Der stille Bund

Spät am Abend noch kam auf müde gerittenem Pferde Peter Mickloff in die Stadt. Wisst Ihr von dem kleinen Moses, dem Knaben des Joseph von Sukowiborg? fragte er alle Juden, die ihm in der Straße begegneten, durch die er in die Stadt ritt. Sie wiesen ihn nach der Herberge, wo der Fremde eingekehrt war, und erzählten ihm, dass er ihrem Rabbiner, feierlich versprochen habe, sich der Waise anzunehmen.

Es gibt einen stillen Bund, so weit verbreitet, als die Erde bewohnt ist; kein Tyrann ist mächtig genug, ihn zu sprengen; er ist so alt wie die Schöpfung und wird so lange dauern wie die Welt. Es ist dies der stille Bund, welchen gute Menschen, ohne Eidschwur, ohne bindendes Versprechen, mit einander schließen. Der Wundarzt und jener Fremde gehörten diesem Bunde an; deshalb waren sie Beide mit einander, als hätten sie viele Jahre zusammen verlebt. Der Wundarzt gab seinem neuen Freunde alles, was sein wohltätiger Sinn seit Jahren hatte ersparen können, ein Dutzend Dukaten, und Jener nahm sie ohne Sträuben. Elf Eurer Dukaten will ich für unseren kleinen Schützling ausgeben, den zwölften will ich ihm aufbewahren, bis er ein Mann geworden ist, dass er bis in sein spätes Alter dessen gedenke, der so liebevoll gegen ihn gesinnt war.


Die Beiden nahmen dann spät in der Nacht herzlichen Abschied von einander. Wie wir uns so die Hände drücken, sagte Peter Mickloff, so möge einst aller Orten der Welt der Christ dem Juden, der Vornehme dem Geringen brüderlich die Hand bieten.

Amen! rief der Jude, und Tränen rollten aus seinen dunklen Augen nieder.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Freitag-Abend