Geist gebannt.

Neugesammelte Volkssagen aus dem Lande Baden und den angrenzenden Gegenden.
Autor: Baader, Bernhard ca. 1801-1859, Erscheinungsjahr: 1859
Themenbereiche
In einem Haus auf dem Dinkelberg spukte der verstorbene Eigenthümer so arg, daß die Bewohner beschlossen, ihn fortzuschaffen. Zu diesem Zweck ließen sie nacheinander einige Geistliche kommen; aber keiner derselben vermochte über das Gespenst Herr zu werden. Endlich ward ein Priester von ausgezeichneter Frömmigkeit berufen, zu welchem der Geist gleich sagte: »Was willst Du mit mir, hast Du nicht auch einmal, beim Vorbeigehen an einem Rübenacker, eine Rübe herausgezogen?« »Ja, das habe ich gethan,« antwortete der Geistliche, »aber weißt Du nicht, daß ich nur die eine Hälfte aß und in die andere, welche ich zurückließ, einen Groschen steckte und damit die ganze Rübe übergenug bezahlte?« Auf dieses mußte das Gespenst schweigen und dann, auf des Priesters Beschwörung, sich in eine Flasche begeben. Dieselbe wurde nun zugedeckt und von einem rüstigen Mann in einem neuen Reff nach dem Feldberg, dem Bestimmungsort des Geistes, getragen. Unterwegs durfte der Mann nicht rückwärts sehen, keinen Schritt zurückgehen und das Reff nicht abstellen, obgleich die Flasche von Schritt zu Schritt schwerer wurde. Als er anfing, den Feldberg zu besteigen, rief hinter ihm eine Stimme: »He, ihr geht ja fehl, wenn ihr auf den Feldberg wollt, so müßt ihr den andern Weg einschlagen!« Betroffen schaute er um, und erblickte Niemand; aber im Augenblick war die Flasche weg und wieder in dem Hause. Auf's Neue mußte er sie von dort forttragen, diesmal jedoch machte er Alles recht und gelangte, von seiner Last fast erdrückt, auf den Gipfel des Feldbergs, wo das Gespenst zu bleiben gezwungen war. Auf diesen Berg sind noch viele Geister gebannt, welche nach Kreuzerhöhung Nachts das Vieh in den dortigen Ställen so arg plagen, daß die Hirten um diese Zeit mit ihren Heerden den Berg verlassen müssen.