Bolingbroke

Zu seinen leidenschaftlichsten, weil immer vom Missgeschick verfolgten Gegnern, gehörte Bolingbroke, der ihn an Rednertalent ebenso weit übertraf, wie er an politischer Begabung hinter ihm zurückblieb.

Dieser merkwürdige Mann war schon seinen eigenen Zeitgenossen ein Rätsel, wie Horace Walpole es sehr hübsch sagt, wenn er beimerkt: „Sein eigenes Zeitalter betrachtete ihn entweder als den größten Staatsmann, den nur das Parteiinteresse unterdrückte und den größten nur vom Neid verfolgten Genius, oder als den ausgemachtesten Schuft, dem nur Mitleid die Existenz gönnte, und als Verräter, der alle Parteien nach der Reihe betrogen hatte.“ Die Unaufrichtigkeit seines Handelns setzt allerdings in Erstaunen und wirft auf die Zustände, unter denen eine so unzuverlässige Persönlichkeit sich nicht nur behaupten, sondern in hohem Ansehen erhalten konnte, ein eigentümliches Licht.


Robert Walpole hatte dem flüchtigen Hochverräter die Rückkehr in die Heimat ermöglicht, gegen die er jahrelang konspiriert hatte, und erntete den Dank dadurch, dass Bolingbroke sich an die Spitze der Opposition setzte und zum Sprachrohr aller Unzufriedenen machte. In Reden und Schriften zog er gegen die Whig-Regierung zu Felde, mit allen im Bunde, die mit Walpole aus irgendeinem Grunde unzufrieden waren. Er schrieb Broschüren und Zeitungsartikel, die heute ihre Essenz verloren haben, seine stärksten Wirkungen aber verdankte er seinen Parlamentsreden, die nicht niedergeschrieben worden sind. Man hat einmal den älteren Pitt gefragt, welche von allen verlorenen Schriften des Altertums er wohl am liebsten wiederhaben möchte, und da antwortete er, wenn er irgendetwas zu besitzen wünsche von dem, was unwiederbringlich verloren sei, so sei es eine Rede Bolingbrokes.

Auf dieser Anekdote beruht der Ruhm, den er sich als Redner errungen hat. Bolingbroke war wirklich unter einem unglücklichen Stern geboren, denn der Erfolg seiner Schrift über den patriotischen König, die so lebhaft auf Georg III. eingewirkt hat und durch die Geistesrichtung, die sie dem König gab, für England von so großer Wichtigkeit wurde, hat er nicht mehr erlebt. Als Bolingbroke starb, war der König noch ein Knabe, und als Georg III. den Thron bestieg, war er schon 9 Jahre tot.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches England im 18. Jahrhundert
008. König Georg III. Kupferstich von W. Woollett nach dem Bilde von A. Ramsay

008. König Georg III. Kupferstich von W. Woollett nach dem Bilde von A. Ramsay

025. Robert Walpole. Schabkunst von John Simon nach dem Bildnis von Kneller

025. Robert Walpole. Schabkunst von John Simon nach dem Bildnis von Kneller

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