Abschnitt. 1
Plötzlich indes änderte sich die Lage. Der Herr, der „mit weisem Rate helfen und die Mark zu gutem Wesen bringen sollte“, hatte sich gefunden, und die Quitzows sollten dessen zum Schaden ihrer selbst und ihrer hochfliegenden Pläne (deren Verwirklichung ihnen nahe dünken mochte) sehr bald gewahr werden. Der Herr „mit weisem Rat“ aber war niemand anders als Friedrich Burggraf zu Nürnberg. Anfang Juni brach er aus seinen fränkischen Landen auf, war am 16. in Blankenburg am Harz und hielt am 22. seinen Einzug in Stadt Brandenburg. Am 24., St.-Johannistag, waren Adel und Städte bereits in Neustadt Brandenburg um ihn versammelt, um aus seinem Munde zu hören, daß er, Friedrich Burggraf zu Nürnberg, durch König Sigismund zum obersten Verweser und Hauptmann der Mark ernannt worden und gekommen sei, „sich zu der in kaiserlichen Briefen ausdrücklich benannten Summe von 100.000 ungarischen Goldgulden huldigen zu lassen“, und zwar unter der entsprechend und gleichzeitig von seiten des Landes zu leistenden Zusage, „von ihm, dem Burggrafen, nicht abweichen zu wollen, bis diese Summe von 100.000 Goldgulden ihm und seinen Erben ganz vergenüget und bezahlet sei“*) Worauf alle Städte, sowie viele vom Adel, die Huldigung leisteten.
„ Etliche vom Adel aber“ – so läßt sich Wusterwitz in seiner Chronik weiter vernehmen –, „etliche vom Adel aber, und zwar an der Spitze Dietrich und Johann von Quitzow, Wichard von Rochow und Achim von Bredow mitsamt ihrem Anhange, sind, weil sie sich vorher mit einem Eide dazu verbunden hatten, zurückgetreten, haben die Huldigung, die sie vorher in Berlin und Ofen dem Könige geleistet, dem Burggrafen als seinem Vertreter und Verweser verweigert und haben dabei verächtlich gesprochen: ‘Es ist ein Tand von Nürrenberg. Wir wollen zuvor zu unsrem richtigen Erbherrn, dem Könige von Ungarn, schicken und auf diese Weise mit Ehren tun, was wir wollen.’“
Damit war der Fehdehandschuh hingeworfen.
Aber die Quitzows, die wohl wußten, daß Taten besser als Worte sprechen, hatten nicht vor, es bei dieser ablehnenden Erklärung bewenden zu lassen, benutzten vielmehr ihren weitreichenden Einfluß, die beiden Herzöge von Pommern-Stettin: Otto und Casimir, in die Mark zu rufen, um durch solche Befehdung des ihnen aufgedrungenen „neuen Herrn“ diesem den Aufenthalt in der Mark zu verleiden und ihn zur Rückkehr in seine fränkischen Lande zu bewegen.
Diesem Rufe leisteten die Pommern auch wirklich Folge, was Veranlassung zu einem an und für sich kleinen, aber durch Nebenumstände berühmt gewordenen Rencontre gab.
*) Es sind das die 100.000 Goldgulden, die zu der Annahme geführt haben, Burggraf Friedrich sei lediglich auf eine Summe vorgestreckten Geldes hin, also, wenn man so will, als Pfandleiher in den Besitz der Mark gekommen. Das ist aber nicht richtig, wenigstens nicht in dem gewöhnlichen Sinne. 100.000 Goldgulden wurden allerdings, als eine Schuld Sigismunds an Friedrich, auf die Mark Brandenburg eingetragen, aber diese Summe war nicht ein zuvor empfangenes Darlehn, sondern, um modern zu sprechen, „ein nicht ausgezahltes Gehalt samt Repräsentationskosten“. Sigismund, einsehend, daß die Landeseinnahmen kein Äquivalent für die zu gewärtigenden Dienste des neuen Landesverwesers, insonderheit aber nicht ausreichend zur Bestreitung eines Hofhalts sein würden, bewilligte dem Burggrafen eine Zubuße von 100.000 Gulden, und weil er (Sigismund) sich außerstande sah, dies aus freien Stücken Bewilligte sofort bar auszuzahlen, so ließ er diese Zuschußsumme, ganz so, wie wenn es geborgte 100.000 Goldgulden gewesen wären, auf die Mark eintragen. Die Mark wurde Pfand“ und ging schließlich, als nicht eingelöstes Pfand, in den Besitz des Burggrafen über. Riedel, in seinem ausgezeichneten Buche „Zehn Jahre aus der Geschichte der Ahnherrn des preußischen Königshauses“ hat dies alles in musterhafter Weise klargelegt und für historische Korrektheit Sorge getragen, aber so dankbar wir ihm für diese Korrektheit sein müssen und so gewiß es zuzugestehen ist, daß zwischen einem „geleisteten Darlehn“ und einem „nicht empfangenen Gehalt“ – trotzdem beides eine Schuld repräsentiert – immerhin noch ein Unterschied obwaltet, so bin ich doch ganz außerstande, mich in der Gesinnung zurechtzufinden, die Riedel bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringt. Er behandelt die Frage mit einem Nachdruck und einer Feierlichkeit, als ob er, mit Hülfe dieser seiner Aufklärungen, das Hohenzollerntum von einem Makel befreit und die Vorgeschichte desselben von etwas Krämerhaftem und Geldgeschäftlichem gereinigt hätte. Das ist aber offenbar zu weit gegangen. Es kann, meinem Ermessen nach, für die Hohenzollern, die seitdem ihre Legitimation über jeden Zweifel hinaus nachgewiesen haben, ziemlich gleichgültig sein, wie sie damals zur Mark gekommen sind, so oder so. Sollte dies aber bestritten werden können, so doch schwerlich das, daß es, nach der moralischen oder, wenn man so will, nach der Feinheitsseite hin, absolut bedeutungslos ist ob die 100.000 Goldgulden von 1412 ein vom Burggrafen geleisteter Vorschuß oder ein ihm versprochener und nicht ausgezahlter Zuschuß waren. Das sonst so hervorragende, von der größten Sachkenntnis getragene Riedelsche Buch hat einen schwachen Punkt in dieser hier und da geradezu störend hervortretenden Hyperloyalität, auf die wir in einem späteren Kapitel, wo sich’s über das Recht oder Unrecht der Quitzows handelt noch ausführlicher zurückkommen.
„ Etliche vom Adel aber“ – so läßt sich Wusterwitz in seiner Chronik weiter vernehmen –, „etliche vom Adel aber, und zwar an der Spitze Dietrich und Johann von Quitzow, Wichard von Rochow und Achim von Bredow mitsamt ihrem Anhange, sind, weil sie sich vorher mit einem Eide dazu verbunden hatten, zurückgetreten, haben die Huldigung, die sie vorher in Berlin und Ofen dem Könige geleistet, dem Burggrafen als seinem Vertreter und Verweser verweigert und haben dabei verächtlich gesprochen: ‘Es ist ein Tand von Nürrenberg. Wir wollen zuvor zu unsrem richtigen Erbherrn, dem Könige von Ungarn, schicken und auf diese Weise mit Ehren tun, was wir wollen.’“
Damit war der Fehdehandschuh hingeworfen.
Aber die Quitzows, die wohl wußten, daß Taten besser als Worte sprechen, hatten nicht vor, es bei dieser ablehnenden Erklärung bewenden zu lassen, benutzten vielmehr ihren weitreichenden Einfluß, die beiden Herzöge von Pommern-Stettin: Otto und Casimir, in die Mark zu rufen, um durch solche Befehdung des ihnen aufgedrungenen „neuen Herrn“ diesem den Aufenthalt in der Mark zu verleiden und ihn zur Rückkehr in seine fränkischen Lande zu bewegen.
Diesem Rufe leisteten die Pommern auch wirklich Folge, was Veranlassung zu einem an und für sich kleinen, aber durch Nebenumstände berühmt gewordenen Rencontre gab.
*) Es sind das die 100.000 Goldgulden, die zu der Annahme geführt haben, Burggraf Friedrich sei lediglich auf eine Summe vorgestreckten Geldes hin, also, wenn man so will, als Pfandleiher in den Besitz der Mark gekommen. Das ist aber nicht richtig, wenigstens nicht in dem gewöhnlichen Sinne. 100.000 Goldgulden wurden allerdings, als eine Schuld Sigismunds an Friedrich, auf die Mark Brandenburg eingetragen, aber diese Summe war nicht ein zuvor empfangenes Darlehn, sondern, um modern zu sprechen, „ein nicht ausgezahltes Gehalt samt Repräsentationskosten“. Sigismund, einsehend, daß die Landeseinnahmen kein Äquivalent für die zu gewärtigenden Dienste des neuen Landesverwesers, insonderheit aber nicht ausreichend zur Bestreitung eines Hofhalts sein würden, bewilligte dem Burggrafen eine Zubuße von 100.000 Gulden, und weil er (Sigismund) sich außerstande sah, dies aus freien Stücken Bewilligte sofort bar auszuzahlen, so ließ er diese Zuschußsumme, ganz so, wie wenn es geborgte 100.000 Goldgulden gewesen wären, auf die Mark eintragen. Die Mark wurde Pfand“ und ging schließlich, als nicht eingelöstes Pfand, in den Besitz des Burggrafen über. Riedel, in seinem ausgezeichneten Buche „Zehn Jahre aus der Geschichte der Ahnherrn des preußischen Königshauses“ hat dies alles in musterhafter Weise klargelegt und für historische Korrektheit Sorge getragen, aber so dankbar wir ihm für diese Korrektheit sein müssen und so gewiß es zuzugestehen ist, daß zwischen einem „geleisteten Darlehn“ und einem „nicht empfangenen Gehalt“ – trotzdem beides eine Schuld repräsentiert – immerhin noch ein Unterschied obwaltet, so bin ich doch ganz außerstande, mich in der Gesinnung zurechtzufinden, die Riedel bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck bringt. Er behandelt die Frage mit einem Nachdruck und einer Feierlichkeit, als ob er, mit Hülfe dieser seiner Aufklärungen, das Hohenzollerntum von einem Makel befreit und die Vorgeschichte desselben von etwas Krämerhaftem und Geldgeschäftlichem gereinigt hätte. Das ist aber offenbar zu weit gegangen. Es kann, meinem Ermessen nach, für die Hohenzollern, die seitdem ihre Legitimation über jeden Zweifel hinaus nachgewiesen haben, ziemlich gleichgültig sein, wie sie damals zur Mark gekommen sind, so oder so. Sollte dies aber bestritten werden können, so doch schwerlich das, daß es, nach der moralischen oder, wenn man so will, nach der Feinheitsseite hin, absolut bedeutungslos ist ob die 100.000 Goldgulden von 1412 ein vom Burggrafen geleisteter Vorschuß oder ein ihm versprochener und nicht ausgezahlter Zuschuß waren. Das sonst so hervorragende, von der größten Sachkenntnis getragene Riedelsche Buch hat einen schwachen Punkt in dieser hier und da geradezu störend hervortretenden Hyperloyalität, auf die wir in einem späteren Kapitel, wo sich’s über das Recht oder Unrecht der Quitzows handelt noch ausführlicher zurückkommen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Fünf Schlösser. Altes und Neues aus Mark Brandenburg.