naturgeschichte, Heidenthum, Wölfe, Opferspeise, Ernteopfer, Gustav Adolph, Werwolf, Werwolfsage, Malchin.

Es bleibt noch übrig, einen forschenden Blick in die Naturgeschichte zu werfen, denn bei der eigenthümlichen sinnlich poetischen Anschauungsweise des Heidenthums tritt das innige Verhältniß zwischen Gott und Natur nur um so deutlicher hervor, weshalb wir nicht zweifeln dürfen, in den Thiersagen und selbst in den Namen der Pflanzen und Thiere zahlreiche Spuren der alten Götter zu finden.

In Bezug auf Wodan ist hier vor allem des Wolfes zu gedenken. Die wichtige Rolle, welche dieses Thier in der nordischen Sage spielt, ist bekannt. Othin selbst hatte beständig 2 Wölfe zu seiner Seite, Geri die Gier und Freki den Grimm, welche die gesammte, dem Gotte dargebrachte Opferspeise verschlangen. In den einheimischen Sagen vertritt der Wolf daher mehrmals gradezu die Stelle des Gottes selbst, z. B. oben in dem Ernteopfer. Daher wagte es Niemand während der Zwölften den Namen des Thieres zu nennen, aus Furcht, daß er auf den Ruf erscheinen möge, wie das Sprichwort: „wenn man vom Wolfe spricht, ist er nicht weit“, beweis’t. In dem angeführten Edicte des Herzogs Gustav Adolph vom 14. Decbr. 1683 wird dieser Aberglaube speciell hervorgehoben. Auch Franck (A. und N. M. I, S. 55) versichert, daß der Schäfer um diese Zeit lieber den Teufel nenne, als den Wolf, aus Furcht, daß er ihm sonst unter die Schafe fahre, und Mantzel 1) erzählt, daß ein Bauer selbst den Namen seines Amtmanns, welcher Wolf hieß, nicht auszusprechen gewagt, sondern ihn Herr Undeert (Unthier) genannt habe. Das Thier aber hieß um diese Zeit „der Graue“. Grade so scheuet man sich, den Namen des Teufels zu nennen, welcher andrer Seits gleichfalls als seelenverschlingender Wolf dargestellt wird. Allgemein bekannt ist ferner die Sage vom Werwolf, wornach viele Menschen die Macht besaßen, sich durch Anlegung eines Wolfgürtels in einen Wolf zu verwandeln, und dann in der Nacht als Werwolf umherschweiften, um ihre Feinde oder deren Vieh zu zerreißen. Im Jahre 1682 wurden mehre Menschen in Fahrenholz, welche angeklagt waren, daß sie sich in Wölfe verwandeln könnten, in gerichtliche Untersuchung gezogen, und noch vor 30 Jahren wurden in allen Kinderstuben zahlreiche Beispiele dieser Zauberei erzählt, obgleich es bei uns seit länger als 100 Jahren keine Wölfe mehr giebt; ein Beweis, wie allgemein diese Sage ehemals verbreitet gewesen sein muß, so viel ich mich aber erinnere, habe ich in meiner Jugend nur von männlichen Werwölfen gehört, nie von weiblichen, obwohl in anderen Gegenden das Geschlecht keinen Unterschied macht. Vgl. Gr., S. 621, und K. u. Schw., S. 18 und S. 469, wo auch eine Werwolfssage von Malchin erzählt wird. Auf die nach dem Wolfe genannten Pflanzen komme ich noch zurück. - Dem Wolfe am nächsten verwandt unter den wilden Thieren ist der Fuchs. Sein Verhältniß zu den Göttern ist jedoch zweifelhaft. In Island soll er Waldthor genannt werden, ohne Zweifel mit Bezug auf seinen rothen Balg, doch scheint grade dieser Spottname zu beweisen, daß er nicht zu Thors Sippschaft gehöre. Das falsche lügnerische Wesen dieses Raubthieres paßt bei weitem besser zu Wodan. Auch scheint es, daß auch sein Name in den Zwölften vermieden ward; man nannte ihn den Rothen, wie den Wolf den Grauen - Auch die übrigen Raubthiere hat das Heidenthum ohne Zweifel in Beziehung zu Wodan gedacht, doch ist uns wenig davon überliefert, was besonders in Bezug auf den Bären auffallend ist. In Bezug auf den Iltis, welcher anderswo als Katze angesehen wird (Elkatze, auch Elbthier, engl. polekaz), bemerke ich noch, daß unser Landmann ihn Hönerköter (Hühnerköter) nennt. Den Marder, Mårt, scheint man dagegen fast mit dem gespenstischen Nachtmar, welcher gleichfalls Mårt genannt wird, in Verbindung zu bringen. - Von den kleineren Thieren ist vielleicht noch die graue Maus mit den klugen Augen und den scharfen Zähnen und ihrem ganzen nächtlichen Treiben zu nennen. Ein grausamer Aberglaube hofft von einem durch die Augen dieses Thiers gezogenen blutigen Faden, den man dem Kinde um den Hals bindet, gute Wirkung auf das Zahnen desselben, und steckt in gleicher Hoffnung den bei dem Schichten ausgefallenen Zahn in ein Mauseloch. - Noch deutlicher aber tritt diese dämonische Natur bei der gespenstischen Fledermaus hervor, die den Kindern in die Haare fährt und selbst dem blutsaugenden Vampyr verwandt ist. - Wenn wilde Thiere opferbar wären, so würde ich den Hasen hieher zählen. Ich erinnere an die Haspuppen im Weihnacht und den Aberglauben, daß der über den Weg laufende Hase Unglück bringe. Auch die auf der Haide tanzenden gespenstischen Hasen sind in Meklenburg wohl bekannt.


Unter den vierfüßigen Hausthieren war zunächst das Pferd, als Schlachtroß, zumal das weiße, Othins Opferthier 2). Namentlich im Julfeste fielen auch Pferdeopfer, woher vielleicht der von Engelken in seinen Weihnachtsprogrammen angeführte Gebrauch, daß am zweiten Weihnachtstage im ganzen Lande den Pferden die Ader geschlagen und das Blut zu abergläubischen Curen gebraucht ward, seinen Ursprung haben mag; der Heilige Stephan, dessen Fest auf diesen Tag fiel, ward daher als Schutzheiliger der Pferde verehrt. Sicherer gemahnt an dies Hauptopfer Wodans der Menschen- und Pferde-Schinken, welchen der Wode dem, der ihn verhöhnt, zuwirft, indem er ihn zur Theilnahme an seinem Mahle aufforderte. Das weiße Pferd vertritt oft, gleich dem Wolfe, den Gott selbst und darum hat auch der Teufel wenigstens einen Pferdefuß, wenn er auch in Menschengestalt erscheint. Auf unsern alten Bauernhäusern sieht man noch jetzt allgemein auf der Spitze beider Giebel, über dem sogenannten Eulenloch, zwei ausgeschnitzte Pferdeköpfe, welche das Haus gegen Zauberei schützen sollen. Das ist aber nicht etwa slavische Sitte, sondern findet sich in Westfalen und dem größten Theil von Norddeutschland wieder. Ein Pferdekopf unter dem Kopfkissen des Kranken verscheucht nach Mussäus Fieber-Phantasien, und mit einem Pferdeherzen, in des Teufels Namen gekocht, kann man die Hexen zwingen, sich selbst anzuklagen. - Nächst dem Pferde gehört hieher ohne Zweifel der Hund, der gezähmte Wolf, mit welchem er auch die Wuthkrankheit theilt, der treue Gefährte des Jägers, weshalb wir ihn auf der wilden Jagd natürlich überall als Begleiter des Gottes finden, und das nächtliche Heulen der Hunde ist noch heute nach allgemeinem Glauben Unheil und Tod verkündend. Auch Hundeopfer wurden im Julfeste gebracht, worauf vielleicht die Redensart Bezug hat: „he geit aß de Hund in de Twölften“, womit der Bauer bei Güstrow Jemanden bezeichnet, der still und trübselig umherschleicht und die Gesellschaft der Menschen meidet. Das früher übliche Schlagen der Hunde um Fastnacht soll dagegen aus Italien stammen. - Nach unserer Sage fährt auch Fru Goden mit Hunden, die sie wohl nur von ihrem Gemahl entlehnt hat. Nach der Edda dagegen ist der Wagen Freya’s mit Katzen bespannt, was ich aber vielmehr auf die Frigg beziehen zu müssen glaube, welcher sonst der ihr vor allen gebührende königliche Wagen fehlen würde. Dafür spricht auch die nahe mythische Verwandtschaft der Katze mit dem Wolfe, die in unseren Hexen-Sagen deutlich hervortritt. Wie aber vorzugsweise nur Männer sich in Werwölfe verwandeln, so nur Frauen in Katzen. - Das Schaf dagegen in seinem schneeigen Winterfließ scheint sich wohl zu Frigg’s Opferthier zu eignen, weshalb die Gorloser Kinder, wie wir gesehen haben, sich umgekehrt von Fru Goden ein Lämmchen schenken lassen. Der Reisende achtet auf das Begegnen der Schafheerde; zur Rechten verkündet sie einen freudigen Empfang, zur Linken das Gegentheil.




1) Bützowsche Ruhestunden 21, S. 23.
2) Gr., S. 376 ff. Auch bei den Slaven waren Rosse dem Kriegsgotte heilig.