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Das Hauptopferthier in dem Frühlingsfeste scheint der Stier gewesen zu sein. Am Donnerstage oder Freitage vor Pfingsten ward nämlich früher bei uns der für das Fest bestimmte fette Ochse von den Schlächtern feierlich durch die Stadt geführt, mit einem Blumenkranze um das Haupt, die Hörner mit Gold- und Silberschaum belegt und einer Citrone auf der Spitze, endlich auch der Schwanz mit Blumen und bunten Bändern geschmückt, welche während des Zuges noch durch die Mädchen vermehrt wurden; kurz, in dem ganzen Aufzuge, welcher z. B. in Parchim erst vor wenigen Jahren wegen seiner Gemeingefährlichkeit (!) von der Obrigkeit verboten ward, war der festlich geschmückte Opferstier nicht zu verkennen. Dieser Pfingstochse, oder wie er in Rostock und Güstrow heißt „Pîp-Oß“, ist auch in andern Gegenden Deutschlands, namentlich in Thüringen, wohlbekannt, und der durch ganz Norddeutschland geltende Vergleich: „geputzt wie ein Pfingstochse“, beweis’t die frühere weite Verbreitung der Sitte. In der Mark herrscht in den Dörfern der Gebrauch, um Fastnacht oder Pfingsten statt des wirklichen Stieres, einen in eine Kuhhaut gekleideten Burschen, dem man einen Topf vor das Gesicht bindet und mit Kränzen und Blumen reich schmückt, als Ochsen umher zu führen und endlich unter Scherz und Jubel zu schlachten, indem man den Topf mit einem Knittel zerschlägt. - Mit diesem am Pfingstsonntage verzehrten Opferstier bringt Mantzel 1) das Lümmelbier, wie das Pfingstgelage genannt werde, in Verbindung. Lümmel ist nämlich bekanntlich bei uns ein Spottname des Stiers, mit welchem die Knaben ihn zornig zu machen suchen. - In Hannover und Braunschweig scheint man wenigstens früher am Maitage vorzugsweise Kälber geschlachtet zu haben 2). Andere Festspeisen im Frühjahre sind außer den schon besprochenen Gründonnerstagsgerichten und den Ostereiern und Oterkuchen, namentlich in der Fastnacht, Schinken, geräuchertes Rindfleisch und Knackwurst, sowie die sogenannten Hêtwecken. Der letztere Name, dessen erster Theil bald durch Hêden (Heiden), bald durch Hêde (Flachs) u. s. w. erklärt wird, bedeutet wahrscheinlich ganz einfach heiße Wecken (Semmel), da man sie, mit Butter, Zucker und Gewürz gefüllt, heiß aufträgt und in heißer Milch genießt, während gewöhnliche Wecken nur kalt gegessen werden. Ihre Form ist bei uns viereckig, wie die der Kröppeln in Thüringen, worin man ein Kreuz erkennen will, in der Mark aber werden sie länglicht rund gebacken, im Harze dreieckig, und noch anderswo vertritt der Pfannkuchen oder Eierkuchen die Stelle derselben.
Unter den Festspielen und Volksbelustigungen im Frühlinge standen früher die Fastnachtsgebräuche fast oben an, sind aber jetzt bei uns fast ganz vergessen. Aus den „Fastelabendssammlungen“ des Prof. J. P. Schmidt zu Rostock geht hervor, daß es damals (1742) noch allgemeine meklenburgische Sitte war, zu Fastnacht Tannenbäume vor die Häuser zu pflanzen und sich gegenseitig mit grünen Sträußen zu beschenken, während arme Kinder mit solchen Sträußen von Haus zu Haus zogen, und unter dem Gesange:
Ich bring’ zum Fastelabend einen grünen Busch,
Habt ihr nicht Eier, so gebet mir Wurst!
um eine Gabe baten, was man „den grünen Fastelabend bringen“ nannte. Ferner suchten die jungen Bursche am Fastnachtsmorgen die Mädchen im Bette zu überraschen, wo sich dann diese durch das Versprechen eines Hêtweckenschmauses von dem angedrohten Peitschen mit einer birkenen Ruthe befreien mußten, während man sich in den höhern Ständen mit zierlichen Ruthen aus Silberdraht beschenkte, auf welchen Bündel-Kinder, schnäbelnde Täubchen, ein Storch mit einem Kinde im Schnabel u. dgl. dargestellt waren. Jenes Hetweckenstäupen ist auf dem Lande noch jetzt vielfach in Gebrauch, und in Schwerin zogen die Müllergesellen noch bei Menschengedenken am Fastnachtsmorgen mit Sträußen und einer mit Band gezierten Ruthe bei den Bäckern und ihren sonstigen Kunden umher, um ein Geschenk zu erbitten 3). Endlich waren zu Schmidt’s Zeit die Fastnachtsmummereien, welche in südlichern Ländern, und in Deutschland vorzugsweise am Rhein, mit so großem Aufwande an Geld und Witz getrieben werden, auch bei uns noch in allgemeinem Gebrauche, wogegen das Schlagen der Hunde um eben diese Zeit ausdrücklich als eine fremde Sitte bezeichnet wird. - Ferner gehört zu diesen Frühlingsfesten auch das Austreiben der Kuhheerde am alten Maitage, woran auf dem Lande und in den kleineren Städten die ganze Bevölkerung Theil zu nehmen pflegt. Früher pflegten die Kühe wohl auch mit Maibusch, d. h. mit grünenden Birkenreisern, geschmückt zu werden, die letzte aber wird von den Hirten zur Verspottung der wartenden Magd mit einem Strohkranze versehen, und ward früher, wenn ich nicht irre, „Dauslepersch“ genannt, ein Name, welchen ich mit Beziehung auf die häufige Zusammenstellung von „Dag und Dau“ (Tag und Thau), z. B. „vör Dag und Dau“, d. h. vor Tages Anbruch, durch Langschläferin erklären mögte, welcher aber in der Mark in einem andern Sinne vorzukommen scheint. Im Felde findet sodann unter großem Zulaufe der Einwohner ein Bollenstoßen (Stierkampf) statt, wobei hie und da auch ein Preis für den Eigenthümer des Siegers ausgesetzt ist. In Dörfern, wo nur ein Stier bei der Heerde ist, pflegt man zum Theil auch ein Stoßen der Ochsenheerde zu veranlassen. Vgl. K. und Schw., S. 388 und 389. - Das Bestecken der Hausthür und der Flur am Pfingstmorgen mit Maibusch ist, wie in ganz Deutschland und Skandinavien, auch bei uns Gebrauch; die anderswo übliche Errichtung eines Maibaumes ist hier jedoch unbekannt, und eben so wird das Bestreuen der Gassen mit Laub und Blumen in den Städten bis zu dem Auszuge der Schützenzunft zu ihrem Königsschusse verspart. Letzteres, an die Stelle des ehemaligen Vogelschießens getretene Fest, ist nun allgemein ein Scheibenschießen, welches im Frühjahre, aber nicht gerade immer um Pfingsten, gefeiert wird, mehre Tage dauert und überall mit Würfelspielen unter Zelten im Freien, sowie mit einem Balle der Schützen verbunden ist. Jenes Würfelspiel findet sich aber häufig auch ohne den Königsschuß am 2ten Pfingsttage erhalten. - Auf dem Lande findet an diesem Tage auch noch häufig ein Pferderennen statt, theils bloß unter den Pferdejungen, theils so, daß diese und die jungen Knechte zwei besondere Geschwader bilden, welche neben einander nach dem gesteckten Ziele jagen. Der Preis besteht aber bloß in Eßwaaren und Getränken, welche vorher von den Bauern erbeten, am Ziele auf einer Tonne aufgestellt und gemeinschaftlich verzehrt werden. Eigenthümliche Benennungen des Siegers und sonstige etwa an das alte Mairennen erinnernde Gebräuche habe ich nicht erforschen können.
1) Bützowsche Ruhestunden, Thl. 7.
2) Leibnitz, scriptor. rer. Brunsw. III, p. 262.
3) In dem alten Rom rennten zur Zeit der Lupercalien (15. Februar) die Priester des Pan oder Lupercus (der Wolfszwinger) nackt mit einer Schürze von Bocksfell in den Straßen umher und geißelten die ihnen begegnenden Weiber mit Striemen von Bocksfell, was für ein Mittel gegen die weibliche Unfruchtbarkeit galt. Man pflegt unsere Fastelabends-Ruthen von dieser römischen Bocksgeißel abzuleiten und überhaupt die ganze Fastnachtsfeier auf jene Lupercalien zurückzuführen, worin wenigstens Uebertreibung liegt.
Unter den Festspielen und Volksbelustigungen im Frühlinge standen früher die Fastnachtsgebräuche fast oben an, sind aber jetzt bei uns fast ganz vergessen. Aus den „Fastelabendssammlungen“ des Prof. J. P. Schmidt zu Rostock geht hervor, daß es damals (1742) noch allgemeine meklenburgische Sitte war, zu Fastnacht Tannenbäume vor die Häuser zu pflanzen und sich gegenseitig mit grünen Sträußen zu beschenken, während arme Kinder mit solchen Sträußen von Haus zu Haus zogen, und unter dem Gesange:
Ich bring’ zum Fastelabend einen grünen Busch,
Habt ihr nicht Eier, so gebet mir Wurst!
um eine Gabe baten, was man „den grünen Fastelabend bringen“ nannte. Ferner suchten die jungen Bursche am Fastnachtsmorgen die Mädchen im Bette zu überraschen, wo sich dann diese durch das Versprechen eines Hêtweckenschmauses von dem angedrohten Peitschen mit einer birkenen Ruthe befreien mußten, während man sich in den höhern Ständen mit zierlichen Ruthen aus Silberdraht beschenkte, auf welchen Bündel-Kinder, schnäbelnde Täubchen, ein Storch mit einem Kinde im Schnabel u. dgl. dargestellt waren. Jenes Hetweckenstäupen ist auf dem Lande noch jetzt vielfach in Gebrauch, und in Schwerin zogen die Müllergesellen noch bei Menschengedenken am Fastnachtsmorgen mit Sträußen und einer mit Band gezierten Ruthe bei den Bäckern und ihren sonstigen Kunden umher, um ein Geschenk zu erbitten 3). Endlich waren zu Schmidt’s Zeit die Fastnachtsmummereien, welche in südlichern Ländern, und in Deutschland vorzugsweise am Rhein, mit so großem Aufwande an Geld und Witz getrieben werden, auch bei uns noch in allgemeinem Gebrauche, wogegen das Schlagen der Hunde um eben diese Zeit ausdrücklich als eine fremde Sitte bezeichnet wird. - Ferner gehört zu diesen Frühlingsfesten auch das Austreiben der Kuhheerde am alten Maitage, woran auf dem Lande und in den kleineren Städten die ganze Bevölkerung Theil zu nehmen pflegt. Früher pflegten die Kühe wohl auch mit Maibusch, d. h. mit grünenden Birkenreisern, geschmückt zu werden, die letzte aber wird von den Hirten zur Verspottung der wartenden Magd mit einem Strohkranze versehen, und ward früher, wenn ich nicht irre, „Dauslepersch“ genannt, ein Name, welchen ich mit Beziehung auf die häufige Zusammenstellung von „Dag und Dau“ (Tag und Thau), z. B. „vör Dag und Dau“, d. h. vor Tages Anbruch, durch Langschläferin erklären mögte, welcher aber in der Mark in einem andern Sinne vorzukommen scheint. Im Felde findet sodann unter großem Zulaufe der Einwohner ein Bollenstoßen (Stierkampf) statt, wobei hie und da auch ein Preis für den Eigenthümer des Siegers ausgesetzt ist. In Dörfern, wo nur ein Stier bei der Heerde ist, pflegt man zum Theil auch ein Stoßen der Ochsenheerde zu veranlassen. Vgl. K. und Schw., S. 388 und 389. - Das Bestecken der Hausthür und der Flur am Pfingstmorgen mit Maibusch ist, wie in ganz Deutschland und Skandinavien, auch bei uns Gebrauch; die anderswo übliche Errichtung eines Maibaumes ist hier jedoch unbekannt, und eben so wird das Bestreuen der Gassen mit Laub und Blumen in den Städten bis zu dem Auszuge der Schützenzunft zu ihrem Königsschusse verspart. Letzteres, an die Stelle des ehemaligen Vogelschießens getretene Fest, ist nun allgemein ein Scheibenschießen, welches im Frühjahre, aber nicht gerade immer um Pfingsten, gefeiert wird, mehre Tage dauert und überall mit Würfelspielen unter Zelten im Freien, sowie mit einem Balle der Schützen verbunden ist. Jenes Würfelspiel findet sich aber häufig auch ohne den Königsschuß am 2ten Pfingsttage erhalten. - Auf dem Lande findet an diesem Tage auch noch häufig ein Pferderennen statt, theils bloß unter den Pferdejungen, theils so, daß diese und die jungen Knechte zwei besondere Geschwader bilden, welche neben einander nach dem gesteckten Ziele jagen. Der Preis besteht aber bloß in Eßwaaren und Getränken, welche vorher von den Bauern erbeten, am Ziele auf einer Tonne aufgestellt und gemeinschaftlich verzehrt werden. Eigenthümliche Benennungen des Siegers und sonstige etwa an das alte Mairennen erinnernde Gebräuche habe ich nicht erforschen können.
1) Bützowsche Ruhestunden, Thl. 7.
2) Leibnitz, scriptor. rer. Brunsw. III, p. 262.
3) In dem alten Rom rennten zur Zeit der Lupercalien (15. Februar) die Priester des Pan oder Lupercus (der Wolfszwinger) nackt mit einer Schürze von Bocksfell in den Straßen umher und geißelten die ihnen begegnenden Weiber mit Striemen von Bocksfell, was für ein Mittel gegen die weibliche Unfruchtbarkeit galt. Man pflegt unsere Fastelabends-Ruthen von dieser römischen Bocksgeißel abzuleiten und überhaupt die ganze Fastnachtsfeier auf jene Lupercalien zurückzuführen, worin wenigstens Uebertreibung liegt.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Erinnerungen an die nordische Mythologie in den Volkssagen und Aberglauben Mecklenburgs.