Abschnitt. 2

In drei Wochen, wie schon hervorgehoben, war der Widerstand der Quitzows gebrochen, ein Ereignis von solcher Bedeutung und Tragweite, daß es nicht verwundern darf, dasselbe, ähnlich wie die Schlacht am Kremmer Damm, in einer Ballade gefeiert zu sehen. Nikolaus Uppschlacht, Bürger zu Brandenburg, war der Verfasser dieser Ballade. Sie selbst aber lautet:

Und Christ im Himmel erbarmte sich,
Da gab er zum Trost uns männiglich
Unseren Markgraf Friederich,
Einen Fürsten lobesamen.
Das ist ein Fürst von solcher Art:
In ihm sind Kraft und Mut gepaart;
Ob Laien oder wohlgelahrt,
Alle preisen seinen Namen.
Zu loben ihn uns wohl ansteht,
Ihn, den so lange die Mark erfleht;
Gott selber in seiner Majestät
Hat ihn uns erwecket.
Seit Kaiser Karl zu Prag uns starb,
Das Land verkam, das Land verdarb,
Bis Friedrich unsre Mark erwarb,
Das hat die Räuber erschrecket.
Und die ihm wollten widerstehn,
Wie der Kuckuck waren sie anzusehn,
Er war der Adler, sie waren die Krähn,
Er zerstäubte sie geschwinde.


Nach diesem Vorgesange, der sich huldigend an die Person Friedrichs wendet, beginnt das eigentlich Historische.

Die Quitzowschen schwuren einen Eid:
„Wir machen ihm das Land zuleid“,
Und dazu waren sie wohl bereit
Mit ihrem Ingesinde.
„Was soll der Nürrenberger Tand?
Ein Spielzeug nur in unsrer Hand,
Wir sind die Herren in diesem Land
Und wollen es beweisen.
Und regnet’s Fürsten noch ein Jahr,
Das macht nicht Furcht uns und Gefahr,
Er soll uns krümmen nicht ein Haar,
Nach Hause soll er reisen.
Und kommt zu Fuß er oder Pferd,
Uns dünkt es keinen Heller wert,
Er muß dem Land entsagen.
Und will er nicht, es tut nicht gut,
Wir stehen mutig seinem Mut,
Zehn Schlösser sind in unsrer Hut,
Er soll uns nicht verjagen.“

Und nachdem so die Quitzowschen in ihrem Trotz und ihrer Auflehnung eingeführt sind, führt uns das Lied zu den verbündeten Fürstlichkeiten und ihrer beginnenden Aktion hinüber.

Als das die Fürstenschaft vernahm,
In Hasten alles zusammenkam,
Einem jeden wär es Schimpf und Scham,
Wär er nicht gekommen.
Der Bischof von Magdeburg war zu Hand,
Günther von Schwarzburg ist er genannt,
Nach Plaue hat er sich gewandt
Und die „Grete“ mitgenommen.
Dann zog heran ein Sachsen-Hauf,
Herzog Rudolf allen vorauf,
Nach Golzow nahm er Ziel und Lauf
Und stellte sich vor die Veste.
Da ließ er schwenken seine Fahn:
„Ich denke, rasch ist gut getan,
Laßt uns an ein Stürmen gahn
Und jeder tue das Beste.“
Burggraf Friedrich aber vor Friesack zog,
Der Graben war tief, die Mauer war hoch,
Aber die Franken stürmten doch.

Alle wollten sie Ritter werden.
Ein Hagel von Pfeilen sie flugs empfing,
Da schützte nicht Schiene, nicht Panzerring,
Mancher Pfeil bis in das Herze ging,
Und viele sanken zur Erden.
Pfeile flogen und Kugel und Stein,
Da riefen die Franken: „Tritt für uns ein,
Maria, woll uns gnädig sein,
Auf daß der Hochmut erliege.“
Die Heilige Jungfrau, sie war es gewillt,
Sie lieh den Stürmenden ihren Schild,
Ein jeder sah ihr Himmelsbild,
Und so schritten sie zum Siege.
Das Wetter war kraus und ungestalt,
Es regnete, schneite und war kalt
Die Schlösser kamen in unsre Gewalt
Weil Gott im Himmel es wollte.
Friesack, Plaue, Rathenow
Und Golzow und Beuthen ebenso,
Sie huldigen Friedrich. Und alle sind froh,
Daß Recht Recht bleiben sollte.
Die Fürsten lenkten heimwärts ein,
Desgleichen die Städte, groß und klein;
Viele waren geschossen durch Hüft und Bein
Und hinkten nach Haus an Krücken.

Und nun folgt wieder ein frommer und vor dem neuen Fürsten sich abermals verneigender Nachgesang.

Ach, reicher Gott, den Fürsten gut
Nimm ihn gnädig in deine Hut
Und woll ihn durch dein heilig Blut
Erquicken und beglücken.
Auch seiner edlen Fraue zart,
Sein deine Gnaden aufgespart,
Dann sind allbeide wohlbewahrt
In deinem Himmel droben.
In deinem Himmel, nach dem wir schaun,
Auf den wir all in Hoffnung baun,
Um willen Unsrer Lieben Fraun,
Die wir rühmen und preisen und loben.
Er aber, der diesen Reigen erfand,
Niklas Uppschlacht wird er genannt
In Brandenburg ist er wohlbekannt,
Er pries den Fürsten mit Fleiße.

So das Lied, dessen Verfasser, Niklas Uppschlacht, als der erste hohenzollernsche Hofdichter angesehen werden darf. Worin sein Lohn bestanden, wird nicht erzählt. Jedenfalls wird derselbe hinter dem Ehrensolde Tennysons, der für seinen neuesten Hymnus auf das fünfzigjährige Regierungsjubiläum der Königin Victoria 10.000 Lstr. erhalten haben soll, erheblich zurückgeblieben sein. Denn für 10.000 Lstr. kaufte man damals die ganze Mark Brandenburg, Uppschlacht mit eingeschlachtet.