Hauptfest des Jahres, Nordländer, Winter-Sonnenwende, Festgebräuche, Othin, Gustav Adolph, 1682, Edict, Nicolaus und Martinus, Mummereien.

Das Hauptfest des Jahres, das 12tägige Julfest, feierte der heidnische Nordländer bekanntlich zur Zeit der Winter-Sonnenwende. An ihm wurde zwar allen Göttern geopfert, vor allen aber Othin, dem Gotte der Götter, der grade um diese Zeit am unumschränktesten herrschte. Wir dürfen daher erwarten, daß sich auch in den christlichen Festgebräuchen und dem sich daran knüpfenden Aberglauben manche Erinnerung an die einst so mächtige Gottheit erhalten habe, - und so ist es auch. Selbst an dem Christabende und in Begleitung des heiligen Christkindes wußte sich der heidnische Gott in die festlich erleuchteten Wohnungen der Gläubigen einzuschleichen und weiß es wohl noch hie und da, wenngleich bis zur Unkenntlichkeit vermummt. Auch gegen diese Entweihung des christlichen Festes erließ der Herzog Gustav Adolph; unterm 25. November 1682 ein strenges Edict, worin es namentlich heißt, daß an diesem Feste „dem gemeinen Gebrauch nach allerlei vermummte Personen unter dem Namen des Christkindleins, Nicolai und Martini auff den Gassen umher lauffen, in die Häuser entweder willig eingeruffen werden oder auch in dieselben sich hineindringen, derogestalt, daß den Kindern eingebildet wird, als wenn es das wahre Christkindlein, welches sie anzubeten angemahnet werden. Nicolaus und Martinus auch als Intercessores bei demselben die Kinder zu vertreten sich annehmen, auch sonsten andre nichtige, unchristliche, muthwillige Dinge in Worten und Werken vornehmen und treiben“. Diese Mummereien aber hätten „aus dem abergläubischen und abgöttischen Papstthum, ja wohl gar mutatis nominibus et personis aus dem stockfinsteren Heidenthume den Ursprung“, weshalb dieselben „bei willkürlicher und ernster Strafe gänzlich abgethan und durchaus bei Adel und Unadel verboten sein sollen“. Die Art der Intercession der gedachten beiden Heiligen wird nicht näher bezeichnet und auch die Schriftsteller, welche dieser Mummereien gedenken, setzen dieselben als bekannt voraus. In einem Weihnachtsprogramme des Professors Herm. Christ. Engelken in Rostock von 1727 führt dieser jedoch an, daß das Christkind weiß gekleidet, sein Begleiter, der Rug’ Klas, dagegen in allerlei rauhe Felle gehüllt und daß beide noch von einer Schaar jugendlicher Gestalten umgeben waren, welche Engel vorstellten. Der alte Franck aber, welcher gleichfalls heftig gegen diese Sitte eifert, macht die merkwürdige Aeußerung, daß wir als Christen für dergleichen Teufelsspiel billig einen Abscheu tragen und unsere Kinder nicht mit Wodansgesichtern erschreckten sollten, wann wir sie mit dem lieben Jesus-Kindlein erfreuen wollten; viel weniger sollte man ihnen Christum und den Teufel zugleich zur Anbetung darstellen.

Hiezu giebt nun der in andern benachbarten Gegenden noch bis heute erhaltene Gebrauch den besten Commentar. In den Marken, Anhalt, Hannover, Westfalen u. s. w. sucht nämlich der auch hier entweder Klas oder Ruprecht genannte Begleiter des Christkindes durch künstliche, mit weißen Tüchern behängte Auswüchse auf Rücken und Brust die Gestalt eines Schimmelreiters nachzuahmen, während andere Bursche, in der Gegend von Ruppin die Feien genannt, sich das Gesicht schwärzen und als alte Weiber verkleiden (K. u. Schw. S. 402 - 403 und Märkische Forschungen a. a. O. S. 117 - 118). - Ganz dieselbe Vermummung findet sich in andern Gegenden Norddeutschlands bis nach Thüringen hinaus und anscheinend hie und da auch in Meklenburg um Fastnacht wieder, wohin überhaupt viele ursprüngliche Weihnachts- und Neujahrsgebräuche verlegt zu sein scheinen (K. u. Schw. S. 369 u. Rabe, plattd. Volksbuch S. 227). - Dieser Schimmelreiter, ein echtes „Wodansgesicht“, ist offenbar kein Anderer, als der Gott selbst mit seinen Walkyrien, welche in Meklenburg schon 1727 in Engel verwandelt waren. Gegenwärtig kommen indeß diese Verkleidungen bei uns, so viel ich weiß, um Weihnacht überhaupt nicht mehr vor; nur die Erinnerung an den heiligen Nicolaus hat sich erhalten, indem man an dem Christabende den unartigen Kindern zu drohen pflegt, Nuhklas werde kommen und sie in den Sack stecken (worauf auch Franck anspielt), während das Kind Jes’ (gewöhnlich Klingjes) die artigen beschenke. Wie der heilige Nicolaus, dessen Fest die katholische Kirche bekanntlich am 6. December begeht, zu dieser Rolle kommt, weiß ich nicht anzugeben. Der heilige Martin dagegen, dessen das Edict von 1682 neben jenem gedenkt, der aber jetzt gänzlich vergessen ist, erscheint in andern Sagen gleichfalls als Schimmelreiter im weiten Mantel, und auch die ihm geweihete Gans weist auf Wodan hin worauf schon Kuhn aufmerksam gemacht hat (K. u. Schw. S. 517 u. a. a. O.). Uebrigens sind die Worte des Gesetzes ohne Zweifel so zu verstehen, daß einer von beiden, nicht beide zugleich, also nur eine Person unter zwei verschiedenen Namen, als Begleiter des Christkindes aufgetreten sei, wenigstens wissen schon Engelken und Franck von einer doppelten Begleitung nichts.