Gemeindebackhäuser

Wir leben einmal in Zeiten, wo es höchst notwendig ist, alle Mittel zu ergreifen, welche zur Ersparung des Holzes und zur Abwendung des Mangels beitragen können. Unter diesen Mitteln ist gewiss die Abschaffung der Hausbacköfen, und dagegen die Einführung der Gemeindebackhäuser das erste und wichtigste. Die Backöfen sind, in Rücksicht der Feuersgefahr, kein geringer Gegenstand der Polizei, vorzüglich aber sind sie auch wegen der Holz-Konsumtion wichtig, und werden es täglich mehr. Ungeheuer groß ist der Holzaufwand, welcher nur zum Brodbacken gemacht wird. Das Brod ist das erste und nochwendigste Nahrungsmittel der Menschen, und die Konsumtion desselben kann also unmöglich eingeschränkt werden; ob aber ein Land sein benötigtes Brod nicht auch auf eine Art erhalten könne, wobei nur die Hälfte Holz gebraucht wird? ist eine Frage, die schon längst durch die Erfahrung, und mit dem nützlichsten Erfolge, entschieden ist. Das Backen, so wie die Erbauung der eigentümlichen Backöfen einer jeden Haushaltung, ist zwar ein Recht, das in der natürlichen Freiheit gegründet ist, und nicht durch willkürlichen Willen aufgehoben werden kann; gleichwie aber mit der bürgerlichen Verfassung viele natürliche Freiheiten und Rechte zum allgemeinen Besten beschränkt werden mussten; so erfordern auch jetzt die Zeitumstände und die gemeine Wohlfahrt die Beschränkung der Backfreiheit inbesondere. Die eigenen Backöfen der einzelnen Haushaltungen haben zwar viele Vorteile für die Besitzer; allein so groß auch immer diese Gemächlichkeiten sein mögen, so sind sie doch mit dem großen Nutzen, welcher aus der Holzersparnis vermittelst der Gemeindebackhäuser entspringt, nicht zu vergleichen. —

In Ländern, welche noch dazu in Rücksicht der Holzkultur vor andern weit oben stehen, hat man die Einführung der Gemeindebackhäuser so nützlich als notwendig gefunden; aber die meisten, worunter auch wir gehören, hängen noch an der alten Gewohnheit, ob, sie gleich die Holzersparnis, aus mehr als einem Grunde, zu ihrem Hauptaugenmerk machen sollten. Wenn Beispiele, oder unleugbare Beweise von der Nützlichkeit einer Sache überzeugen können; so ist es töricht, so lange zu warten, bis man durch drückende Not gezwungen wird, das zu tun, was man schon längst hätte tun können und sollen. Wie gerne möchte ich Unrecht haben, wenn ich sage: die Plusmacher wissen gemeinnützige Anstalten der Art immer zu verhindern, weil durch die geringere Holz-Konsumtion und die fallende Holzpreise die landesherrlichen Einkünften geschmälert, aber nicht vermehrt werden; gerne will ich irren, wenn ich dafür halte, dass dieser Umstand die Hauptursache der Unterlassung mancher nützlichen Anstalten, und insbesondere der allgemeinen Einführung der Gemeindebackhäuser sei. Was hindert die Einführung derselben? der zur Erbauung nötige Kostenaufwand beläuft sich für das Ganze freilich hoch, aber er gibt keinen Grund zur gänzlichen Unterlassung des nützlichen Werkes ab, denn die Sache muss ja nicht auf einmal und in allen Orten zugleich geschehen. Der Landesherr baut die Gemeindebackhäuser auf seinen Domainen- und Kammergütern, und kann sich einen gewissen Backofenzins entrichten lassen, wodurch ihm nicht nur seine Auslage reichlich ersetzt wird, sondern auch dadurch die landesherrliche Einkünfte für beständig vermehrt werden. Wo hingegen Privatgüter sind, da ist es die Sache der Gemeinden, welche aus ihren Mitten die Erbauung zu bestreiten haben. Man darf hier nicht befürchten, dass sie sich gegen die Einführung der Gemeindebackhäuser setzen werden; sollte aber dieses der Fall sein, so kann man Zwangsmittel gebrauchen, und sie zur Annahme einer Anstalt nötigen, gegen die sich keine begründeten Einwürfe machen lassen. Indessen wird man selten in den Fall kommen, seine Zuflucht zu Zwangsmitteln nehmen zu müssen, vielmehr werden die Gemeinden solche Anstalten nicht nur mit Dank annehmen, sondern auch freiwillige Beiträge dazu machen. Es gibt Gegenden, worunter vorzüglich auch die hiesige gehört, wo das Holz, welches eine Haus-Haltung zum jedesmaligen Backen gebraucht, beinahe so viel am Werte beträgt, als die Hälfte des Brotes, und die Holzteuerung übersteigt alle Begriffe. Was kann für solche Gegenden willkommener und wohltätiger sein, als Anstalten, welche zur großen und wichtigen Ersparung des Holzes, und dadurch, zur Verminderung der Holzpreise abzwecken. Und wie notwendig hat nicht unsere Rheinpfalz solche Anstalten! Auffallend ist die merkwürdige Abhandlung, welche Herr Hofkammerrat Kling schon vor mehreren Jahren in der Mannheimer Akademie vorgelesen hat. Wer staunt nicht bei den Worten:


„Seit zehn Jahren hat sich die Pfalz um 6.879 Familien, 26.362 Seelen vermehrt. 3.268 Häuser und 2.227 Scheunen sind mehr gebaut worden. Man hat um 692 Pferde, 984 Ochsen, 4.750 Kühe, 8.615 Rinder, 5.420 Schweine mehr gezogen, nur die Schafzucht hat sich vermindert. Die Waidplätze nahmen in dieser Zeit ab um 8.838 Morgen; die Äcker nahmen zu um 8.983 Morgen, und die Wiesen um 5.640 Morgen. Aber dadurch ward die Gefahr vor Holzmangel vermehrt, weil außer der vergrößerten Konsumtion des Holzes auch verschiedene Waldteile ausgerottet wurden, um Äcker daraus zu machen. Da die Rheinpfalz aus 65.910 Familien besteht, so kann man für den jährlichen notwendigen Aufwand an Brennholz 182.616 Wägen, und für die übrigen Holzbedürfnisse 20.000 Wägen, in allem, Hof und Garnison mit eingeschlossen, 252.616 Wägen rechnen. In der Pfalz sind zusammen 330.000 Morgen Wald, welche 178.000 Wägen Holz geben. Das Rebholz von den Weinstöcken gibt 8.450 Wägen. Weiden, Erlen u. s. w. 2.000 und 6000 Wägen Leßholz; dies macht die Summe von 218.650 Wägen. Es bleibt also noch ein Bedürfnis übrig von 33.966 Wägen.“

So weit Herr Hofkammerrat Kling. Nimmt man jetzt noch die durch den Krieg auf mehrere Menschenalter ruinierte Waldungen dazu; berechnet man die immer steigende Holz-Konsumtion, und die abnehmende Produktion, indem noch täglich Waldungen ausgerottet und urbar gemacht werden; so ist es wohl kein Wunder, wenn von alten Seiten Klagen über Holzmangel geführt werden, und mancher nicht mehr im Staude ist, die großen Holzpreise zu erschwingen.

Seit einigen Jahren wurden die den hiesigen Einwohnern zukommende Bürgergaben aus dem Kommun-Walde jährlich verringert, und jetzt kam es endlich so weit, dass, ohne gänzlichen Ruin des Waldes, gar kein Holz mehr abgegeben werden kann. Die ärmeren Bürger konsumierten selten mehr Brennholz, als was sie hier aus ihrem Walde unendgeldlich zur Bürgergabe erhielten; wo sollen diese nunmehr ihr benötigtes Holz hernehmen? Womit soll die ganze Bürgerschaft ihre Weinberge bauen, da auch keine Eichstämme mehr abgegeben werden können? Dieser klägliche Waldzustand ist noch an mehreren Orten anzutreffen, und wird sich nach und nach überall einstellen, wenn man nicht mit Ernst darauf bedacht ist, ihm durch holzsparende Anstalten in Zeiten zu begegnen.

Möchte doch folgende Berechnung von der großen Holzersparnis, welche Kurpfalz durch Einführung der Gemeindebackhäuser erhalten würde, auf diejenigen starken Eindruck machen, welche Macht haben, nützliche Anstalten zu treffen *).

Die Rheinpfalz besteht überhaupt aus 19 Oberämtern; und wenn jedes Oberamt im Durchschnitte wieder zu 85 Ortschaften angenommen wird; so enthält die ganze Pfalz 1.615 Ortschafen. Jeder Ort soll wieder aus 40 Haushaltungen bestehen, so würde die ganze Rheinpfalz 64.600 Haushaltungen enthalten **). Jede Haushaltung besteht wieder aus 8 Personen, folglich alle Haushaltungen aus 516.820 Menschen. Nun muss nach den eingezogenen

*) In einigen kurpfälzischen Orten sind zwar schon seit geraumer Zeit Gemeindebackhäuser mit dem nützlichsten Erfolge eingeführt; aber was wollen sechs bis acht Ortschaften in einer ganzen Lande sagen!

**) Dass diese Anzahl zu klein ist, weiß jeder, der die Bevölkerung von Kurpfalz kennt; aber es geschieht mit Absicht, um bei dem nachmaligen Resultat keiner Überspannung beschuldigt zu werden.


Nachrichten jede Haushaltung, im Durchschnitte genommen, alle 14 Tage einmal backen, und wird jedesmal fünf Simmern Mehl, und zur Heizung des Ofens 4 Scheitholz erfordert. Da nun eine Haushaltung jährlich 26 Backtage und auf jeden Backtag 4 Scheitholz nötig hat; so ist die jährliche Backholz-Konsumtion einer Haushaltung 104 Scheitholz. Ein Ort besteht aus 40 Haushaltungen; also konsumiert eine Ortschaft jährlich 4160 Scheitholz, und weil die Rheinpfalz 1.615 solche Ortschaften hat; so ist die jährliche Backholz-Konsumtion des ganzen Landes 6.718.400 Scheitholz, welche, wenn 220 Scheite auf 1 Klafter gerechnet werden, 33.592 Klafter betragen. Dieses ist also der enorme Holzaufwand, welcher durch die eigenen Backöfen der Haushaltungen jährlich gemacht wird. Ich komme jetzt an die Gemeindebackhäuser, um die Holz-Konsumtion dieser mit jener zu vergleichen.

Die Gemeindebacköfen sind bekanntlich von der Größe, dass wenn in einem Bauernbackofen fünf Simmern auf einmal verbackt werden können; so kann man in jenen 15 Simmern auf einmal verbacken, und dieses täglich zwei bis dreimal wiederholen. Nach der obigen Rechnung verbackt eine Haushaltung alle Jahr 26 Backtagen 130 Simmern Mehl, und gebraucht hierzu 124 Scheitholz. Der Gemeindebackofen erfordert zur ersten Heizung 9 Scheitholz, und verbackt 15 Simmern; die zweite Feuerung geschieht mit 5 Scheitholz, weil de Ofen noch von der ersten erwärmt ist, und verbackt wieder 15 Simmern; folglich erfordert der Gemeindebackofen 14 Scheitholz, um 30 Simmern Mehl zu verbacken, wo hingegen ein Bauernbackofen 24 Scheitholz hiezu gebraucht. Da nun eine Haushaltung jährlich 130 Simmern Mehl verbackt; so tut dies auf einen Ort, der 42 Haushaltungen enthält, 5.200 Simmern Mehl. Der Gemeindebackofen, welcher auf zweimal mit 14 Scheitholz 30 Simmern verbackt, würde also zu 5.200 Simmern Mehl 173 mal müssen geheizt werden, und hätte zu jeder Heizung 14, folglich zu 163 Heizungen 2.422 Scheitholz nötig. Die Rheinpfalz hat 1.615 Ortschaften; und da der Gemeindebackofen eines jeden Otts 2.422 Scheitholz konsumier; so würde das ganze Land 3.911.530 Scheitholz, oder 19.557 Klafter Holz zum Backen gebrauchen.

Nach obiger Berechnung war bei den einzelnen Bauernbacköfen die Holz-Konsumtion 33.592 Klafter; die Gemeindebacköfen aber erfordern 19.557 Klafter, folglich würden durch diese alle Jahr 14.035 Klafter Holz erspart.

Welch ein großer Gewinn für holzarme Länder! welch ein wirksames Mittel wider Holzteuerung und Holzmangel! Könnte ich doch diejenigen, welche vorzüglich für die gemeine Wohlfahrt zu sorgen haben, recht tief überzeugen, dass die ganze Kunst, das Forstwesen in Flor zu bringen, lediglich darin bestehe, die vorhandene forstwissenschaftliche Grundsätze, in Verbindung mit holzsparenden Anstalten, auszuführen, und dass alle Gesetze und Verordnungen unwirksam seien, so lange sie nicht von solchen Anstalten begleitet sind. Die jährliche Ausdehnung der Forstwissenschaft, wo man oft mit Gewalt neue wissenschaftliche Zweige in ihr Gebiet zieht, macht gewiss die Waldungen nicht blühend; ja, ich mochte fast das Gegenteil behaupten, indem das einfache Studium des Forstwesens nicht selten dadurch erschwert, und der Forstlehrling nur mit wissenschaftlichem Winde angefüllt wird. Zu was jener Schwalm wissenschaftlicher Grundsätze, welche zwar vom Katheder schön klingen, meistens aber im Walde nur leere Worte sind? hierdurch will ich nicht sagen, dass Theorie überflüssig sei; nein, davon bin ich weit entfernt, und bin tief von der Wahrheit durchdrungen, dass Praxis ohne Theorie eben so wenig als Theorie ohne Praxis nütze, und dass nur beides mit einander vereinigt, den echten Forstmann ausmache. Dass aber durch die jährliche Erweiterung der Theorie dieser Wissenschaft die hohen Holzpreise weder getilgt, noch die Gefahr vor Holzmangel vermindert werde; dieses ist eben so wahr. Man hat in allen Stücken die vortrefflichsten Grundsätze in Anpflanzung, in Wartung und Erhaltung der Wälder; man hat die Natur der Bäume, das für sie taugliche Klima und Erdreich auf das genaueste entdeckt, und es fehlt an keiner guten Forst-Wissenschaft, aber es mangelt an achten Forstmännern, an holzsparenden Anstalten und an Wirtschaft überhaupt. Wird man diesen Abgang ersetzt haben, dann wird das Forstwesen blühen, und man wird vielleicht nicht nötig haben, zur Abwendung des Holzmangels fremde schnell wachsende Holzarten anzupflanzen, unsere einheimische Hölzer werden zur Befriedigung unserer Bedürfnisse hinlänglich sein, und wir werden Mangel und Teuerung auf immer vertrieben haben. So lang aber der Wert der Waldungen nicht vollkommen erkannt ist; so lang ihre Verwaltung jedem übertragen wird, und nicht alle Bemühungen und Gesetze auf Wirtschaft und holzsparende Anstalten abzielen; so kann und wird uns keine Schlag - Einteilung und Anpflanzung noch so schnell wachsender Holzarten, vor Holzmangel schützen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Forst - Rügen