11. Uebergabe der Bocca nach dem Tilsiter Frieden.

In der Bocca herrschte bereits einige Monate Ruhe. Die Festungen bei Castelnuovo und Cattaro wurden natürlich stets bewacht. Der grösste Teil der russischen Truppen mit einer kleinen Zahl von Bokelen und Bergleuten verliess das militärische Lager, zog heim und ging seiner gewohnten täglichen Beschäftigung nach. Dann und wann wurden sie bald hier- bald dorthin zum Kampfe gerufen, wie wir bereits gesehen haben. In der Bocca selbst gab es seit dem Kampfe bei Castelnuovo keine Schlacht mehr. Kleinere Gefechte und Scharmützel mit den Franzosen wie mit den benachbarten Türken, die seit ihrer Verbrüderung mit den ersteren noch lästiger und aufdringlicher geworden waren, hörten nie auf.

Die Ereignisse in Nordeuropa lenkten wiederum die Aufmerksamkeit der Bokelen auf sich. Preussens Macht war vernichtet, der Krieg zwischen Frankreich und Russland in vollem Gange. Das Glück neigte bald auf diese, bald auf jene Seite. Die Heere Russlands waren zersplittert; es kämpfte im Süden gegen die Türkei und im Nordwesten gegen Napoleon. England unterstützte seine Bundesgenossen nur durch eine Flottendemonstration vor Konstantinopel. Es wagte aber keine militärische Hilfe Russland gegen den Welteroberer zu gewähren. Oesterreichs Haltung war schwankend. Dieser Staat war durch die bestandenen Kriege vollständig erschöpft. Darum konnte man es mit einem erschreckten Kinde vergleichen, das auch den kleinsten Schlag fürchtet, von welcher Seite immer derselbe kommen mag. Oesterreich wagte weder mit Russland noch mit Frankreich zu halten. Es bekundete aber seine Sympathie sowohl dem einen wie dem andern Staate. Im Herbst des Jahres 1806 schrieb Prinz Eugen an General Marmont: «Du reste, la France est dans la meilleure union avec l'Autriche; on ne prévoit aucune expédition contre la Dalmatie.»[69] Und im Januar 1807 schrieb an denselben der General-Major aus dem Hauptlager zu Warschau: «Jusqu'à cette heure nous paraissons toujours assez bien avec l'Autriche, qui paraît comprendre qu'elle a beaucoup à gagner avec la France et à perdre avec les Russes. Les Autrichiens craignent les Français, mais ils craignent aussi les Russes. Il paraît qu'ils out vu de mauvais oeil l'envahissement de la Valachie et de la Moldavie.»[70]


Die Schlacht bei Friedland (14. Juni) entschied endlich alles. Die Russen unterlagen und nach einigen Tagen kam der Friede zustande. Schon am 8. Juli schrieb der General-Major an Marmont: «Je vous expédie un courrier-général, pour vous faire connaître que la paix est faite entre la France et la Russie, et que cette dernière puissance va remettre en notre pouvoir Cattaro.»[71]

Nach dem Tilsiter Vertrag sollte also die Bocca an die Franzosen übergeben werden. Anfangs August bekamen Marmont und Senjavin von ihren Regierungen Befehle, der eine, die Bocca zu übernehmen, und der andere, dieselbe auszuliefern. General Lauriston hatte die Okkupation der Bocca zur Aufgabe bekommen. Noch am 26. Juli schrieb er dem russischen Kapitän Baratinski, dass der Friede zwischen den beiden Gegnern geschlossen sei, und dass er nächstens kommen werde, um die Bocca zu besetzen. Am 10. August marschierte er in das Land ein und übernahm Castelnuovo und zwei Tage darauf auch Cattaro und die übrigen Städte der Bocca.[72] Die Franzosen fürchteten, dass die Russen Cattaro etwa den Engländern übergeben würden. Dann bekam Marmont den Befehl, in aller Stille die Städte und Festungen des Landes zu okkupieren.[73] Die Okkupation der Bocca vollzog sich in der Tat in aller Ruhe und Stille. Die Russen zogen sich freiwillig zurück. Der Vladika war schon vorher wegen Unruhen an den Grenzen seines Landes aus der Bocca abgezogen.

Die Bocea ergab sich, von allen verlassen, ihrem neuen Herrn.