Abschnitt. 6
Es sey uns jetzt gestattet, auf die Nachrichten zurückzukommen, welche über die Hansegrafen zu Bremen im J. 1395 uns aufbehalten sind, welche die offenbar älteren Verhältnisse dieses Amtes entweder angeben, oder abändern. Es werden in dem Denkelbuche dieser Stadt als deren Aemter, nachdem sie Mitglieder des Rathes bildeten, angegeben:
1. Die Annahme und Beeidigung der Bürger und die Verwahrung des Bürgerbuches. Dieses Geschäft möchte als ein ursprüngliches zu betrachten seyn, so fern die Bürgerschaft oder Bürgergilde von der Gilde oder Hanse der Kaufleute ausgegangen ist.
2. Sie sollen von dem Bürgergelde die Wege ausserhalb der Stadt machen lassen und in der Stadt über die Strassen das Regier haben. Diese Function trifft mit der des Hansegrafen zu Regensburg überein, welcher mit den Kaufleuten über den Zustand der Strassen zu Lande und zu Wasser berathschlagte.
3. Es wurde denselben die Führung des Denkelbuches übertragen, welche früher den Kämmerern oblag, für welche Arbeit ihnen das Hansegeld und dagegen den Bürgermeistern von dem Bürgergeide 2 Mark jährlich als Ersatz für das Hansegeld, welches diese von Alters her zu erhalten pflegten, gegeben wurde. Diese ursprüngliche Verbindung, wenn nicht Identität, der Bürgermeister und der Hansegrafen scheint unsere Meinung über die frühere grosse Bedeutung der letzteren in den kleinen Anfängen des städtischen Kreises sehr zu bestätigen.
In den Städten, welche auf freyere Verfassung begründet waren, wozu im Allgemeinen wohl die enghschen Städte zu rechnen sind, finden sich keine der Hanse *) oder Gilde vorgesetzte Grafen, sondern Oldermannen derselben, wie bey den Hamburgern und Lübeckern in dem auch von Bremen angenommenen ältesten Schiffrechte, wobey jedoch es zu bemerken ist, dass der Nahme ihrer Hansen nur im Auslande, nie aber in städtischen Beziehungen nachgewiesen ist. Die Vereine der nach gewissen Gegenden handelnden Raufleute bildeten hier ursprünglich keinen Bestandtheil der städtischen Verfassung, wie etwa die Gilden der Wechsler und Handwerker, und sie waren nur in so fern geschlossen, als der Bürger einer Stadt, welcher nach London, Utrecht oder andern Orten, wo seine Mitbürger eine Hanse errichtet hatten, dort gewisse Bedingungen zur Aufnahme zu erfüllen hatte.
Die Verfügungen dieser Hansen bedurften jedoch bald einer Bestätigung des heimischen Gesammtvereines, um die Beschlüsse der Morgensprache gegen die Widerspenstigen auszuführen, so wie um eine zweyte Instanz in dem städtischen Obergerichte oder Rathe für jene begründen zu können. Die Hauptbestimmungen dieser Hansen waren, wie wir aus den vorhandenen Nachrichten deutlich schliessen können, die Erhaltung des National- oder neueren Stadtrechtes so wie der autonomischen Verfügungen, ferner die Haltung der Morgensprache unter dem von den Hansebrüdern erwähnten Oldermanne und die Obacht für die gemeinschaftlichen Handels-Interessen der Hansebrüder. An diese knüpfte sich auch die Sorge für geistliche Anforderungen, die Stiftung von Messen, Erhaltung eines Priesters, eine Grabstätte für die im Auslande Verstorbenen, so wie ferner die Ausführung geselliger Zwecke während des Aufenthaltes im fremden Lande. Diese Privathansen haben sich noch lange nach der Bildung der grossen Hanse erhalten, wie nahmentlich von Hamburg sich nachweisen lässt, welches vor 1270 Hansen zu Utrecht und Ostkerken bey Sluys besass, und wo wir die Statuten der hamburgischen Kaufleute zu Stavern v. J. 1380, derer zu Amsterdam v. J. 1384, so wie beider bereits v. J. 1365 kennen, so wie derjenigen zu Sluys, welche wir früher in Ostkerken fanden und welche hernach den allgemeinen Nahmen der Flanderfahrer erhielten, v. J. 1402, wo noch im 16ten Jahrhunderte eine hamburgische Capelle vorhanden war.
Wenn gleich die Hansebrüder keinem ihrer Mitbürger den Handel nach einem Orte verwehren konnten, da die Handelsprivilegien gewöhnlich vom Rathe und der ganzen bürgerlichen Gemeinde erworben wurden, so musste ihnen dennoch die Aufnahme in ihre freye Genossenschaft im Einzelnen überlassen bleiben, um so mehr da bey längerem Aufenthalte an den einzelnen Orten sich häufig die Hansen ein Vermögen in Grundstücken erworben und andere Einrichtungen und Stiftungen errichtet hatten, zu deren Grenusse anderer Theilnahme ohne Einschränkung zuzulassen sie nicht verpflichtet werden konnten. Auch Fremde wurden zu diesen Hansen theilweise gelassen, wie Kaiser Friedrich II. 1226 von derjenigen der Cölner, Thieler und deren Genossen in England die Zulassung der Lübecker verlangte; und wie die Aufnahme des Hamburger Schiffrechtes bey den Bremern unter fortbestehender Appellation von der Hanse in Flandern nach Hamburg zu beweisen scneint.
*) Es ist nicht zu übersehen, dass der Ausdruck Hansen in allen Zeiten für die Mitglieder einer Hansa oder Hense, Hansebrüder oder Kaufleute von der Hanse nie vorkommt. Wenn daher das deutsch-lateinische Zwitterwort Hanseaten verworfen wird, so lässt sich der Ausdruck Hansen für die zur Hanse Berechtigten, die Hansischen, durch sein Alter gleichfalls nicht füglich rechtfertigen.
1. Die Annahme und Beeidigung der Bürger und die Verwahrung des Bürgerbuches. Dieses Geschäft möchte als ein ursprüngliches zu betrachten seyn, so fern die Bürgerschaft oder Bürgergilde von der Gilde oder Hanse der Kaufleute ausgegangen ist.
2. Sie sollen von dem Bürgergelde die Wege ausserhalb der Stadt machen lassen und in der Stadt über die Strassen das Regier haben. Diese Function trifft mit der des Hansegrafen zu Regensburg überein, welcher mit den Kaufleuten über den Zustand der Strassen zu Lande und zu Wasser berathschlagte.
3. Es wurde denselben die Führung des Denkelbuches übertragen, welche früher den Kämmerern oblag, für welche Arbeit ihnen das Hansegeld und dagegen den Bürgermeistern von dem Bürgergeide 2 Mark jährlich als Ersatz für das Hansegeld, welches diese von Alters her zu erhalten pflegten, gegeben wurde. Diese ursprüngliche Verbindung, wenn nicht Identität, der Bürgermeister und der Hansegrafen scheint unsere Meinung über die frühere grosse Bedeutung der letzteren in den kleinen Anfängen des städtischen Kreises sehr zu bestätigen.
In den Städten, welche auf freyere Verfassung begründet waren, wozu im Allgemeinen wohl die enghschen Städte zu rechnen sind, finden sich keine der Hanse *) oder Gilde vorgesetzte Grafen, sondern Oldermannen derselben, wie bey den Hamburgern und Lübeckern in dem auch von Bremen angenommenen ältesten Schiffrechte, wobey jedoch es zu bemerken ist, dass der Nahme ihrer Hansen nur im Auslande, nie aber in städtischen Beziehungen nachgewiesen ist. Die Vereine der nach gewissen Gegenden handelnden Raufleute bildeten hier ursprünglich keinen Bestandtheil der städtischen Verfassung, wie etwa die Gilden der Wechsler und Handwerker, und sie waren nur in so fern geschlossen, als der Bürger einer Stadt, welcher nach London, Utrecht oder andern Orten, wo seine Mitbürger eine Hanse errichtet hatten, dort gewisse Bedingungen zur Aufnahme zu erfüllen hatte.
Die Verfügungen dieser Hansen bedurften jedoch bald einer Bestätigung des heimischen Gesammtvereines, um die Beschlüsse der Morgensprache gegen die Widerspenstigen auszuführen, so wie um eine zweyte Instanz in dem städtischen Obergerichte oder Rathe für jene begründen zu können. Die Hauptbestimmungen dieser Hansen waren, wie wir aus den vorhandenen Nachrichten deutlich schliessen können, die Erhaltung des National- oder neueren Stadtrechtes so wie der autonomischen Verfügungen, ferner die Haltung der Morgensprache unter dem von den Hansebrüdern erwähnten Oldermanne und die Obacht für die gemeinschaftlichen Handels-Interessen der Hansebrüder. An diese knüpfte sich auch die Sorge für geistliche Anforderungen, die Stiftung von Messen, Erhaltung eines Priesters, eine Grabstätte für die im Auslande Verstorbenen, so wie ferner die Ausführung geselliger Zwecke während des Aufenthaltes im fremden Lande. Diese Privathansen haben sich noch lange nach der Bildung der grossen Hanse erhalten, wie nahmentlich von Hamburg sich nachweisen lässt, welches vor 1270 Hansen zu Utrecht und Ostkerken bey Sluys besass, und wo wir die Statuten der hamburgischen Kaufleute zu Stavern v. J. 1380, derer zu Amsterdam v. J. 1384, so wie beider bereits v. J. 1365 kennen, so wie derjenigen zu Sluys, welche wir früher in Ostkerken fanden und welche hernach den allgemeinen Nahmen der Flanderfahrer erhielten, v. J. 1402, wo noch im 16ten Jahrhunderte eine hamburgische Capelle vorhanden war.
Wenn gleich die Hansebrüder keinem ihrer Mitbürger den Handel nach einem Orte verwehren konnten, da die Handelsprivilegien gewöhnlich vom Rathe und der ganzen bürgerlichen Gemeinde erworben wurden, so musste ihnen dennoch die Aufnahme in ihre freye Genossenschaft im Einzelnen überlassen bleiben, um so mehr da bey längerem Aufenthalte an den einzelnen Orten sich häufig die Hansen ein Vermögen in Grundstücken erworben und andere Einrichtungen und Stiftungen errichtet hatten, zu deren Grenusse anderer Theilnahme ohne Einschränkung zuzulassen sie nicht verpflichtet werden konnten. Auch Fremde wurden zu diesen Hansen theilweise gelassen, wie Kaiser Friedrich II. 1226 von derjenigen der Cölner, Thieler und deren Genossen in England die Zulassung der Lübecker verlangte; und wie die Aufnahme des Hamburger Schiffrechtes bey den Bremern unter fortbestehender Appellation von der Hanse in Flandern nach Hamburg zu beweisen scneint.
*) Es ist nicht zu übersehen, dass der Ausdruck Hansen in allen Zeiten für die Mitglieder einer Hansa oder Hense, Hansebrüder oder Kaufleute von der Hanse nie vorkommt. Wenn daher das deutsch-lateinische Zwitterwort Hanseaten verworfen wird, so lässt sich der Ausdruck Hansen für die zur Hanse Berechtigten, die Hansischen, durch sein Alter gleichfalls nicht füglich rechtfertigen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches G. F. Sartorius Freiherrn von Waltershausen Urkundliche Geschichte des Ursprunges der deutschen Hanse. Bd 1