Abschnitt 3

Friedrich Goldhaar


Es währte aber nicht lange, so ward dem Könige hinterbracht, daß sich seine Tochter zu dem Gärtnerburschen, dem Grindhans, hielte und daß sie dächte, ihn zu ihrem Gemahl zu nehmen. Darüber gerieth der König in so heftigen Zorn, daß er der Prinzessin Befehl gab, das Schloß zu verlassen. Da ging sie hin zu ihrem lieben Gärtnerburschen, mit dem wohnte sie nun zusammen in dem kleinen Gartenhause.


Es begab sich aber zu derselben Zeit, daß ein mächtiger Feind mit einem großen Kriegsheere in des Königs Land fiel; da rüstete sich der König, eine Schlacht zu schlagen. Den Tag vorher aber, ehe der König auszog, kam Friedrich zu dem Schimmel in der hohlen Eiche und brachte ihm sein Brod. Da fragte der Schimmel: „Nun, Friedrich, wie gefällt es dir bei dem Gärtner?“ „Recht gut!“ entgegnete er. Sprach der Schimmel: „Morgen früh komme bei Zeiten wieder, so will ich dir einen guten Rath geben.“ Als nun Friedrich am andern Morgen zu dem Schimmel kam, gab ihm der ein Schwert und sprach: „Es wird nicht lange währen, so kommt der König mit seinem Heere an dem Strome heraufgezogen; dann setze du dich ans Ufer und schlage mit dem Schwerte ins Wasser und sprich dazu: ‚Einen erhauen, Einen erstochen!‘ und wenn das Heer vorüber ist, so komm zurück.“ Friedrich that, wie ihm der Schimmel gesagt hatte. Da nun das Heer heranzog und ihn sitzen sah, sprachen die Soldaten untereinander: „Seht! da sitzt Grindhans, des Königs Schwiegersohn!“ und spotteten über ihn. Sobald sie aber vorüber waren, ging Friedrich schnell wieder zu dem Schimmel zurück, der gab ihm zu dem Schwerte auch noch eine prächtige Rüstung. „Friedrich,“ sprach der Schimmel da, „es wird nun die Zeit sein, wo die Heere gegen einander stoßen, darum rüste dich und reite auf den Kampfplatz, wenn du dann drei Kreuzhiebe mit deinem Schwerte thust, so werden gleich dreimal hunderttausend Feinde erschlagen liegen, und der König wird heute den Sieg erlangen; verweile dich aber nicht, sondern reite, sobald es geschehen, hier zu der Eiche zurück, lege deine Rüstung ab und setze dich an den Strom und thu wie vorhin.“ Da machte Friedrich sein Goldhaar los, rüstete sich, schwang sich auf den Schimmel und ritt in vollem Galopp dem Heere nach, daß seine goldenen Locken im Winde wehten; und als er auf das Feld kam, wo die Heere an einander waren, that er drei Kreuzhiebe mit seinem Schwerte, da lagen gleich dreimal hunderttausend Feinde erschlagen, die andern flohen. So war an diesem Tage die Schlacht für den König gewonnen. Da rief der König: „Nun bringt mir den Reuter mit dem Goldhaar her, daß ich sehe, wer er ist und ihn belohnen kann, denn er allein hat uns den Sieg erstritten!“ Er war aber nirgends mehr zu finden; denn Friedrich, nachdem die Schlacht entschieden, war sogleich wieder davongeritten. Er brachte den Schimmel wieder in die hohle Eiche, legte die blanke Rüstung ab und umwand seinen Kopf mit dem Tuche; darnach ging er an den Strom und haute mit dem Schwerte ins Wasser und sprach dabei in einem fort: „Einen erhauen, Einen erstochen; Einen erhauen, Einen erstochen!“

Da nun das Heer, des Sieges froh, mit voller Musik stromab den Heimweg zog und die Soldaten den Friedrich an dem Strome sitzen sahen, sprachen sie untereinander: „Seht! da sitzt Grindhans, des Königs Schwiegersohn!“ Als sie aber vorüber waren, brachte Friedrich dem Schimmel das Schwert zurück. Da sprach der Schimmel: „Morgen früh komm wieder und thu, wie du heute gethan hast, denn es wird noch eine zweite Schlacht zu schlagen sein, weil des Königs Feinde sich wieder gesammelt haben.“ Es kam auch, wie der Schimmel gesagt hatte.

Den andern Morgen zog der König mit seinem Heere den Strom hinauf, und die Soldaten hatten über Friedrich ihren Spott und sprachen unter einander: „Seht! da sitzt der Grindhans, des Königs Schwiegersohn!“ Er aber wartete, bis sie vorüber waren; dann rüstete er sich, schwang sich in den Sattel und jagte ihnen nach in vollem Galopp, daß seine goldenen Locken im Winde wallten. Es war auch die höchste Zeit, daß er auf dem Schlachtfelde ankam, denn schon war des Königs Heer im Weichen. Da schwang er rasch sein Schwert und that diesmal fünf Kreuzhiebe, da lagen fünfmal hunderttausend Feinde erschlagen und waren alle todt bis auf den letzten Mann.

Es hatte aber der König diesmal den Befehl gegeben, wenn der Reuter mit dem Goldhaar wiederkäme, daß man ihn um jeden Preis anhalten, oder, wenn er entflöhe, auf ihn schießen sollte, so groß war des Königs Verlangen, zu wissen, wer er war und woher er käme. Da nun Friedrich, als der Sieg entschieden, rasch davon jagte, und die Soldaten sahen, daß sie ihn nicht fangen konnten, gaben sie Feuer; er entkam aber glücklich; nur eine Kugel schrammte ihm das Bein.

Nachdem er nun in der hohlen Eiche seinen Waffenschmuck wieder abgelegt und sein Haar mit dem Tuche umwunden hatte, setzte er sich an das Wasser; und als das Heer nun unter voller Musik den Strom hinab marschierte, sprachen die Soldaten spottend: „Seht! da sitzt Grindhans, des Königs Schwiegersohn!“ Er aber kehrte sich nicht daran, sondern brachte, da sie vorüber waren, dem Schimmel das Schwert zurück. Da sprach der Schimmel: „Jetzt, Friedrich, ist deine Prüfungszeit zu Ende; darum so binde deine Locken los, rüste dich und ziehe an den Hof des Königs. Erst aber thu mir den Gefallen und schlag mir den Kopf ab, daß ich nun auch erlöst werde.“ Weil nun der Schimmel so sehr darum bat, so faßte Friedrich das Schwert und hieb ihm den Kopf ab. Sobald aber das Blut floß, verwandelte sich der Schimmel in eine schöne Dame, und die war niemand anders, als die Schwester des Königs, welche in den Schimmel war verwünscht gewesen. Da ging Friedrich mit ihr an den königlichen Hof und gab sich zu erkennen und erzählte dem Könige, wie das alles so gekommen war. Da ward auch die Prinzessin aus dem Gartenhause geholt, und der König vermählte sie nun mit Friedrich und stellte eine große Hochzeit an; und als sie zur Kirche gingen, erstaunte alles Volk und freute sich über Friedrichs goldene Locken und Hände, die blitzten und funkelten wie lauter Gold im Sonnenlichte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Friedrich Goldhaar