Von der unerträglichen Weitschweifigkeit der preußischen Behörden. - Die Folgen des Mangels für die Bevölkerung. - Geschützdonner aus der Ferne. - Am Ufer der Saale. - Dornburg, Jena, Naumburg, Weißenfels, Leipzig, Halle, Magdeburg. - Die Franzosen nehmen die großen Preußischen Magazine. - Die Versorgung der Truppen ist in Gefahr.

Man kann nichts prächtigeres sehen, als das zahlreiche und mächtige Heer, welches hier in einem unabsehbaren Lager steht. Welche Schönheit der Menschen und Pferde! welcher Ueberfluß an Geschütz! alles im trefflichsten Stande. Aber leider ist schlecht für den Unterhalt dieser großen Menschenmasse gesorgt. Je mehr Kommissariate wir haben, desto weniger wird für den Soldaten gethan. Kaum hier angelangt, hat er schon Mangel an allem, selbst an Brandtwein, dem großen und unentbehrlichen Bedürfniß des Kriegsmannes. Brod ist das einzige, was ihm zu seiner Erhaltung noch übrig bleibt. Es fehlt an Lieferanten und Marketändern. Dazu kömmt die unerträgliche Weitschweifigkeit in dem Gange aller unserer Geschäfte; jedes muß erst durch hundere Unter- und Oberbehörden gehen, ehe es bis zur Vollziehung gedeihet; man schreibt wo man handeln sollte, und der Soldat muß hungern, weil vielleicht noch kein ganz genaues und vollständiges Schema zu den Quittungen, über die für ihn bestimmten Lebensmittel, entworfen ist. Ferner, die in den Preußischen Finanzoperationen herrschende sonderbare Oekonomie, welche heut eine Kleinigkeit erspart, und dafür Morgen Tausende wegwirft. Endlich beweiset alles, das auf den gegenwärtigen Fall gar nicht gerechnet war, und daß die schnelle und überraschende. Erscheinung des Französischen Heers in unserer Nähe, nicht in dem Plane unserer Feldherren lag.

Die Folge des Mangels war nicht nur Mißmuth und Unzufriedenheit unter den Soldaten; sondern er veranlaßte auch eine Plünderung der umliegenden Dörfer. Scheuren und Ställe wurden erbrochen, Heu, Stroh, Getraide und Vieh fortgeschleppt, und die vorräthigen Gemüse aus den Gärten und von den Feldern geraubt. Als die Armee am 13ten Morgens die Zelter abbrach, sah man auf den verlassenen. LagerpIätzen große Haufen von Kohl, Kartoffeln, Rüben und anderen geraubten Gemüsen, welche vielen hundert Familien ihren Winterunterhalt gewährt hätten, und jetzt zurückgelassen werden mußten.


Ich war am 12. in Weimar, diese Stadt, die Pflegerin der Wissenschaften und der schönen Künste des Friedens, wimmelte von Soldaten und andern zur Armee gehörigen Personen. Die meisten davon waren dort, um Lebensmittel einzukaufen; aber sie mußten mit leeren Händen und unbefriedigten Magen wieder abziehen, denn nicht einmal Brod konnte man haben.

Es war eben Sonntag und schönes mildes Herbstwetter. Die Bewohner Weimars walfahreten in zahlreichen Schaaren, zu Wagen und zu Fuße, in das Preußische Lager, und die schönen Weimaranerinnen erschienen dabey zum Theil in den elegantesten Aufzuge. Ach! sie ahneten noch nicht die Scenen der komenden Tage.

Der 11. und 12. gingen uns ruhig vorüber, nur aus der Ferne brüllte zuweilen der Donner des Geschützes. Aber immer näher rückte die furchtbare Stunde der Entscheidung heran.

Ohne sich durch die lezten Bewegungen des Preußischen Heers in der Verfolgung ihrer Plane stören zu lassen, senkte sich die Französische Armee immer tiefer am rechten Ufer der Saale, hinter Jena und Dornburg bis Naumburg herab; die Preußischen Magazine bey Weißensels und Naumburg wurden genommen und die leichten Truppen der Feinde durchschwärmten das ganze Land bis Leipzig und Halle, und sezten alles umher in Schrecken.

Der linke Flügel des Preußischen Heers war umgangen, der Rücken bedroht, und die Gemeinschaft mit Magdeburg in Gefahr. Es fehlte an Subsistenz, denn die großen Magazine bey Hof, Zwickau, Naumburg und Weissenfels waren vom Feinde genommen, und das kleine und arme Weimarsche Land bot keine Mittel zur Unterhaltung für so viel Tausende von Gästen an. Nichts blieb den Preußischen Feldherren übrig, als eine Schlacht zu wagen, um sich aus ihrer verzweifelten Lage zu reißen, welche sie selbst durch Unentschlossenheit, Planlosigkeit und sorglose Verachläßigung aller Mittel, von den feindlichen Bewegungen richtigeNachrichten zu erhalten, herbeigeführt hatten.