13. Ausbruch neuer Feindseligkeiten. Kämpfe bei Budua, Troiza und Castelnuovo.

Gauthier, der Kommandant von Cattaro, bemühte sich gerade um diese Zeit, den Vladika von jeglichen kriegerischen Plänen abzubringen. Im Herbst 1811 sah man die englischen Kriegsschiffe oft an der bokelischen Küste vorbeifahren. Ein Teil der englischen mittelländischen Flotte stationierte bei der Insel Lissa, die die Engländer im Jahre 1810 den Franzosen weggenommen hatten. Als Gauthier erfuhr, dass der englische Marinekapitän William Hoste, welcher Befehlshaber über die Schiffe bei Lissa war, in geheimen Verhandlungen mit dem montenegrinischen Vladika stehe, fürchtete er, diese Verhandlungen mochten vielleicht Cattaro und ihn angehen. Er schrieb deswegen einen Warnungsbrief an den Vladika. Dieser Brief, der am 23. Februar 1812 geschrieben wurde, lautet folgendermassen: «Ich weiss wohl, dass die englischen Agenten zu Ihnen kommen werden, aber die Engländer sind listig. Nehmen Sie sich, Ihre Hochwürden, in acht, damit jene Sie nicht betrügen, wie sie alle Kontinentalstaaten betrogen haben, welche sie in unglückliche Kriege gestürzt und dann verlassen haben. Mögen sich die Montenegriner in die Angelegenheiten grosser Völker nicht einmischen, sondern Frieden halten und Freunde ihrer Nachbarn, der Franzosen, sein. Auf diese Weise werden sie ihren Wohlstand, ihre Unabhängigkeit und ihre Ruhe bewahren.»[83]

Diese Mahnung nützte nichts. Denn bald darauf erschien in Cetinje der englische Offizier Danys, den Hoste entsandt hatte. Er sprach mit dem Vladika über die Vertreibung der Franzosen und die Befreiung der Bocca. Er versprach englische Unterstützung vom Meere aus. Nur überliess er es dem Vladika, den günstigen Augenblick zum Angriff zu wählen und Hoste davon rechtzeitig in Kenntnis zu setzen. Diese Botschaft war für den Vladika höchst erfreulich und willkommen. Doch er wollte nicht allzu eilig sein. Er wartete geduldig auf den geeigneten Augenblick. Was er eilig tat, das war die Vorbereitung zu neuem Kampf.


Erst nach der französischen Niederlage in Russland, erliess er am 8. September 1813 eine Proklamation an das Volk, in welcher er dasselbe zum Kampf gegen die Franzosen aufforderte. Dieser langersehnte Ruf des Vladika wurde von den Montenegrinern freudigst aufgenommen. Sie brauchten nicht viel Zeit, um sich kriegsbereit zu machen. Zugleich sandte der Vladika einen Bürger aus Cattaro, Zifra, nach Lissa zu dem Kapitän Hoste.[84] Ohne eine Antwort von dem englischen Kommandanten der Eskader abzuwarten, zog der Vladika sofort mit seinem versammelten Heere nach Budua, das er am 21. September belagerte. Nach zwei Tagen ergab sich die Stadt, und bald folgten alle umliegenden Ortschaften ihrem Beispiel[85] und schlossen sich den Montenegrinern an.

Der Vladika hatte nicht das ganze Heer mitgenommen. Ein Teil desselben, unter Führung von Vuko Radonic, griff am 22. September die Festung von Cattaro, Troiza, an. Die Franzosen kamen aus der Stadt der Festung zu Hilfe. In heftigem Kampfe wurden die Montenegriner zweimal durch das Geschützfeuer zurückgeworfen. Diese Festung war die beste und stärkste neben derjenigen in Castelnuovo. Sie wurde geschützt nicht bloss durch ihre eigenen Geschütze, sondern auch durch solche, die auf dem steilen Abhang der Stadt zur Verteidigung aufgestellt waren. Bei den unermüdlichen Angriffen der Montenegriner vermochte sich die Festung dennoch nicht lange zu behaupten. Als die Franzosen einsahen, dass sie die Festung übergeben müssten, zündeten sie eine Unmasse Pulver an und steckten dieselbe in Brand.

Nach diesen zwei Kämpfen schrieb der Vladika wiederum an Hoste und ersuchte ihn, baldigst mit der Eskader vor Cattaro zu erscheinen. Der Eingang in die Bucht wurde der englischen Flotte insbesondere erleichtert durch zwei andere kleinere Siege über die Franzosen. Die französischen Batterien waren auf den zwei die Bucht überragenden, sich gegenüberliegenden Bergen Verige und Rosse aufgestellt. An dieser Stelle hätte darum keine feindliche Macht ohne grosse Gefahr nach Cattaro vorzudringen vermocht. Um von dort die Franzosen zu vertreiben, griffen die Montenegriner am 27. September die französische Batterie auf dem Verige an und bemächtigten sich derselben nach starkem Feuer und Gegenfeuer. 14 italienische Soldaten wurden gefangengenommen und drei zurückgelassene Geschütze gefunden. Am 18. September wurde auch die andere Batterie auf dem Rosse angegriffen, die Soldaten von dort vertrieben und vier Geschütze genommen.

Jetzt vermochte also eine Flotte gefahrlos in die Bucht bis vor Cattaro zu fahren.

Am 12. Oktober lief Hoste in die Bucht ein. Bei seinem Durchgang bis nach Cattaro konnte er den heftigen Kämpfen zwischen Franzosen und Bokelo-Montenegrinern auf beiden Seiten der Bucht zusehen. Das waren Gefechte in den umliegenden Dörfern, welche von Natur so befestigt sind, dass ein jedes für sich als ein Bollwerk betrachtet werden kann. Prtchanj und Dobrota ergaben sich. Bei Perast kam es zu einem besonders heftigen Zusammenstoss. Die Perastaner vertrieben mit Hilfe von einigen Montenegrinern die Franzosen und befreiten ihre Stadt. Die kleine Festung oberhalb von Perast war nicht leicht zu bezwingen; endlich aber mussten auch hier die Franzosen weichen. Die Perastaner fanden dort einige Geschütze und andere Waffen. Diese kleine Festung beherrschte die Insel St. Georg vor Perast, wo sich eine französische Batterie befand. Deshalb war ihre Eroberung nun sehr erleichtert. Nach langer Beschiessung musste sich die Insel ergeben. Die Bokelen nahmen 80 Franzosen gefangen und fanden daselbst 10 Geschütze.

Noch am 10. Oktober entsandte der Vladika Sava Plamcuaz mit einer Abteilung Montenegriner nach Castelnuovo, um die Stadt und beide Festungen zu belagern und die Verbindung zwischen der Bocca und Ragusa abzuschneiden. Sobald nun die Engländer vor Cattaro angelangt waren, kam nach einer kurzen Verabredung zwischen dem Kommandanten Hoste und dem Vladika auch das übrige Heer nach Castelnuovo. Eine Abteilung Engländer gesellte sich zu den Slaven und marschierte an der Küste längs der Bucht von Cattaro nach Castelnuovo ab. Hoste selbst kehrte mit seinen Schiffen um und machte gegenüber von Castelnuovo halt.

So wurde Castelnuovo stark belagert vom Lande und vom Meere aus. Die Bombardierung fing sofort an. Die Franzosen leisteten zwei Tage und zwei Nächte lang zähen Widerstand. Aber länger vermochten sie sich nicht zu halten. Sie ergaben sich, und somit fielen auch beide Festungen Castelnuovo und Espagnola den Belagerern in die Hände. Hoste und Vladika liessen eine Besatzung in den Festungen und kehrten dann nach Cattaro zurück.

Von allen Städten und Festungen der Bocca blieb nur noch Cattaro in dem Besitz der Franzosen. Und seine Eroberung war doch die Hauptsache. Nun sollte auch sein Schicksal baldigst entschieden sein.