Abschnitt. 1
Dieselbe fand bei Kremmen statt und führt den Namen der „Schlacht am Kremmer Damm“. Sicherlich war es keine Schlacht in unserm Sinne, kaum ein Gefecht, und die Verluste, soweit die Zahl mitspricht, werden hüben und drüben sehr unbedeutend gewesen sein, dennoch lebt das Ereignis frischer in der Erinnerung fort als manche große Schlacht, die Brandenburg-Preußen seitdem geschlagen hat. In dieser Beziehung stellt sich das am Kremmer Damm erfolgte Rencontre dem Tage von Fehrbellin zur Seite, während es, auf das Taktisch-Strategische hin angesehen – wenn so große Worte bei so kleinen Vorgängen überhaupt gebraucht werden dürfen – einem achtundsiebzig Jahre früher an genau derselben Stelle mit genau demselben Feinde stattgehabten Kampfe gleicht, der ebenfalls den Namen einer Schlacht am Kremmer Damm führt. Es gibt also zwei Schlachten dieses Namens:
eine (die frühere), die 1334 zwischen Herzog Barnim von Pommern und Markgraf Ludwig von Brandenburg,
und eine zweite (die unsere), die 1412 zwischen den Pommernherzögen Otto und Casimir und Burggraf Friedrich ausgefochten wurde.
Die voraufgegangene Schlacht von 1334 genießt des Vorzugs, in einer schönen und charakteristischen Volksballade behandelt zu sein, die hier mitzuteilen ich mir aus verschiedenen Gründen nicht versagen möchte.
Die erste Schlacht am Kremmer Damm (Zwischen Herzog Barnim von Pommern und Markgraf Ludwig von Brandenburg 1334)
Als Herzog Barnim, der kleine Mann
(Um mit Markgraf Ludwig zu fechten),
Kam bis an den Kremmer Damm heran,
Sprach er zu Rittern und Knechten:
„Das Kremmer Luch ist ein garstig Loch,
Und den Feind daraus zu vertreiben,
Ich denke, Leute, wir lassen’s noch
Und wollen diesseits bleiben.
Wir schreiben aus eine große Steur,
Und wer sich nicht will bequemen,
Den zwingen wir mit Wasser und Feur
Und wollen das Vieh ihm nehmen.“
Der Rat gefiel den Pommern all,
Und verquer und an den Ecken
Gruben sie hastig Graben und Wall,
Dahinter sich zu verstecken...
Hier wechselt nun die Szene, das Lied springt von drüben nach hüben oder, was dasselbe sagen will, von der pommerschen nach der märkischen Seite hinüber und fährt fort:
Markgraf Ludwig, der tapfere Held,
Drüben sah man ihn reiten,
Er dachte, „die Pommern stehen im Feld
Und werden den Damm überschreiten“.
Als aber keiner sich’s unterband,
Ließ er seinen Trompeter kommen
Und sagte: „Nimm deine Trompet in die Hand
Und blas, bis sie’s drüben vernommen.
Und sage dem Herzog Barnim an,
Ich hätte groß Verlangen,
Ihn und seine Ritter, Mann für Mann,
Hier diesseits zu empfangen.
Und wenn es hier diesseits ihm nicht behagt,
So wollt ich ihm versprechen,
Auch auf dem Luch-Damm unverzagt
Eine Lanze mit ihm zu brechen.“
Drauf der Herzog: er woll ihm Rede stehn,
Nichtkommen, das dünk ihm Sünde
Nun hebt der Kampf an und scheint den Pommern den Sieg verbürgen zu wollen, als diese jedoch vordringen, um ihren Erfolg auszubeuten, büßen sie diesen wieder ein und werden zum Rückzuge gezwungen. Im Lied aber heißt es weiter:
Vom Graben ging’s auf den Damm hinauf,
Drauf standen dicht die Märker,
Die wehrten sich einzeln und zu Hauf,
Aber Herzog Barnim war stärker.
Die Märkischen konnten nicht bestahn,
Das Luch war ihr Verderben,
Und viele mußten da liegen gahn
Und ohne Wunde sterben.
Und mählich wichen sie Schritt für Schritt,
Vor Kremmen weiter zu fechten,
Die Pommern folgten im festen Tritt
Die Ritter mitsamt den Knechten.
Aber vor Kremmen hielt man an
Und mußte draußen bleiben,
Die Märkischen standen da Mann für Mann
Und waren nicht zu vertreiben.
Sie schossen hinunter aus Turm und Tor
In das pommersche Gedränge,
Dann drängten sie selber wieder vor,
Tote gab es die Menge.
Da sprach Schwerin: „Das tut kein gut,
Laßt uns den Damm erfassen,
Oder wir müssen unser Blut
Hier alle vor Kremmen lassen.“
So zogen sie wieder dem Damme zu,
Heimwärts ohne Schimpf und Schade,
Zuletzt ging auch der Krieg zu Ruh –
Gott geh uns seine Gnade.
Ganz im Einklange mit der Schilderung, die die vorstehende Volksballade von dem ersten Kampfe bei Kremmen gibt, verlief auch der zweite, der unsere. Diesseit des Dammes, in Stadt und Schloß Kremmen, standen die Märkischen unter Führung oder vielleicht auch nur in Gemeinschaft mit einer Anzahl fränkischer Ritter, die den Burggrafen Friedrich aus seinem Erblande her in die Mark begleitet hatten; drüben, jenseits des Dammes, aber standen die Herzöge von Stettin. Und genau wie zu Herzog Barnims Zeiten drangen die Pommern auch heute wieder auf dem durch das sogenannte „Luch“ sich hinziehenden Kremmer Damm vor und errangen insoweit einen Vorteil, als die Märker, trotz des Versuches dazu, dies Vordringen nicht hindern konnten. Als aber, nach diesem ersten unzweifelhaften Erfolge der beiden Herzöge, der Sieg perfekt gemacht und Stadt und Schloß Kremmen mit stürmender Hand genommen werden sollte, versagte den Pommern die Kraft zu diesem Abschluß der Aktion, weshalb sie sich genötigt sahen, über den von ihnen eroberten Damm ihren Rückzug anzutreten. So der Verlauf der kleinen Bataille, genauso wie 1334. Das Ganze hatte den Charakter eines Brückengefechtes gehabt, eines Gefechtes in einem Défilé. Das Luch als solches zu passieren oder durch Flankenbewegungen zum erweiterten Kampfplatz zu machen verbot sich, und so schob man sich denn auf dem Damm hin und her, immer nur mit der Spitze Fühlung habend. Diese Spitze bildeten auf märkischer Seite die fränkischen Ritter, und diese waren es auch, die den Preis des Tages zu zahlen hatten. Einer derselben, Kraft von Lentersheim, ward vom Damm her in das Luch abgedrängt und versank in demselben, eine Version, die mir wahrscheinlicher dünkt als eine zweite, nach der er, schwerverwundet, in ein benachbartes Dorf geschafft und in der Kirche daselbst bestattet sein soll.
Die beiden anderen Ritter, die fielen, waren Ritter Philipp von Utenhoven und Graf Johannes von Hohenlohe. Beide (besonders der letztere), dem Burggrafen nahestehend, wurden von Kremmen aus nach Berlin geschafft und in der Franziskanerklosterkirche daselbst, die sozusagen markgräfliche Hofkirche war, beigesetzt. Ihre Grabsteine sind verschwunden, aber ein dem Grafen Hohenlohe geltendes Wandbild, das, so läßt sich annehmen, der Burggraf selbst dem Gedächtnis dieses seines Getreuen stiftete, hat sich bis diesen Tag in besagter Kirche, neben der Orgel, erhalten und gibt nicht nur Zeugnis, wie der Burggraf den ersten auf märkischer Erde für Haus Hohenzollern Gefallenen ehrte, sondern gleichzeitig auch eine gute Vorstellung von der Bildnis- und Geschichtsmalerei jener Epoche, wenn auch freilich, nicht innerhalb unserer Mark, der solche Kunstübung fremd war. Es ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, eines Nürnberger Meisters Arbeit, ein vergleichsweise wohlgelungenes Bild, auf dem wir einen jugendlichen Ritter in schwarzer Rüstung und weißem Pelzmantel erblicken, der vor dem Heilande kniet und wehmütig das blasse, überaus traurige Haupt zu dem Erlöser erhebt. Christus selbst steht mit den Emblemen seiner Schmach, mit Geißel, Dornenkrone und dem Ysopstabe, vor dem Ritter, aus des Heilandes Wunden aber ergießen sich fünf Blutströme in den Kelch des heiligen Abendmahls. Darüber ein Helm mit dem Adlerschmuck und ein Wappenschild mit zwei Leoparden. Um das Ganze herum zieht sich die Legende: „Anno Domini 1412 am St.-Columbanus-Abend verschied der hochgeborne Graf Johannes von Hohenlohe, dem Gott genade. Amen.“
Friedrich konnte sich in seiner Trauer nicht genugtun und ließ, außer dem vorbeschriebenen Kirchenbilde, noch ein Kreuz am Kremmer Damm selbst errichten, an ebender Stelle, wo Graf Hohenlohe gefallen war. Zweimal wurde das Kreuz seitdem erneuert: erst unter dem Großen Kurfürsten (mit der dem unhistorischen Sinn jener Zeit entsprechenden Angabe, daß hier „ein brandenburgischer General“ gefallen sei), dann unter Friedrich Wilhelm IV.
eine (die frühere), die 1334 zwischen Herzog Barnim von Pommern und Markgraf Ludwig von Brandenburg,
und eine zweite (die unsere), die 1412 zwischen den Pommernherzögen Otto und Casimir und Burggraf Friedrich ausgefochten wurde.
Die voraufgegangene Schlacht von 1334 genießt des Vorzugs, in einer schönen und charakteristischen Volksballade behandelt zu sein, die hier mitzuteilen ich mir aus verschiedenen Gründen nicht versagen möchte.
Die erste Schlacht am Kremmer Damm (Zwischen Herzog Barnim von Pommern und Markgraf Ludwig von Brandenburg 1334)
Als Herzog Barnim, der kleine Mann
(Um mit Markgraf Ludwig zu fechten),
Kam bis an den Kremmer Damm heran,
Sprach er zu Rittern und Knechten:
„Das Kremmer Luch ist ein garstig Loch,
Und den Feind daraus zu vertreiben,
Ich denke, Leute, wir lassen’s noch
Und wollen diesseits bleiben.
Wir schreiben aus eine große Steur,
Und wer sich nicht will bequemen,
Den zwingen wir mit Wasser und Feur
Und wollen das Vieh ihm nehmen.“
Der Rat gefiel den Pommern all,
Und verquer und an den Ecken
Gruben sie hastig Graben und Wall,
Dahinter sich zu verstecken...
Hier wechselt nun die Szene, das Lied springt von drüben nach hüben oder, was dasselbe sagen will, von der pommerschen nach der märkischen Seite hinüber und fährt fort:
Markgraf Ludwig, der tapfere Held,
Drüben sah man ihn reiten,
Er dachte, „die Pommern stehen im Feld
Und werden den Damm überschreiten“.
Als aber keiner sich’s unterband,
Ließ er seinen Trompeter kommen
Und sagte: „Nimm deine Trompet in die Hand
Und blas, bis sie’s drüben vernommen.
Und sage dem Herzog Barnim an,
Ich hätte groß Verlangen,
Ihn und seine Ritter, Mann für Mann,
Hier diesseits zu empfangen.
Und wenn es hier diesseits ihm nicht behagt,
So wollt ich ihm versprechen,
Auch auf dem Luch-Damm unverzagt
Eine Lanze mit ihm zu brechen.“
Drauf der Herzog: er woll ihm Rede stehn,
Nichtkommen, das dünk ihm Sünde
Nun hebt der Kampf an und scheint den Pommern den Sieg verbürgen zu wollen, als diese jedoch vordringen, um ihren Erfolg auszubeuten, büßen sie diesen wieder ein und werden zum Rückzuge gezwungen. Im Lied aber heißt es weiter:
Vom Graben ging’s auf den Damm hinauf,
Drauf standen dicht die Märker,
Die wehrten sich einzeln und zu Hauf,
Aber Herzog Barnim war stärker.
Die Märkischen konnten nicht bestahn,
Das Luch war ihr Verderben,
Und viele mußten da liegen gahn
Und ohne Wunde sterben.
Und mählich wichen sie Schritt für Schritt,
Vor Kremmen weiter zu fechten,
Die Pommern folgten im festen Tritt
Die Ritter mitsamt den Knechten.
Aber vor Kremmen hielt man an
Und mußte draußen bleiben,
Die Märkischen standen da Mann für Mann
Und waren nicht zu vertreiben.
Sie schossen hinunter aus Turm und Tor
In das pommersche Gedränge,
Dann drängten sie selber wieder vor,
Tote gab es die Menge.
Da sprach Schwerin: „Das tut kein gut,
Laßt uns den Damm erfassen,
Oder wir müssen unser Blut
Hier alle vor Kremmen lassen.“
So zogen sie wieder dem Damme zu,
Heimwärts ohne Schimpf und Schade,
Zuletzt ging auch der Krieg zu Ruh –
Gott geh uns seine Gnade.
Ganz im Einklange mit der Schilderung, die die vorstehende Volksballade von dem ersten Kampfe bei Kremmen gibt, verlief auch der zweite, der unsere. Diesseit des Dammes, in Stadt und Schloß Kremmen, standen die Märkischen unter Führung oder vielleicht auch nur in Gemeinschaft mit einer Anzahl fränkischer Ritter, die den Burggrafen Friedrich aus seinem Erblande her in die Mark begleitet hatten; drüben, jenseits des Dammes, aber standen die Herzöge von Stettin. Und genau wie zu Herzog Barnims Zeiten drangen die Pommern auch heute wieder auf dem durch das sogenannte „Luch“ sich hinziehenden Kremmer Damm vor und errangen insoweit einen Vorteil, als die Märker, trotz des Versuches dazu, dies Vordringen nicht hindern konnten. Als aber, nach diesem ersten unzweifelhaften Erfolge der beiden Herzöge, der Sieg perfekt gemacht und Stadt und Schloß Kremmen mit stürmender Hand genommen werden sollte, versagte den Pommern die Kraft zu diesem Abschluß der Aktion, weshalb sie sich genötigt sahen, über den von ihnen eroberten Damm ihren Rückzug anzutreten. So der Verlauf der kleinen Bataille, genauso wie 1334. Das Ganze hatte den Charakter eines Brückengefechtes gehabt, eines Gefechtes in einem Défilé. Das Luch als solches zu passieren oder durch Flankenbewegungen zum erweiterten Kampfplatz zu machen verbot sich, und so schob man sich denn auf dem Damm hin und her, immer nur mit der Spitze Fühlung habend. Diese Spitze bildeten auf märkischer Seite die fränkischen Ritter, und diese waren es auch, die den Preis des Tages zu zahlen hatten. Einer derselben, Kraft von Lentersheim, ward vom Damm her in das Luch abgedrängt und versank in demselben, eine Version, die mir wahrscheinlicher dünkt als eine zweite, nach der er, schwerverwundet, in ein benachbartes Dorf geschafft und in der Kirche daselbst bestattet sein soll.
Die beiden anderen Ritter, die fielen, waren Ritter Philipp von Utenhoven und Graf Johannes von Hohenlohe. Beide (besonders der letztere), dem Burggrafen nahestehend, wurden von Kremmen aus nach Berlin geschafft und in der Franziskanerklosterkirche daselbst, die sozusagen markgräfliche Hofkirche war, beigesetzt. Ihre Grabsteine sind verschwunden, aber ein dem Grafen Hohenlohe geltendes Wandbild, das, so läßt sich annehmen, der Burggraf selbst dem Gedächtnis dieses seines Getreuen stiftete, hat sich bis diesen Tag in besagter Kirche, neben der Orgel, erhalten und gibt nicht nur Zeugnis, wie der Burggraf den ersten auf märkischer Erde für Haus Hohenzollern Gefallenen ehrte, sondern gleichzeitig auch eine gute Vorstellung von der Bildnis- und Geschichtsmalerei jener Epoche, wenn auch freilich, nicht innerhalb unserer Mark, der solche Kunstübung fremd war. Es ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, eines Nürnberger Meisters Arbeit, ein vergleichsweise wohlgelungenes Bild, auf dem wir einen jugendlichen Ritter in schwarzer Rüstung und weißem Pelzmantel erblicken, der vor dem Heilande kniet und wehmütig das blasse, überaus traurige Haupt zu dem Erlöser erhebt. Christus selbst steht mit den Emblemen seiner Schmach, mit Geißel, Dornenkrone und dem Ysopstabe, vor dem Ritter, aus des Heilandes Wunden aber ergießen sich fünf Blutströme in den Kelch des heiligen Abendmahls. Darüber ein Helm mit dem Adlerschmuck und ein Wappenschild mit zwei Leoparden. Um das Ganze herum zieht sich die Legende: „Anno Domini 1412 am St.-Columbanus-Abend verschied der hochgeborne Graf Johannes von Hohenlohe, dem Gott genade. Amen.“
Friedrich konnte sich in seiner Trauer nicht genugtun und ließ, außer dem vorbeschriebenen Kirchenbilde, noch ein Kreuz am Kremmer Damm selbst errichten, an ebender Stelle, wo Graf Hohenlohe gefallen war. Zweimal wurde das Kreuz seitdem erneuert: erst unter dem Großen Kurfürsten (mit der dem unhistorischen Sinn jener Zeit entsprechenden Angabe, daß hier „ein brandenburgischer General“ gefallen sei), dann unter Friedrich Wilhelm IV.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Fünf Schlösser. Altes und Neues aus Mark Brandenburg.