Casuistik. Kniegelenke

1. Herr Th. aus Drontheim (Hausarzt: Herr Dr. Bödtger [?]), ca. 22 Jahre alt, hatte im Jahre 1885 einen acuten Gelenkrheumatismus durchgemacht, an dessen Folgen er lange laborierte. Nach völliger Herstellung ging er nach England (Hull), wo er auf einem Comptoir beschäftigt war. Um welche Zeit nun sein chronisches Leiden anfing, ist mir nicht mehr erinnerlich, und leider habe ich versäumt es zu notieren. Im Herbst, Mitte September, im Jahre 1886 kam er in meine Behandlung. Beide Kniee und beide Fußgelenke waren, hauptsächlich nach der Innenseite, sehr stark geschwollen. Der Condylus internus femoris und tibiae beider Kniee, der Malleolus internus und die nächste Umgebung des Fußgelenkes waren so hart anzufühlen, dass ich geneigt bin anzunehmen, hier mit einer chronisch entzündlichen Knochenbildung, vom Periost ausgehend, zu tun gehabt zu haben. Die Druckempfindlichkeit der Kniee war gering, die der Fußgelenke größer; das Gehen mit Hülfe zweier Stöcke war äußerst beschwerlich und schmerzhaft. — Die Behandlung bestand in dem Gebrauch der Bäder und in der Anwendung der elektrischen Massage und in passiven Bewegungen der Füße. Schon nach 8 Tagen ging Patient etwas besser. Nach ca. 4 Wochen waren die Kniee sowohl wie die Fußgelenke etwas dünner geworden, das Gehen bedeutend leichter. Ungefähr in der Mitte der Anschwellungen fing die harte Masse an weich zu werden. Dieser Erweichungsprozess begann an dem rechten Knie, einige Tage später am linken und wieder etwas später an den Fußgelenken. In der 5. — 6. Woche war die ganze harte Masse verschwunden und man fühlte statt derselben eine weiche fluctuirende Anschwellung, die den Eindruck eines kalten Abscesses machte. Nach einem Vierteljahr war der Umfang der Kniee vollkommen normal; das rechte Fassgelenk war nur wenig geschwollen. Er konnte stundenlang ohne Schmerzen und ohne Hilfe eines Stockes gehen. Kurz vor Weihnachten wurde er als geheilt entlassen.

Ein ähnlicher Fall ist folgender;


2. Herr P. aus Gothenburg (Hausarzt: Herr Dr. Billquist), ca. 35 Jahre alt, hatte auch im Jahre 1887 acuten Gelenkrheumatismus und hatte sich seitdem nie vollständig erholt. Patient sieht elend aus, macht den Eindruck eines Schwindsüchtigen, der Puls etwas beschleunigt, Temperatur normal, an der Lunge und am Herzen nichts Abnormes zu finden. Die Gelenke zwischen Os occipitis und Atlas, und zwischen diesem und Epistropheus waren vollständig anchylosirt. Das linke Hüftgelenk, das linke Knie und das rechte Fußgelenk geschwollen und mehr oder weniger schmerzhaft. Um das Hüftgelenk herum und an der Fascia lata befanden sich eine Unzahl von kleinen Knötchen von der Größe einer Erbse und kleiner, die beim Druck schmerzhaft waren. Das linke Kniegelenk war hart und geschwollen; dasselbe war der Fall mit dem rechten Fußgelenk. Patient kam in meine Behandlung am, 30. Mai und blieb hier bis zum 17. Juli. Während der Zeit hatten wir fast jeden Tag Regen, was auf die Kur der an Rheumatismus Leidenden immer schädlich einwirkt. Trotzdem war der Erfolg nicht schlecht. Die Schwellung des Hüftgelenks und alle Knötchen um das Gelenk herum und an der Fascia lata waren schon nach 3 Wochen vollständig beseitigt. Die harte Anschwellung des Knies und des Fußgelenks waren nach 4 — 5 Wochen weich geworden und Patient würde, wenn nicht das rechte Knie angegriffen worden wäre, ganz gut haben gehen können. Bei seiner Abreise war das rechte Fußgelenk bedeutend dünner geworden, das rechte Kniegelenk noch schmerzhaft und das linke Knie noch stark geschwollen, aber weich. Leider konnte Patient nicht länger bleiben.

3. Frau N. aus Eckernförde (Consultirter Arzt: Herr Dr. Holm), ca. 40 Jahre alt, leidet seit 7 Jahren an einer starken Kniegelenksschwellung rheumatischen Ursprungs. Der Condylus internus femoris und der der Tibia waren stark geschwollen und knochenhart, bei Druck schmerzhaft. Das Knie war stark flektirt und konnte auch bei ziemlich starker Kraftanstrengung nicht gerade gestreckt werden, sonst beweglich. Patientin ging schlecht. Nachdem Patientin 26 mal mit elektrischer Massage und kräftigen passiven Bewegungen behandelt worden war, konnte sie das Knie besser strecken. Obgleich das Gehen etwas besser geworden, die Erweichung der harten Anschwellung des Knies schon erfolgt war und ich ihr in Aussicht stellte, dass sie nach 5 — 6 Wochen gesund nach Hause reisen könnte, so unterbrach sie die Behandlung und ließ sich von einem anderen hiesigen Arzt elektrisieren. Ihr Aufenthalt hier fiel auch in die Regenzeit; wahrscheinlich wäre sonst die Heilung schneller von statten gegangen.

4. Fräulein H. aus Hamburg (Hausarzt : Herr Dr. A1y), ca. 25 Jahre alt, leidet seit 5 Jahren an Arthritis deformans der Hände, Kniee und Füße. Da die Erkrankung der Hände und Füße sie wenig genierte, so beschränkte ich mich auf die Behandlung der Kniee, die sehr stark angeschwollen, schmerzhaft und etwas flektiert waren. Das Gehen war außerordentlich beschwerlich, so dass sie kaum zu mir kommen konnte. Als ich sie sah, sagte ich ihr gleich, dass sie in 4 — 6 Wochen — länger konnte sie nicht bleiben — nur wenig Besserung erwarten dürfe. Im Laufe der Behandlung trat ein allmähliches Weicherund Dünnerwerden der Anschwellung ein, so dass Patientin nach 4 — 5 Wochen besser gehen konnte. Der Umfang der Kniee hatte 2 — 3 cm abgenommen.

Dass von den 4 hier beschriebenen sehr schweren Fällen nur der erste von einem vollkommenen Erfolg begleitet war, das darf man nur der viel zu kurzen Behandlung der 3 letzteren zuschreiben. Die nun folgenden Fälle hatten alle ein günstiges Resultat und die Kur dauerte nur 2 — 8 Wochen.

5. Frau Pastor H. aus Schleswig-Holstein (Consultirter Arzt: Herr Dr. Holm [Eckernförde]), ca. 45 Jahre alt, litt seit Jahren an chronischem Rheumatismus der Kniegelenke, die geschwollen, schmerzhaft und kraftlos waren. Das Gehen, namentlich aber das Treppensteigen verursachte ihr viel Schmerzen. Nach 6 Wochen reiste sie gesund nach Hause.

Ähnliche Fälle sind die folgenden:

6. Frau P. aus Kopenhagen (Hausarzt: Herr Dr. Otto L und), ca. 60 Jahre alt, war nach 14 Tagen hergestellt.

7. Frau L. aus Christiania (Hausarzt: Herr Dr. Otto Lund, Christiania), circa 60 Jahre alt, konnte nach 6 Wochen geheilt nach Hause reisen.

8. Herr Kaufmann M. aus Leipzig (Hausarzt: Herr Dr. Neubert), ca. 35 Jahre alt. Affection des rechten Knies. Nach 3 Wochen geheilt entlassen.

9. Frau Kapitain J.. aus Kopenhagen (Hausarzt: Herr Dr. Djörup, consultirter Arzt: Herr Prof. Stadfeldt), 64 Jahre alt. Fast alle größeren Gelenke, wie Knie-, Fuß- und Schultergelenke und viele Muskeln (Rücken und Kreuz) rheumatisch afficirt. In diesem Falle waren 8 — 9 Wochen zur vollständigen Herstellung notwendig.

10. Herr N. aus Gothenburg (Hausarzt: Herr Dr. Nilson), 34 Jahre alt. Herstellung nach 4 — 5 Wochen.

11. Herr S. aus Leipzig (Hausarzt: Herr Dr. Neubert), 45 Jähre alt. Das r. Knie stark geschwollen, das Gehen beschwerlich, unsicher. Verschiedenes versucht ohne nennenswerten Erfolg. Im Sommer 1885 brachte eine Badekur hier, verbunden mit Massage und Elektrizität, fast vollkommene Gebrauchsfähigkeit des Knies, welche jedoch im Laufe des Winters in dem Grade abnahm, dass eine Wiederholung der Kur im Sommer 1886 notwendig war. Das Knie war 3 cm dicker als das gesunde, schmerzhaft bei Druck und Bewegung, kraftlos. Außer den Bädern wandte ich diesmal die elektrische Massage an. Nach 3 Wochen war das Knie vollkommen abgeschwollen und ebenso kräftig wie das andere. Bis jetzt kein Recidiv.

12. Fräulein B. aus Leipzig (Hausarzt: Herr Dr. Neubert), ca. 40 Jahre alt. Nach 2 — 3 Wochen war das rheumatisch afficirte linke Knie gesund.

13. Frau P. aus Kopenhagen (Hausarzt: Herr Professor Dr. Plum), ca. 56 J. alt. Nach 6 Wochen vollkommene Genesung.

14. Frau H. aus Bremen (Hausarzt: Herr Dr. Luce), 35 Jahre alt. Nach einer Bade-Kur von 4 — 5 Wochen war das Knie noch nicht ganz normal; eine 8 malige Behandlung mit elektrischer Massage genügte zur völligen Herstellung.

15. Frau L. aus Lübeck (Hausarzt: Herr Dr. Reuter jun.), ca. 50 Jahre alt. Linkes Knie. Nach 5 — Wochen geheilt entlassen.

16. Herr W. aus Kopenhagen (Hausarzt: Herr Dr. J. S. Poulsen). Beide Kniee. Nach 5 — Wochen Heilung.

17. Herr S. aus Berlin (Hausarzt: Herr Dr. Greulich), ca. 40 Jahre alt. Das rechte Knie geschwollen, Hydrops genon. Nach 4 Wochen vollkommen hergestellt.

18. Frau Baronin L. aus Holland (Consultirter Arzt: Herr Professor Talma Utrecht), ca. 45 Jahre alt. Linkes Knie. Nach 5 Wochen Heilung.

19. Herr T. aus Dänemark, 65 Jahre alt. B. Knie. Nach 5 Wochen Genesung.

20. Frau H. aus Rathenow (Hausarzt: Herr Sanitätsrat Dr. Heise; consultirter Arzt: Herr Professor Bardeleben, Berlin), ca. 65 Jahre alt. B. Knie. Nach 4 Wochen Heilung.

21. Frau G. aus Lübeck (Hausarzt: Herr Dr. Maret), ca. 55 Jahre alt. B. Knie. Nach 3 Wochen ganz hergestellt.

22. Herr B. aus Kopenhagen (Consultirter Arzt: Herr Dr. Philipsen), circa 40 Jahre alt. B. Knie. Nach 3 Wochen gesund.

23. Frau Stadtrat S. aus Nordhausen (Hausarzt: Herr Dr. Wittmeyer), circa 55 Jahre alt. B. Knie. Nach 6 Wochen hergestellt.

24. Frau J. aus Kopenhagen (Consultirter Arzt : Herr Professor Dr. Stadfeldt). Beide Kniee. Nach 6 Wochen gesund.

25. Frau V. aus Gothenburg (Arzt: Herr Dr. Billquist). B. Knie. Nach 3 Wochen vollständig hergestellt.

26. Frl. H. aus Amsterdam (Arzt: Herr Dr. Hanlo). Nach 5—6 Wochen geheilt entlassen.

27. Mädchen T. aus Lothringen (Arzt: Herr Dr. Westphal), 13 Jahre alt. Nach einer Kniegelenksentzündung: Beschränkte Beweglichkeit, geschwollen, bei Druck schmerzhaft, das Gehen und Stehen sehr beschwerlich. Nach 3 Wochen soweit hergestellt, dass sie ohne Schmerzen gehen konnte.

28. Frau M. aus Pommern (Arzt: Herr Medizinalrat Dr. Kugler, Stettin), ca. 50 Jahre alt. Sehr starke Dame, beide Kniee. Nach 6 Wochen hatte sie an Gewicht 15 Pfd. verloren und konnte stundenlang gehen ohne Schmerzen.

29. Herr B. aus Erfurt (Arzt: Herr Dr. Macks), ca. 65 Jahre alt. Apoplexie, Lähmung des rechten Beines. Rheumatische Schmerzen im r. Knie- und Fußgelenk. Nach 3 Wochen waren die Schwellung und die Schmerzen verschwunden.

30. Frl. H. aus Berlin (Arzt: Herr Sanitätsrat Dr. S. Guttmann), ca. 35 Jahre alt. Nach 5 — 6 Wochen waren die Kniee normal.

31. Frl. E. aus Leipzig (Hausarzt: Herr Dr. Neubert), ca. 40 Jahre alt. Im Sommer 1887 war das 1. Knie rheumatisch afficirt; nach ca. 3 Wochen geheilt, kein Recidiv. Dagegen erkrankte das r. Knie, welches im Sommer 1888 nach 3 Wochen hergestellt war.

32. Mrs. B. aus Utrecht (Arzt: Herr Professor Dr. Talma), ca. 45 Jahre alt. Hat vor Jahren an Rheumatismus acutus gelitten und seitdem am Knie rheumatische Schmerzen gehabt. Das stark geschwollene, bei Druck schmerzhafte, kraftlose rechte Knie war nach ca. 6 Wochen zur Norm zurückgekehrt.

33. Frau S. aus Norwegen, ca. 40 Jahre alt. Nach 3 — 4 Wochen besser, konnte nicht länger bleiben.

34. Frau B. aus Wetter a. d. Ruhr, 52 Jahre alt. Beide Kniee. Nach 4 Wochen gesund.

35. Herr Cand. med. B. (früher behandelnder Arzt: Herr Prof. Dr. Rossbach, Jena) litt vor 2 — 3 Jahren an einer Gonorrhoe, bekam acuten Gelenkrheumatismus in den Knie- und Hüftgelenken. Das Fieber verschwand allmählich, die Schmerzen in den afficirten Gelenken jedoch nicht. Es wurde in Jena Alles versucht, Massage, Elektrizität etc., aber ohne Erfolg. Herr Prof. Rossbach riet Patient sich in meine Behandlung zu begeben, um die elektrische Massage zu versuchen. Nach 16 maliger Behandlung mit elektrischer Massage konnte Patient vollkommen geheilt entlassen werden.

36. Herr G. aus London (Consultirter Arzt: Herr Dr. Roth, Bremen), circa 50 Jahre alt, kam wegen rheumatischer Schmerzen in dem l. Knie und in der r. Schulter im Sommer 1887 in meine Behandlung. Nach 4 Wochen konnte Patient gesund entlassen werden. Im Herbst 1888 kam Patient wieder zu mir und klagte über Schmerzen in der 1. Schulter und im r. Knie. Die das Jahr vorher behandelten Gelenke waren gesund geblieben. Nach 5 Wochen gänzlich hergestellt.