Nachtrag zu meinen Äußerungen

Nachtrag zu meinen Äußerungen: „Über die beabsichtigte Verbindung des stillen Meeres mit dem atlantischen.“

Die Zeilen eines geschätzten Freundes, welche ich so eben erhalte, geben mir Veranlassung, noch Nachstehendes dem oben bezeichneten Aufsatze beizufügen, da mir hieraus klar wird, dass vielleicht nicht viele Leser dieses Blattes mit den großen Strombewegungen des Meeres gehörig bekannt sind, auf deren Störung sich aber meine Behauptung vorzüglich gründet.


Zuerst und vor allen Dingen, um meine Reputation in Sicherheit zu bringen, wie indessen auch schon aus der ganzen Form meiner Äußerung über den von mir zur Sprache gebrachten Gegenstand erhellet, muss ich noch erklären, dass ich mich keinesweges zu einem Propheten aufwerfe, sondern ich äußere nur Besorgnisse, und bitte bescheidentlich Männer vom Fache, wozu ich mich nicht rechnen kann, ihre Meinung über das, was ich behaupte, darzulegen, — welches ein, mit dem Prophetenamte sich Befassender nicht getan haben würde, ein wahrhafter Seher aber gar nicht nötig gehabt hätte. Ferner setze ich voraus, dass der neu anzulegende Kanal von der Bedeutung künftig wirklich sein werde, wie von dem politischen Journale angegeben wird.

Über diese meine Besorgnis mich nun deutlicher auszusprechen, dies ist der Gegenstand dieser Zeilen, und ich glaube nicht, dass wir uns durch den Gemeinspruch: der Menschen Tun und Treiben kann Gottes große Ordnung einmal nicht stören, ganz beruhigen lassen; denn wenn, wie in allen solchen Fallen, der Mensch Gottes Anordnung stört: so muss er auch die Folgen eines solchen gewaltsamen Eingriffs erwarten.

Wenn die Erde — ohne mich weiter bei der Meinung anderer, über den Ursprung der großen Strombewegungen des Meeres, aufzuhalten — ganz von Wasser umflossen wäre, ohne dass irgend ein Festland oder eine bedeutende Insel aus den alles bedeckenden Fluten auftauchte: so würde, vermöge des Achsenschwunges, ein ununterbrochener Strom zwischen den Wendekreisen, von Osten nach Westen hin, die ganze Erde umkreisen, wie wir jetzt schon im Stillen und Atlantischen Meere dieses deutlich in jener Gegend wahrnehmen. Dieser große Meeresstrom, um die Richtung seines Laufes im allgemeinen nur zu bezeichnen und irgend einen Ort in seinem Umkreise als den Anfangspunkt seiner Strömung festzusetzen, nimmt seinen Lauf von der Gegend der kanarischen Inseln nach Westen und wird endlich von dem mexikanischen Meerbusen aufgefangen. Hier, wo die Erdenge von Panama ihn, in seiner Strömung nach Westen im Wege steht, teilt er sich in 2 Arme, wovon der eine zwischen den Bahamainseln und den Küsten von Florida und Nordkarolina, längs der nordamerikanischen Küste hinauf bis New York strömt. Nun aber wendet er sich in einem bogenförmigen Laufe nach Osten und nimmt seine Richtung, indem er nur die südliche Spitze der Bank von New-Fundland berührt, nach den Küsten von Norwegen, wo er sich wieder in 2 Arme teilt, wovon der eine noch dem Polarmeere hinauf flutet, der andere aber wendet sich südlich, an Spaniens und Portugals Küsten — freilich nicht ganz nahe denselben — vorbei, den Wendekreisen entgegen und dem Orte, wo wir ihn seinen Anfang nehmen ließen.

Der zweite Hauptarm dieser, in den mexikanischen Meerbusen sich ergießenden großen Meeresströmung läuft längs den brasilianischen Küsten, endlich um das Kap Horn und durch die Magellanische Meerenge, an die westlichen Küsten Südamerikas hinauf bis zu den Wendekreisen, und strömt dann quer durch das stille Meer nach den Küsten von Asien hin. Hier teilt er sich abermals, wie im mexikanischen Meerbusen, in 2 Arme: der eine geht nach Norden durch die Beringsstraße ins Eismeer, der andere geht durch die Meerengen unter Ostindien, bis gegen die Südspitze von Afrika, macht einen krummen Bogen um dieselbe und nähert sich dann den Westküsten von Afrika wieder, wo er längs denselben hinaufströmt, und so den Punkt zwischen den Wendekreisen wieder erreicht, von wo wir ihn ausströmen ließen. In den mexikanischen Meerbusen strömt er, 1,5 bis 2 Meilen breit, ein. und mit so reißender Schnelligkeit, dass wenigstens der nach dem Norden hinaufflutende Arm 6 bis 8 Meilen, in der Nähe der Azoren aber nur 2 bis 3 Meilen, in einer Stunde zurücklegt.

Ist nun diese Schilderung von dem Laufe des großen Meeresstroms richtig, welche ich aus einer Menge von Beobachtungen, von Seefahrern gemacht, geschöpft habe: so wird die Besorgnis; welche ich äußerte, um so mehr ins Auge springen, da, wenn der beabsichtigte Kanal durch die Gewalt des drängenden Meeres eine solche Breite endlich erhält, als nur irgend die, auf der Landenge von Panama sich findenden, entgegenstrebenden Gebirgsrücken es gestatten, durch diesen neuen Abfluss die großen Strombewegungen des Meeres eine Abänderung erleiden und vom mexikanischen Meerbusen aus künftig nicht so viel Wasser nach dem Norden und nach dem Süden abgeführt werden dürfte. Wäre aber der Kanal weit genug, die ganze Strömung des atlantischen Meeres aufzufassen und unmittelbar ins stille Meer abzuführen: so würde natürlich von Amerika die Strömung sowohl nach Norden als nach Süden gänzlich aufhören. Dies nenne ich nun die Ruhe und das Gleichgewicht des Meeres stören, und wir können, wenn auch nur zur Hälfte diese Strombewegung des Meeres anders geleitet wird, immer nicht zum voraus die Folgen davon berechnen. Denn wenn z. B. jene ungeheure Wassermasse, welche nun durch den Meeresstrom vom Norden nach unsern Gegenden wieder zurückgeführt wird — zwischen Nord Amerika und Norwegen soll er eine Breite von 200 Meilen erreichen — ganz oder zum Teil aufhören sollte, was würde daraus anders entstehen, als ein sehr bemerkbares Fallen des Meeres in unsern Gegenden?
Flörke in K. Mulsow.
Panama - Landkarte

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Panama-Kanal

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Panama - Schleusentor am Panama-Kanal

Panama - Schleusentor am Panama-Kanal

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