, so muss er den Kaufschilling zum Teil schuldig bleiben oder zur Bezahlung ein Aktivkapital verwenden.


Muss er zu Bezahlung des Kaufschillings eine Realität verkaufen, so kann diess ohne Verlust für ihn geschehen, wenn sich ein Käufer zu dem Preis findet, welchen er selbst ausgelegt und auf seinen Büchern hat, muss er aber, um sein neues Unternehmen zu bezahlen, unter dem Preis verkaufen, so findet für ihn ein Verlust statt, der durch das neue Unternehmen, wenn es einschlägt, gedeckt werden kann, der aber das neue Unternehmen um ebenso viel belastet. Dasselbe Verhältniss findet bei Warenwerthen statt mit dem Unterschied, dass der Wert des in den Waren vorhandenen Kapitals nicht nach der Rente, sondern nach dem jeweiligen Marktpreis geschätzt werden muss und viel rascheren Schwankungen unterworfen ist, wenn auch nach dem Durchschnitt von längern Zeiträumen die Warenpreise mit dem Aufwand an Kapital und Arbeit in das richtige Verhältnis sich stellen müssen.

Wir haben diese Verhältnisse desshalb so ausführlich erörtert, um klar zu machen, dass zu neuen Unternehmungen immer nur jährlich so viel Kapitalien zur Verfügung stehen, als jährlich erspart werden und dass alle Kreditoperationen auf einer falschen Grundlage beruhen, welche diesen Grundsatz außer Acht lassen.

Was bei einem Unternehmen stattfindet, ist auch für alle übrigen Staatsangehörigen gültig. Beabsichtigt ein Unternehmer größere Kapitalanlagen als seine Ersparnisse betragen, so muss er seine Passiven vermehren. Hat ein anderer Hausvater bei Fertigung seines Inventars einen Ausfall, welcher nachweist, dass er mehr konsumiert als produziert hat, so hat sein Kapitalvermögen um ebenso viel abgenommen und wenn beide Hausväter bei der Berechnung des ganzen Volksvermögens zusammengerechnet werden, so hat das Volksvermögen durch sie weder zugenommen noch abgenommen, wenn der eine so viel verloren als der andere gewonnen hat.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Geld und Kapital