Abschnitt. 2

Zweck und Behandlung des nachfolgenden Werkes waren nicht allein genau bestimmt, sondern die Abhandlung schon entworfen, die Urkundensammlung im Allgemeinen geordnet und von beiden ein beträchtlicher Theil bereits abgedruckt (jene bis zum Bogen O, diese bis zum Bogen 23), als den hochgeachteten academischen Lehrer und Geschichtsschreiber der Hanse ein unerwarteter Tod der schönsten Wirksamkeit entriss und ihm den Genuss eines edlen Bestrebens, das theure Werk seines Liebens vollendet zu sehen, raubte. Der nunmehrige Herausgeber des hinterlassenen Manuscriptes, dem die letzte Revision des Verfassers noch fehlte, ließ sich zur Uebernahme dieses allerdings schon an sich lästigen und durch die Entfernung vom Druckorte sehr erschwerten Geschäftes bewegen, theils durch die Betrachtung, dass die fernere Bearbeitung der Urkunden am zweckmässigsten dort besorgt würde, wo viele Original - Urkunden und glaubwürdige Abschriften, wie in Hamburg und in dem benachbarten Lübeck vorhanden sind, theils durch die sich ergebende Schwierigkeit einen Gelehrten zu finden, welcher mit der vorliegenden Masse von Einzelheiten und verschiedenartigen Beziehungen der Geschichte der Hansestädte ohne zu grossen Verzug sich würde vertraut machen wollen, während einem hansestädtischen Archivare diese Anstrengung als verhältnissmässig gering erscheinen durfte. Vor allem jedoch sprach bey ihm hier das Interesse, welches er seit frühen Jahren dem Gegenstande selbst, so wie seit mehreren der Arbeit des emsigen Forschers, der viele durch ihn aufgesuchte und erläuterte Urkunden von ihm erhalten und über manche wesentliche Ansicht *) sich mit ihm verständigt hatte, zu widmen pflegte. Da Abweichungen von dem Plane des Verfassers wenig wünschenswerth und zuweilen unthunlich waren, so hat der Herausgeber in dem erzählenden Theile wenig hinzugesetzt und nur geändert, wo jener, wenn darauf aufmerksam geworden, es unstreitig selbst gethan haben würde: mehr jedoch, wenn gleich mit derselben Rücksicht, bey den Urkunden und Recessen, deren Bearbeitung Sartorius noch nicht abgeschlossen hatte und welche noch viele Ergänzungen, Vergleichungen und Erläuterungen erforderte. Diesen seinen Antheil an dem Werke jedesmal näher zu bezeichnen schien dem Herausgeber bey seinem engen Verhältnisse zu demselben unnöthig, so wie umnöglich; nur an einigen sehr wenigen Stellen, welche auf einer von Sartorius abweichenden Ansicht beruhen, ist solches in den Anmerkungen angedeutet. Im Allgemeinen wird derjenige, dem daran liegen sollte, den Antheil desselben an dem von Sartorius unvollendeten Theile des Werkes aus demjenigen, was er in den Nachträgen zu den bey Uebernahme desselben bereits gedruckten Bogen hinzugefügt hat, ermessen können, so wie auch aus der Nothwendigkeit, welche sich ergeben hat, das auf einen Band berechnete Werk nunmehr in zwey Theilen erscheinen zu lassen. Bey dem Abdrucke der Urkunden ist die grösste Genauigkeit zum Gesetze gemacht; wo es möglich war, sind die von Sartorius gesammelten Abschriften mit den Originalen neu verglichen und sind diese buchstäblich abgedruckt; woher häufig die grosse Ungleichheit der Schreibart und oft selbst der Wortbildung, welche in manchen Urkunden sich findet, hat wiedergegeben werden müssen; nur bey einigen ganz neuen, offenbar ungenauen Abschriften, deren Originale nicht mehr verglichen werden konnten, hat der Herausgeber sich zuweilen einige aus der Vergleichung mit den ihm bekannten gleichzeitigen Original-Urkunden sich ergebende Berichtigungen erlaubt. Dagegen hat er sich durchgängig bemüht, durch Hinzufügung einer für geübtere Leser vielleicht entbehrlichen, doch hoffentlich nicht lästigen Interpunction, das Verständniss der Urkunden zu erleichtern.

Seine Bemühungen aus anderen Archiven, als dem hamburgischen das Urkundenbuch mit Einschaltungen und Zusätzen zu bereichern, sind, mit wenigen Ausnahmen, nicht sehr glücklich gewesen; unter diesen Ausnahmen sind vorzüglich die durch die Güte des Herrn Professor Michelsen zu Kiel, damahls zu Copenhagen, erhaltenen Urkunden, auf welche der Herausgeber durch Suhm's Geschichte von Dänmark aufmerksam geworden war, zu nennen. Es hat sich hiedurch auf eine ausgezeichnete Weise bewährt, mit welchem Eifer Sartorius die ihm zugänglichen Archive benutzt hat, wie denn namentlich zu Lübeck, wo Herr Professor Grautoff für den Herausgeber mit geübtem Auge und unermüdlicher Beharrlichkeit neue Vergleichungen von Urkunden und fernere Nachforschungen anzustellen die mit innigem Danke anzuerkennende Güte gehabt hat, nur wenig Erhebliches aufzufinden gewesen ist. Die Sammlung der Urkunden für die ältere Geschichte der Hanse möchte denn vielleicht, so weit wenigstens die Archive der grössern Städte des Vereines sie liefern können, als geschlossen anzusehen seyn, wenn nicht zu hoffen stände, dass die jetzt dargebotene der Anlass zu und der Leitfaden bey neuen Nachforschungen werde, besonders in den Archiven mancher weniger wichtigen Mitglieder des Bundes, so wie derer, welche ausserhalb Deutschlands lagen, von denen nebst anderen die Stadt Campen eine sehr hervortretende Stelle in der älteren Geschichte des Bundes einnahm.


Die erste Entstehung desselben wird jedoch in städtischen Urkunden nie vollständig nachzuweisen seyn, da sie auf allgemeinen Verhältnissen jener Zeiten beruht, welche Sartorius nur sehr kurz oder gar nicht berührt hat. Es wird daher dem Herausgeber, verstattet seyn, sie, mit einigen anderen verwandten, die in der Sartoriusschen Abhandlung gegebene Darstellung erläuternden oder ergänzenden Bemerkungen, welche in dem von ihm revidirten Theile des Werkes und den Zusätzen keine passende Stelle gefunden haben, in diesem Vorworte kurz zu entwickeln.



*) Namentlich die von Sartorius nunmehr durch manche neue Urkunden bestätigte Ansicht daß der Hansebund zunächst von den Vereinen deutscher Kaufleute in der Fremde ausging und dass die deutschen Städte sich erst später zu dem gemeinschaftlichen Schutze dieser Factoreyea vereinigten. In aller Kürze hatte ich gelegentlich diese Ansichten augedeutet in den Berliner Jahrb. f. wissensch. Kritik., 1828. Febr. S.291. u.flgd.