Allgemeines.

Dresden ist eine der schönsten Städte Europas, weltbekannt durch seine unvergleichliche Lage im herrlichen Elbtal und weltberühmt durch die zahlreichen einzigartigen Kunstschätze, die seine Museen bergen. Ein deutsches Florenz nannte Gottfried Herder die Stadt. Mögen auch die anderen deutschen Hauptstädte starke Anstrengungen gemacht haben, um Dresden den Vorsprung abzugewinnen, noch immer stehen seine Gemäldegalerie, seine Porzellansammlung und sein historisches Museum unbestritten an der Spitze der gleichartigen Sammlungen in Deutschland, die Gemäldegalerie insbesondere durch ihren Reichtum an Werken der Italiener und Niederländer in der Zeit ihrer höchsten Blüte, der Holländer des 17. Jahrhunderts und einzig dastehend in den Gemälden aus der Rokokozeit wie in der Pastellsammlung. Einzigartig ist das Grüne Gewölbe mit seinen unschätzbaren Kunstwerken und Merkwürdigkeiten. Das Museum der Bildwerke ist, vermöge der ebenso schönen wie lehrreichen Anordnung und Aufstellung seiner Werke in Marmor, Erz und Gips, mustergültig und vorbildlich geworden und enthält in seinen olympischen Sälen die Funde der deutschen Ausgrabungen in Olympia in einer Art der Wiederherstellung, wie man sie sonst noch nirgends sehen kann, ebenso eine Sammlung moderner deutscher und ausländischer, besonders französischer und belgischer Skulpturen, wie kein anderes Museum der Welt. Das Kgl. Kupferstichkabinett ist das einzige in Europa, wo man die bedeutendsten Werke der modernen Griffelkunst annähernd vollständig überschauen kann, und auch die übrigen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft erfreuen sich andauernd sorgsamer Pflege.

Herrlich ist Dresdens Lage. Sein stets wachsendes Häusermeer erstreckt sich weithin in dem reizvollen, ausgedehnten Talkessel, der da gebildet wird von den Berghöhen der Dresdner Heide, die im Norden und Nordosten bis an die Ufer der Elbe heranreichen, und von den letzten nordöstlichen Ausläufern des Erzgebirges, die auf der entgegengesetzten Seite sich im weiten Bogen um die Stadt herumziehen. In einem prächtigen Bogen fließt der Elbstrom durch die Stadt, sie in zwei ungleiche Hälften teilend; fünf stattliche Brücken spannen ihre Bogen über die breite Wasserfläche und verbinden die Altstadt mit der Neustadt.


Von der neuerrichteten Augustusbrücke hat man einen prächtigen Überblick über die Stadt und ihre Umgebung. Nach Osten blicken wir auf die waldigen Höhen der Heide, die im Wolfshügel gipfeln, und weiter rechts ziehen sich die von Rebengeländen, hübschen Landhäusern und prächtigen Schlössern bedeckten anmutigen Höhen von Loschwitz hin. Nach Norden und Nordwesten schauend, erblicken wir die dorfähnliche Anlage des neuen Schlachthofes und dahinter die lieblichen Lößnitzberge. Vor uns aber liegt das herrliche Stadtbild, welches größtenteils die Städtebaukunst des 18. Jahrhunderts geschaffen hat: zur Linken die Brühlsche Terrasse - von Friedrich dem Großen der Balkon Europas genannt - mit dem Belvedere, der Kgl. Kunstakademie und der breiten Freitreppe, überragt von der berühmten steinernen Kuppel der Frauenkirche, gerade vor uns das Königliche Schloß mit dem Georgenbau und dem hohen, spitzen Turm, davor die stattliche, mit feinem Verständnis zur Brücke schräg gestellte Katholische Kirche Zwischen die Terrasse einerseits, das Königliche Schloß und die Katholische Hofkirche anderseits tritt, mit seinen schönen, maßvollen Verhältnissen glücklich vermittelnd, das neue Ständehaus, vor dem das eherne Reiterstandbild König Alberts den würdigsten Platz gefunden hat. Zur Rechten treten uns das Kgl. Hoftheater und das Neue Museum entgegen, von denen letzteres Dresdens berühmtestes Bauwerk, den Zwinger, abschließt. Und ähnliche prächtige Stadtbilder hat man von der Carolabrücke, wie von der Albertbrücke, von der Brühlschen Terrasse, von dem Hügel des Palaisgartens u. a. O. Will man aber die gesamte Schönheit des Elbtalkessels mit den zahllosen Häusern und Türmen Dresdens überschauen, so bieten sich als herrliche Aussichtspunkte dar: Moreaus Denkmal bei Räcknitz, der Luisenhof und die Schöne Aussicht in Ober-Loschwitz, ferner der Osterberg bei Cossebaude und zahlreiche Punkte der Lößnitzberge. Dresden war ursprünglich ein sorbisches Dorf auf dem rechten Elbufer mit einer Fischeransiedelung auf dem linken. Neben der letzteren errichteten die Markgrafen von Meißen eine Burg, unter deren Schutze eine deutsche Stadt Dresden (urkundlich zuerst 1206, als Stadt 1216 erwähnt) entstand. Das durch eine hölzerne Brücke (die spätere Augustusbrücke) mit der Stadt verbundene alte Dorf auf dem rechten Elbufer hieß seitdem Altendresden; es wurde 1403 ebenfalls zur Stadt erhoben (die jetzige Neustadt). Der Ort Dresden war von altersher durch Mauern, Seen und Gräben geschützt; die ältesten Kirchen waren die Frauen- und die Kreuzkirche; letztere erhielt durch eine Reliquie (Stück vom Kreuz Christi) ihren Namen. Im Jahre 1485 bei der Teilung Sachsens zwischen Ernst und Albert kam Dresden an Albert, seitdem ist es Residenz der wettinischen Albertiner. Herzog Georg der Bärtige begann 1534 den Umbau des kurfürstlichen Schlosses. Herzog Heinrich führte 1539 die evangelisch-lutherische Religion in Dresden ein. Unter Kurfürst Moritz wurden Altendresden und Neuendresden zu einer Stadt vereinigt. Im Jahre 1547 erhielt Moritz die Kurwürde, und Dresden wurde Hauptstadt des Kurfürstentums Sachsen. Unter den folgenden Kurfürsten nahm Dresdens Bedeutung mehr und mehr zu; aber erst mit August dem Starken beginnt die Blüteperiode, der Dresden seinen Ruhm als Kunststadt verdankt. Er läßt das 1701 abgebrannte Schloß 1717 (Bild: Dresden von Neustadt aus.) wieder aufrichten, 1709-22 durch Pöppelmann den Zwinger erbauen, ferner 1718 das Japanische Palais erweitern, 1720 das große Opernhaus, die Ritterakademie in Neustadt und 1732 das Blockhaus (Neustädter Hauptwache) erbauen. Die Frauenkirche mit der weltberühmten Kuppel wird von 1726 an durch George Bahr, die Neustädter Dreikönigskirche von 1732 an errichtet. Ferner errichtete August der Starke die Kasernen (1895 niedergerissen) und das Militärhospital in Neustadt, verschönerte die Augustusbrücke, gründete die Malerakademie 1705 usw. Er und sein Nachfolger bereicherten die Kunstsammlungen in der umfassendsten Weise.

Unter dem Kurfürsten Friedrich August II. (1733-63), als König von Polen August III. genannt, wurde durch Chiaveri 1739 bis 1751 die Katholische Hofkirche erbaut und durch Zuschütten zweier Pfeiler der Augustusbrücke der jetzige Schloßplatz hergestellt. Minister Graf von Brühl erbaute 1740 hinter seinem Palais den Brühlschen Garten. Im Siebenjährigen Kriege wurde Dresdens Blüte auf Jahrzehnte hinaus gebrochen. Wiederholt ward es von preußischen Truppen besetzt und gebrandschatzt; 1758 und 1759 wurden die Pirnaische und die Wilsdruffer Vorstadt niedergebrannt; 1760 beschoß Friedrich der Große Dresden, wobei die Kreuzkirche und die Annenkirche abbrannten, die Frauenkirche aber standhielt.

In der Napoleonischen Zeit spielte Dresden ebenfalls eine bedeutende Rolle. Durch den Frieden mit Napoleon 1806 wurde Friedrich August der Gerechte dessen Bundesgenosse und zum König erhoben. Dresden wurde damit (Bild: Rathausturm) zur sächsischen Königsstadt. Viermal sah es den korsischen Eroberer in seinen Mauern. Am 14. Dezember 1812 kam Napoleon flüchtend durch Dresden; wiederholt wurde dann um den Besitz der Stadt gekämpft. Vom 25.-27. August 1813 ward die Schlacht bei Dresden geschlagen. (Moreau fällt: Moreau-Denkmal - der letzte Sieg Napoleons auf deutschem Boden.) Vom November 1813 an stand Dresden unter der Verwaltung der Verbündeten, erst 1814 kehrte Friedrich August der Gerechte nach Dresden zurück.

Unter König Friedrich August II. wurden das Hoftheater (1869 abgebrannt), die Synagoge und das Neue Museum als Abschluß des Zwingers, alle drei von Semper, gebaut. Als die deutsche Reichsverfassung im Jahre 1849 abgelehnt wurde, brach am 3. Mai ein Aufstand aus, der bis zum 9. Mai von preußischen und sächsischen Truppen unterdrückt wurde. Dabei brannten das große Opernhaus und der Ostpavillon des Zwingers nieder.

Unter den Königen Johann (1854-77,) und Albert (1873-1902) hat sich Dresden in großartiger Weise weiter entwickelt. Die Einwohnerzahl Dresdens hat sich seit dem mehrmals verdoppelt; zahlreiche neue Stadtviertel, darunter solche mit freier Bauweise, sind entstanden, eine Anzahl von Vororten ist einbezogen worden. Der Verkehr im Innern wurde durch mehrere großartige Straßendurchbrüche (König-Johann-Str., Johann-Georgen-Allee, Ringstraße), durch neue Brücken und durch die Einrichtung der Straßenbahnen gewaltig gehoben. Zahlreiche neue Schulen, Kirchen, öffentliche Gebäude, Monumentalbrunnen und Denkmäler wurden errichtet, die Dresden zur Zierde gereichen und ihm mehr und mehr das Aussehen einer modernen Großstadt verliehen haben.

Während der kurzen Regierung des Königs Georg (1902 bis 1904) und unter der bisherigen Regierung seines Sohnes, König Friedrich Augusts III. (seit dem 15. Oktober 1904), ist die Entwicklung Dresdens immer weiter vorwärtsgeschritten. Es sei hier nur hingewiesen auf das Ministerialgebäude an der Ostseite des Königin-Carola-Platzes, auf den Neubau des Ständehauses, des Rathauses, der Augustusbrücke, die Umgestaltung des Theater- und Schloßplatzes, die Erbauung des großen Schlachthofes, ferner auf den Übergang des Straßenbahnnetzes in den Besitz und die Verwaltung der Stadt. Nicht großartige, aber stattliche, dem religiösen Bedürfnisse kleinerer Kirchengemeinden entsprechende Kirchen erheben sich in immer größerer Zahl über das Häusermeer. Schulbauten, die allen Anforderungen der Neuzeit entsprechen und ohne jeden Prunk doch Zierden der Straßen sind, erstehen jährlich neu. (Bild: Brunnen am Taschenberg-Palais) Im Bau von Privathäusern, Wohn- und Geschäftshäusern wie Villen, gibt sich ein lebhaftes, von erfreulichem Erfolge gekröntes Streben der Dresdner Architektenschaft nach einem neuen Stil kund. Auf die früheren Einverleibungen (Strehlen und Striesen 1892, Pieschen und Trachenberge 1897) folgten im Anfange des neuen Jahrhunderts die von Gruna (1901), Seidnitz, Zschertnitz und Räcknitz (1902), Plauen, Löbtau, Naußlitz, Wölfnitz, Cotta, Trachau, Mickten, Übigau und Kaditz (1903), durch die das Gebiet der Stadt außerordentlich erweitert worden ist. Seit 1895 steht an der Spitze der städtischen Verwaltung Oberbürgermeister Geh. Rat Dr. Beutler.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Führer durch Dresden und das Elbgelände