Die Katastrophe der Stuarts

Revolutionen sind Naturereignisse, die keiner Rechtfertigung bedürfen, man kann nur ihre Ursachen untersuchen. Wer sich mit der englischen Staatsumwälzung von 1688 beschäftigt, welche englische Historiker so gern die „glorreiche“ Revolution nennen, der wird über ihre Notwendigkeit nicht im Zweifel sein, er wird sich höchstens wundern, dass sie nicht früher eintrat. Selten hat eine regierende Familie für ihren Beruf so viel Unfähigkeit mitgebracht als die Stuarts, selten hat ein Volk eine solche Masse von Torheit, Verkehrtheit und Schlechtigkeit länger und geduldiger ertragen. Pflichtvergessenheit und Willkür hatten Karl I. Krone und Kopf gekostet, eine Lehre, die an seinen Söhnen verloren war.

Ohne sein Zutun fiel Karl II. die von seinem Vater verscherzte Krone in den Schoß, aber er bestieg den Thron mit keinem andern Gedanken als dem jenes Mannes im Evangelium, der zu sich sprach: Iss und trink, wer weiß, wann man Deine Seele von Dir fordert. Insofern allerdings war die Regierung dieses Mannes, der sich in allen Lüsten wälzte, den das sittenstrenge und kirchlich gesinnte Volk verachten musste, wie Buckle ironisch sagt, der Sache der nationalen Freiheit überaus günstig.


Das Beispiel, das vom Thron herab gegeben wurde, öffnete auch den treuesten Anhängern des Königtums die Augen und ließ sie die Gefahren erkennen, welche der Nation von Seiten eines Herrschers drohten, der unbekümmert um Wohl und Wehe seines Landes nur dem Genuss nachjagte und ihm sogar die Ehre opferte. Als mit Jakob II. ein engherziger und bigott beschränkter Convertit an die Stelle des leichtfertigen Wüstlings trat, war die Katastrophe, der das Königtum der Stuarts zueilte, schon nicht mehr aufzuhalten. Dieses Geschlecht war blind für die schönen Aufgaben, die seine Bestimmung ihm zudachte, es verstand weder seine Zeit noch sein Volk.

Die stärksten Impulse englischen Empfindens lagen in dem strengen Festhalten am protestantischen Bekenntnis oder schärfer ausgedrückt in der Abneigung gegen die Papstkirche und in dem Hasse gegen Frankreich. Weder Karl II. noch sein Bruder haben es erkannt oder erkennen wollen. Der eine machte sich und sein Kabinett zum gehorsamen Diener der französischen Politik, der andere war verblendet genug, England zum Katholizismus zurückführen zu wollen. Der Missbrauch der königlichen Gewalt erreichte schließlich eine so unerträgliche Höhe, dass die allgemeine Unzufriedenheit zu der Revolution führte, die Jakob II. zur Flucht nötigte, gewissermaßen zu der definitiven Abrechnung drängte, die dem Kampf ein Ende machte, der nun schon seit zwei Menschenaltern zwischen Krone und Volk unausgetragen im Gange war.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches England im 18. Jahrhundert
001. Schloss Eaton Hall bei Chester. Aus Mervyn Macartney. English houses in the 17. and 18. cent. London 1908

001. Schloss Eaton Hall bei Chester. Aus Mervyn Macartney. English houses in the 17. and 18. cent. London 1908

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