Elftes Kapitel. - Der Alte in der Heidenhöhle. - Der Rest des Winters ging auf dem hohen Twiel einförmig, darum schnell vorüber. Sie beteten und arbeiteten, lasen Virgil und studierten Grammatik, ...

Der Rest des Winters ging auf dem hohen Twiel einförmig, darum schnell vorüber. Sie beteten und arbeiteten, lasen Virgil und studierten Grammatik, wie es die Zeit brachte. Frau Hadwig stellte keine verfänglichen Fragen mehr.

In der Faschingszeit kamen die benachbarten Großen, der Herzogin ihren Besuch abzustatten, die von der Nellenburg und von Veringen, der alte Graf im Argengau mit seinen Töchtern, die sieben Welfen von Ravensburg überm See und manch anderer135. Da wurde viel geschmaust und noch mehr getrunken.


Dann ward’s wieder einsam oben.

Der März kam heran, schwere Stürme sausten übers Land, in der ersten klaren Sternennacht stand ein Komet am Himmel136, und der Storch, der auf der Burg Dachfirst wohlgemut hauste, war acht Tage nach seiner Rückkunst wieder von dannen geflogen; die Leute schüttelten den Kopf. Dann trieb der Schäfer von Eugen seine Herde am Berg vorüber; der erzählte, daß er dem Heerwurm137 begegnet: das bedeutet Krieg.

Unheimliche Stimmung lagerte sich über die Gemüter. Drohendes Erdbeben wird auch in weiter Entfernung vorausgespürt; hier Ausbleiben einer Quelle, dort scheuer Vogelflug: ebenso ahnt sich Gefahr des Krieges.

Herr Spazzo, der im Februar tapfer hinter den Weinkrügen turniert hatte, ging jetzo tiefsinnig umher. „Ihr sollt mir einen Dienst erweisen“, sprach er eines Abends zu Ekkehard. „Ich hab’ im Traum einen toten Fisch gesehen, der auf dem Rücken schwamm. Ich will mein Testament machen. Die Welt ist alt geworden und steht nur noch auf einem Bein, das wird nächstens auch zusammenknacken. Gute Nacht, Firnewein! Zum tausendjährigen Reich ist’s ohnedem nicht mehr weit; es ist lustig gelebt worden, vielleicht werden die letzten Jahre doppelt gerechnet.

Weiter kann’s die Menschheit auch nicht mehr bringen. Die Bildung ist so weit gediehen, daß auf dem einen Schloß Hohentwiel mehr als ein halb Dutzend Bücher aufgehäuft liegen, und wenn einer blutrünstig geschlagen wird, so läuft er zum Gaugericht und klagt’s ein, statt seinem Schädiger Haus und Hof überm Kopf zusammenzubrennen. Da hört die Welt von selber auf138.“

„Wer soll Euer Erbe sein, wenn alle zugrunde gehen?“ hatte ihn Ekkehard gefragt.

Ein Mann von Augsburg kam nach der Reichenau, der brachte schlimme Kundschaft. Der Bischof Ulrich hatte dem Kloster ein kostbar Heiligtum zugesagt, den rechten Vorderarm des heiligen Theopontus, reich in Silber und Edelstein gefaßt. Das Land sei unsicher, ließ er vermelden, er traue sich nicht, das Geschenk zu senden.

Der Abt wies den Mann nach dem hohen Twiel, der Herzogin Bericht zu erstatten.

„Was bringt Ihr Gutes?“ frug sie ihn.

„Nicht viel, möchte lieber was mitnehmen: den schwäbischen Heerbann, Roß und Reiter, so viel ihrer Schild und Speer an der Wand hängen haben. Sie sind wieder auf dem Weg zwischen Donau und Rhein ...“

„Wer?“

„Die alten Freunde von drüben herüber; die kleinen mit den tiefliegenden Augen und den stumpfen Nasen. Es wird wieder viel roh Fleisch unter dem Sattel mürb geritten werden dieses Jahr.“

Er zog ein seltsam geformtes kleines Hufeisen mit hohem Absatz aus dem Gewand: „Kennt Ihr das Wahrzeichen? ›Kleiner Huf und kleines Roß, krummer Säbel, spitz Geschoß – blitzesschnell und sattelfest: schirm uns Herr vor dieser Pest!‹“

„Die Hunnen139?!“ fragte die Herzogin betroffen.

„So Ihr sie lieber die Ungrer heißen wollt oder die Hungrer, ist mir’s auch recht“, sprach der Bote. „Der Bischof Pilgrim hat’s von Passau nach Freising melden lassen, von dort kam uns die Mär’. Über die Donau sind sie schon geschwommen, wie die Heuschrecken fallen sie aufs deutsche Land, geschwinde wie geflügelte Teufel sind sie auch, eher fängst du den Wind auf der Ebene und den Vogel in der Luft, heißt’s bei uns von früher her. Daß Koller und Dampf ihre kleinen Rosse heimsuchte! ... Mich dauert nur meiner Schwester Kind, die schöne Berta in Passau ...“

„Es ist nicht möglich!“ sagte Frau Hadwig. „Haben sie schon vergessen, wie ihnen die Kammerboten Erchanger und Berchtold den Bescheid gaben: ›Wir haben Eisen und Schwerter und fünf Finger in der Faust‹? In der Schlacht am Inn ward’s ihnen deutlich auf die Köpfe geschrieben ...“

„Eben darum“, sprach der Mann. „Wer tüchtig geschlagen worden, kommt gern wieder, um das zweitemal selber zu schlagen. Itzt sind andere Zeiten. Den Kammerboten hat man zum Dank für ihre Tapferkeit später das Haupt vor die Füße gelegt, wer wird sich noch voranstellen?“

„Auch wir wissen den Weg, auf dem unsere Vorgänger gegen den Feind geritten sind“, sprach die Herzogin stolz.

Sie entließ den Mann von Augsburg mit einem Geschenk. Dann berief sie Ekkehard zu sich.

„Virgilius wird eine Zeitlang in Ruhe kommen“, sprach sie zu ihm und teilte ihm die Nachricht von der Hunnen Gefahr mit. Die Lage der Dinge war nicht erfreulich.

Die Großen des Reichs hatten in langen Fehden verlernt, zu gemeinsamem Handeln einzustehen; der Kaiser, aus sächsischem Stamm und den Schwaben nicht sonderlich hold, schlug sich fern von den deutschen Grenzen in Italien herum, die Straße nach dem Bodensee stund den fremden Gästen offen. An ihrem Namen haftete der Schreck. Seit Jahren schwärmten ihre Haufen wie Irrlichter durch das zerrüttete Reich, das Karl der Große unfähigen Nachfolgern hinterlassen; von den Ufern der Nordsee, wo die Trümmerstätte von Bremen Zeugnis ihres Einfalls gab, bis hinab an die Südspitze Kalabriens, wo der Landeingeborene ihnen Mann für Mann ein Lösegeld für seinen Kopf zahlen mußte, zeichnete Brand und Plünderung ihre Spur ...

„Wenn der fromme Bischof Ulrich keine Gespenster gesehen hat“, sprach die Herzogin, „so kommen sie auch zu uns, was ist zu tun? In Kampf ziehen? Auch Tapferkeit ist Torheit, wenn der Feind übermächtig. Durch Tribut und Goldzins Frieden kaufen und sie auf der Nachbarn Grenzen hetzen? Andere haben’s getan; wir haben von Ehr’ und Unehr’ andere Meinung.“

„Uns auf dem Twiel verschanzen und das Land preisgeben? Es sind unsere Untertanen, denen wir herzoglichen Schutz gelobt. Ratet!“

„Mein Wissen ist auf solchen Fall nicht gerüstet“, sprach Ekkehard betrübt.

Die Herzogin war aufgeregt. „O Schulmeister“, rief sie vorwurfsvoll, „warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden lassen? Es wäre vieles besser!“

Da wollte Ekkehard verletzt von dannen gehen. Das Wort war ihm ins Herz gefahren wie ein Pfeil und setzte sich tief darin fest. Es lag ein Stück Wahrheit in dem Vorwurf, darum schmerzte er.

„Ekkehard!“ rief ihm Frau Hadwig nach, „Ihr sollt nicht gehen. Ihr sollt mit Eurem Wissen der Heimat dienen; und was Ihr noch nicht wißt, sollt Ihr lernen. Ich will Euch zu einem schicken, der weiß Bescheid in solchen Dingen, wenn er noch lebt. Wollt Ihr meinen Auftrag bestellen?“

Ekkehard hatte sich umgewandt. „Ich war noch nie säumig, meiner Herrin zu dienen“, sprach er.

„Ihr dürft aber nicht erschrecken, wenn er Euch spröd und rauh anläßt, er hat viel Unbill erfahren von früheren Geschlechtern, die heutigen kennen ihn nicht mehr. Dürft auch nicht erschrecken, wenn er Euch gar alt und fett erscheint.“

Er hatte aufmerksam zugehört: „Ich verstehe Euch nicht ganz ...“

„Tut nichts“, sprach die Herzogin. „Ihr sollt morgen nach dem Sipplinger Hof hinüber, drüben am Überlinger See, wo die Felswand sich steil in die Flut herabsenkt, ist aus alten Zeiten allerhand Gelaß zu menschlicher Wohnung in den Stein gehauen. Wenn Ihr den Rauch eines Herdfeuers aus dem Berg aufsteigen sehet, so geht hinauf. Dort findet Ihr, den ich meine, redet mit ihm von wegen der Hunnen ...“

„Zu wem sendet mich meine Herrin?“ fragte Ekkehard gespannt.

„Zum Alten in der Heidenhöhle“, sagte Frau Hadwig. „Man weiß hierlands keinen andern Namen von ihm. Aber halt!“ fuhr sie fort, ?ich muß Euch auch das Wort mitgeben für den Fall, daß er den Einlaß weigert.“

Sie ging zu ihrem Schrank und stöberte unter Schmuck und Gerätschaften; dann brachte sie ein Schiefertäflein, drauf standen etliche Buchstaben gekritzelt: „Das sollt Ihr zu ihm sagen und einen Gruß von mir.“

Ekkehard las. Es waren die zwei unverständlichen lateinischen Worte: „Neque enim!“ sonst nichts. „Das hat keinen Sinn“, sprach er.

„Tut nichts“, sagte Frau Hadwig, „der Alte weiß, was es ihm bedeutet ...“

Bevor der Hahn den Morgen anrief, war Ekkehard schon durchs Tor von Hohentwiel ausgeritten. Kühle Frühluft wehte ihm ums Antlitz; er hüllte sich tief in die Kapuze. „Warum hat Euch der Himmel nicht zum Kriegsmann werden lassen? Es wäre vieles besser!“ Das Wort der Herzogin ging mit ihm wie sein Schatten. Es war ihm ein Sporn zu mutigen Entschlüssen. Wenn die Gefahr kommt, dachte er, soll sie den Schulmeister nicht hinter seinen Büchern sehen!

Sein Roß trabte gut. In wenigen Stunden ritt er über die waldigen Höhen, die den Untersee von dem See von Überlingen trennen. Am herzoglichen Meierhof Sernatingen grüßte ihn die blaue Flut des Sees, er ließ sein Roß dem Meier und schritt den Pfad voran, der hart am Ufer hinführte.

An einem Vorsprung hielt er eine Weile, gefesselt von der weiten Umschau. Der Blick flog unbegrenzt über die Wasserfläche bis zu den Rätischen Alpen, die, eine kristallklare Mauer, sich als Ende der Landschaft himmelan türmen.

Wo die Sandsteinfelsen senkrecht aus dem See emporstiegen, lenkte sich der Pfad aufwärts. Stufen im Fels erleichterten den Schritt, gehauene Fensteröffnungen, mit dunkeln Schatten in der Tiefe die Lichte der Felswand unterbrechend, wiesen ihm den Ort, dran einst in Zeiten römischer Herrschaft unbekannte Männer sich in Weise der Katakomben ein Höhlenasyl eingegraben140.

Das Aufsteigen war beschwerlich. Jetzt trat er auf einen ebenen Geviertraum, wenig Schritte im Umfang, von jungem Gras bewachsen. Vor ihm öffnete sich ein mannshoher Eingang in den Felsen, aber ein riesiger schwarzer Hund sprang bellend hervor, zwei Schritte vor Ekkehard hielt er, zu Sprung und Biß bereit, seine Augen starr auf den Mönch gerichtet; der durfte keinen Schritt vorwärts machen, so fuhr ihm der Hund an den Hals. Die Stellung war nicht beneidenswert, Rückzug unmöglich, Waffen trug Ekkehard nicht. So blieb er seinem Gegner gegenüber eine Weile starr stehen; da schaute aus der Fensteröffnung zur Seite eines Mannes Angesicht: ein Graukopf war’s mit stechenden Augen und rötlichem Bart.

„Gebietet dem Tier Ruhe!“ rief Ekkehard.

Dauerte nicht lange, so erschien der Graukopf unter dem Eingang. Er war mit einem Spieß bewaffnet.

„Rückwärts, Mummolin!“ rief er.

Ungern gehorchte das große Tier. Erst wie ihm der Graue den Spieß zeigte, zog sich’s knurrend zurück.

„Man sollt’ Euch den Hund erschlagen und neun Schuh hoch über Euer Tor hängen, bis er verfaulte und stückweis auf Euch herunterfiele141“, sprach Ekkehard zürnend, „schier hat er mich ins Wasser gestürzt.“ Er sah sich um, in senkrechter Tiefe rauschte der See zu seinen Füßen.

„In den Heidenhöhlen gilt kein Landrecht!“ gab der Graue trotzig zurück. „Bei uns heißt’s: Zwei Mannslängen vom Leib, oder wir schlagen Euch den Schädel ein.“

Ekkehard wollte vorwärts gehen.

„Halt an!“ fuhr der Mann unterm Eingang fort und hielt den Spieß vor, „so schnell geht’s nicht. Wohin des Wegs?“

„Zum Alten in der Heidenhöhle“, sprach Ekkehard.

„Zum Alten in der Heidenhöhle?“ schalt der andere, „habt Ihr kein ehrerbietiger Wort für ihren Inwohner, gelbschnäbliger Kuttenträger?“

„Ich weiß nicht anders“, sagte Ekkehard betroffen. „Mein Gruß heißt neque enim!“

„Das lautet besser“, sprach der Graue treuherzig und reichte ihm die Hand. „Woher des Wegs?“

„Vom hohen Twiel. Ich soll Euch ...“

„Halt an, ich bin nicht, den Ihr suchet, bin nur sein Dienstmann Rauching. Ich werd’ Euch anmelden.“

Angesichts der starren Felswände und des schwarzen Hundes war diese Förmlichkeit befremdend. Ekkehard stand harrend, es dauerte eine gute Weile, schier als wenn Vorbereitungen zum Empfang getroffen würden. Dann erschien Rauching wieder: „Wollet eintreten.“ Sie gingen den dunkeln Gang entlang, dann weitete sich der Höhlenraum, ein Gemach war von Menschenhänden in den Fels gehauen, hoch, stattlich, in spitzbogiger Wölbung; ein rohes Gesimse zog sich um die Wände, die Fensteröffnungen weit und luftig; wie von einer Rahme umfaßt glänzte ein Stück blauer See und gegenüberliegendes Waldgebirge herein, eine flimmernde Schichte Sonnenlicht drang durch sie in des Gemaches Dunkel. Spuren von Steinbänken waren da und dort sichtbar, nah beim Fenster stund ein hoher steinerner Lehnstuhl, ähnlich dem eines Bischofs in alten Kirchen, eine Gestalt sah drin. Es war ein fremdartig Menschenbild, mächtigen Umfangs, schwer saß das schwere Haupt zwischen den Schultern, Runzeln durchfurchten Stirn und Wangen, spärlich weißes Haupthaar lockte sich um den Scheitel, schier zahnlos der Mund: der Mann mußte steinalt sein. Ein Mantel von unkenntlicher Farbe hing um des Greisen Schulter, die Rückseite, die des Stuhles Lehne verdeckte, mochte stark Fadenschein tragen, in Saum und Faltenwurf saßen Spuren vergangener Flickung. Seine Füße waren mit rauhem Stiefelwerk bekleidet, ein alter Hut, mit verstäubtem Fuchspelz verbrämt, lag zur Seite. Eine Nische der Felsvertiefung trug ein Schachzabelbrett mit elfenbeingeschnittenen Figuren, es war eine Partie zu Ende gespielt worden, noch stand der König matt gesetzt durch einen Turm und zwei Läufer ...

„Wer kommt zu den Vergessenen?“ fragte der Greis mit dünner Stimme. Da neigte sich Ekkehard vor ihm und nannte seinen Namen und wer ihn gesandt.

„Ihr habt ein böses Losungswort mit Euch gebracht. Erzählen die Leute draußen noch vom Luitward von Vercelli?“

„Dessen Seele Gott verdammen möge!“ fiel Rauching ergänzend ein.

„Ich habe nichts von ihm gehört“, sprach Ekkehard.

„Sag’s ihm, Rauching, wer der Luitward war, ‘s wär’ schade, wenn sein Gedächtnis ausstürbe bei den Menschen.“

„Der größte Schurke, den je ein Sonnenstrahl beschienen“, war Rauchings Antwort.

„Sag’ ihm auch, was neque enim heißt.“

„Es gibt keinen Dank auf dieser Welt, und von eines Kaisers Freunden ist auch der beste ein Verräter!“

„Auch der beste ein Verräter“, sprach der Alte in Gedanken. Sein Blick fiel auf das nahestehende Schachbrett. „Jawohl!“ murmelte er leise, „matt gesetzt, durch Läufer und Überläufer matt gesetzt ...“ er ballte die Faust, als wolle er aufspringen, dann seufzte er laut und fuhr mit der welken Hand nach der Stirn und stützte sein schweres Haupt auf.

„Das Kopfweh!“ sprach er ... „das verfluchte Kopfweh!“

„Mummolin!“ rief Rauching.

Mit großen Sätzen kam der schwarze Hund vom Eingang her gesprungen; wie er den Alten mit aufgestülptem Haupt gewahrte, trat er schmeichelnd heran und leckte ihm die Stirn. „Es ist gut“, sprach der Greis nach einer Weile und richtete sich wieder auf.

„Seid Ihr krank?“ fragte Ekkehard teilnehmend.

„Krank?“ sprach der Alte – „‘s mag eine Krankheit sein. Mich sucht’s schon so lang’ heim, daß mir’s wie ein alter Bekannter erscheint. Habt Ihr auch schon Kopfweh gehabt? Ich rate Euch, zieht niemals zu Felde, wenn Euch Kopfweh plagt, und schließt keinen Frieden, es kann ein Reich kosten, das Kopfweh ...“

„Soll Euch kein Arzt ...“ wollte Ekkehard fragen.

„Der Ärzte Weisheit ist erschöpft. Sie haben’s gut mit mir gemeint.“

Er wies auf seine Stirn; zwei alte Narben kreuzten sich darauf. „Schaut her! und wenn sie Euch das verordnen wollen, müßt’s nicht anwenden! An den Füßen bin ich aufgehangen worden in jungen Tagen, dann die Einschnitte im Kopf – ein Stück Blut und ein Stück Verstand haben sie mir genommen: nichts geholfen!“

„In Cremona – Zedekias hat der hebräische Weise geheißen – haben sie die Sterne gefragt und mich in dämmernder Mitternacht unter einen Maulbeerbaum gestellt; ‘s war ein langer Spruch, mit dem sie das Kopfweh in den Baum hinein verfluchten: nichts geholfen!

In deutschen Landen gepulverte Krebsaugen verordnet, gemischt mit etlichem Staub von des heiligen Markus Grab und einen Trunk Seewein drauf142: auch nichts. Jetzt bin ich’s gewöhnt. Das ärgste leckt des Mummolin rauhe Zunge hinweg. Komm her, braver Mummolin, der mich noch nicht verraten hat ...“

Er schwieg atemschöpfend und streichelte den Hund.

„Meine Botschaft ...“ hub Ekkehard an.

Der Greis aber winkte ihm: „Geduldet Euch, nüchtern ist nicht gut reden. Ihr werdet hungrig sein. ›Nichts ist niederträchtiger und heiliger als der Hunger143!‹ hat jener Dekan gesagt, da sein Gastfreund von sechs Forellen fünf aß und ihm die kleinste zurückließ. Wer mit der Welt draußen zu tun gehabt, vergißt den Spruch nicht. Rauching, richt’ unser Mahl!“

Der ging hinüber in ein anstoßend Felsengemach, das war zur Küche hergerichtet; in etlichen Nischen stunden seine Vorräte; bald wirbelte aus dem Höhlenschornstein eine weiße Rauchwolke dem blauen Himmel entgegen, und das Werk des Kochens war beendet. Eine Steinplatte mußte als Tisch gelten. Als des Mahles Krone prangte ein Hecht, aber der Hecht war alt und trug Moos auf dem Haupt, sein Fleisch schmeckte zäh wie Leder. Auch einen Krug rötlichen Weines brachte Rauching herbei, aber der wuchs auf den Sipplinger Hügeln, und die erfreuen sich noch heute des Leumunds, daß ihr Wein der sauern sauerster am ganzen See144. Rauching wartete auf und saß nicht zu ihnen nieder.

„Was bringt Ihr mir?“ frug der Alte, wie die schmale Mahlzeit beendet.

„Schlimme Botschaft; die Hunnen sind ins Land gebrochen, bald treten ihre Hufe die schwäbische Erde.“

„Recht!“ sprach der Greis, „das gehört euch. Sind die Nordmänner auch wieder auf der Fahrt?“

„Ihr sprechet sonderbar“, sagte Ekkehard.

Des Alten Aug’ ward glänzender. „Und wenn euch die Feinde wie Schwämme aus der Erde wachsen, ihr habt’s verdient, ihr und eure Herren. Rauching, füll’ dein Glas, die Hunnen kommen ... neque enim! Nun soll euch die Suppe schmecken, die eure Herren gesalzen haben. Ein großes stolzes Reich ist aufgerichtet gestanden, vom Ebro bis an die Raab und bis hinauf an die dänische Mark, keine Rattmaus hätt’ einschleichen dürfen, ohne daß treue Wächter sie gefangen, so hat’s der große Kaiser Karl ...“

„Den Gott segnen möge!“ fiel Rauching ein.

„... gefestigt hingestellt; die Stämme, die dem Römer einst zusammen den Garaus gemacht, ein Ganzes, wie sich’s gehört, damals hat der Hunn scheu hinter seinem Landhag an der Donau gelauert, ‘s war kein Wetter für ihn, und wie sie sich rühren wollten, ist von ihrer hölzernen Lagerstatt tief in Pannonien drin kein Span mehr übriggeblieben, so hat die fränkische Landwehr drein gewettert ...145 aber die Großen in der Heimat hat’s gedrückt, daß nicht ein jeder der Herr der Welt sein kann; da hat’s innerhalb des eigenen Zauns probiert sein müssen – Aufruhr, Empörung und Reichsverrat, das schmeckt besser, den letzten von Karls Stamme, der des Weltreichs Zügel führte, haben sie abgesetzt – das Symbolum der Reichseinheit ist ein Bettelmann worden und muß ungeschmälzte Wassersuppen essen – nun, und eure Herren, denen der Bastard Arnulf und ihr eigener Übermut lieber war, haben die Hunnen auf dem Nacken, und die alten Zeiten kommen wieder, wie sie schon der König Etzel malen ließ. Kennt Ihr das Bild im Mailänder Palast?

Dort war der römische Kaiser gemalt, wie er auf seinem Thron saß und die skythischen Fürsten ihm zu Füßen lagen; da kam der König Etzel des Wegs geritten und sah die Malerei lang’ an und lachte und sprach: ›Ganz recht; nur eine kleine Änderung!‹ Und er ließ dem Mann auf dem Thron sein eigen Antlitz geben, und die vor ihm knieten und die Säcke voll Zinsgold vor seinem Thron ausleerten, waren die römischen Cäsaren146...

Das Bild ist heut noch zu schauen ...“

„Ihr denkt an alte Geschichten“, sprach Ekkehard.

„Alte Geschichten!“ rief der Greis: „Für mich hat’s seit vierzig Jahren nichts Neues gegeben als Not und Elend. Alte Geschichten! ‘s ist gut, wer sie noch weiß, daß er sehen kann, wie der Väter Sünden gerächt werden an Kind und Kindeskind. Wißt Ihr, warum der große Karl das einemal in seinem Leben geweint hat? ›Solange ich lebe, sind’s Narrenpossen‹, sprach er, da sie ihm der nordmännischen Seeräuber Ankunft meldeten, ›aber mich dauern meine Enkel147!‹“

„Noch haben wir einen Kaiser und ein Reich“, warf Ekkehard ein.

„Habt ihr noch einen?“ sprach der Greis und trank seinen Schluck sauern Sipplinger und schüttelte sich: „Ich wünsch’ ihm Glück. Die Ecksteine sind gesplittert, das Gebäu ist morsch. Mit übermütigen Herren kann kein Reich bestehen; die gehorchen sollen, herrschen, und der Herrschen soll, muß schmeicheln statt gebieten. Ich hab’ von einem gehört, dem haben seine getreuen Untertanen den Tribut in Kieselsteinen statt in Silber geschickt, und der Kopf des Grafen, der ihn heischen sollte, lag dabei im Sack. Wer hat’s gerächt? ...“

„Der Kaiser“, sprach Ekkehard, „zieht in Welschland zu Felde und erwirbt großen Ruhm.“

„O Welschland, Welschland!“ fuhr der Alte fort, „das wird noch ein schlimmer Pfahl im deutschen Fleische werden. Jenes einemal hat sich der große Karl ...“

„Den Gott segnen möge!“ fiel Rauching ein.

„... einen blauen Dunst vormachen lassen. ‘s war ein schlimmer Tag, wie sie ihm in Rom die Krone aufsetzten, und hat keiner gelacht, wie der auf Petri Stuhl. Der hat uns nötig gehabt – aber was haben wir mit Welschland zu schaffen? Schaut hinaus: ist die Gebirgsmauer dort für nichts himmelan gebaut? Das jenseits gehört denen in Byzantium, und von Rechts wegen; griechische List wird dort eher fertig als deutsche Kraft; aber die Nachfolgenden haben nichts zu tun, als des großen Karl Irrtum ewig zu machen. Was er Vernünftiges gewiesen, haben sie mit Füßen getreten, in Ost und Nord war vollauf zu tun, aber nach Welschland muh gerannt werden, als säß’ in den Bergen hinter Rom der große Magnetstein. Ich hab’ oft drüber nachgedacht, was uns in die falsche Bahn gewiesen; – wenn’s nicht der Teufel ist, kann’s nur der gute Wein sein148.“

Ekkehard war betrübt geworden ob des Alten Reden. Der schien es zu merken. „Laßt Euch nicht anfechten, was ein Begrabener sagt“, sprach er zu ihm, „wir in der Heidenhöhle machen’s nicht anders, aber die Wahrheit hat schon manchesmal in Höhlen gehaust, wenn draußen der Unsinn mit großen Schritten durchs Land ging.“

„Ein Begrabener?“ sprach Ekkehard fragend.

„Deshalb könnt Ihr doch mit ihm anstoßen“, sprach der Alte scherzend. „‘s war nötig, daß ich vor der Welt gestorben bin, das Kopfweh und die Schurken haben mich in Unehren gebracht. Braucht mich darum nicht so anzusehen, Mönchlein. Setzt Euch her auf die Steinbank, ich will Euch eine schöne Geschichte erzählen – Ihr könnt ein Lied zur Laute darüber machen ...

Es war einmal ein Kaiser, der hatte wenig frohe Tage, denn sein Reich war groß und er selber war dick und stark und das Kopfweh plagte ihn, seit daß er auf dem Thron sah. Darum nahm er sich einen Erzkanzler, der war ein feiner Kopf und konnte mehr denken als sein Herr, denn er war dünn und hager wie eine Stange und hatte kein Kopfweh. Und der Kaiser hatte ihn aus dunkler Herkunft emporgehoben, denn er war eines Hufschmieds Sohn, und erwies ihm Gutes und tat alles, was er ihm riet; und schloß sogar einen elendigen Frieden mit den Nordmännern: denn der Kanzler sagte ihm, das sei unbedeutend, er habe wichtigere Geschäfte, als sich um ein paar Seeräuber zu kümmern. Der Kanzler ging nämlich in selber Zeit zu des Kaisers Ehgemahlin und berückte ihr schwaches Herz und vertrieb ihr die Zeit mit Saitenspiel und ließ nebenbei der edlen Alemannen Töchter entführen und verschwor sich mit seines Kaisers Widersachern. Und wie dieser endlich einen Reichstag ausschrieb, um der Not zu steuern, stund sein hagerer Kanzler dort unter den ersten, die wider ihn sprachen; mit neque enim begann er seine Rede und bewies, sie müßten ihn absetzen, und sprach so giftig und schlangenklug gegen den Nordmännerfrieden, den er selber geschlossen, daß sie alle von ihrem rechtmäßigen Herrn abfielen wie welke Blätter, wenn der Herbstwind die Wipfel schüttelt. Und sie schrieen, die Zeit der Dicken sei vorbei und setzten ihn ab, mit dreifacher Krone auf dem Haupt war der Kaiser in Tribur eingeritten, wie er von dannen zog, nannte er nicht Mehres sein, als was er auf dem Leib trug, und saß zu Mainz vor des Bischofs Pfalz und war froh, da sie ihm eine Suppe zum Schiebfenster herausreichten.

Der brave Kanzler hat Luitward von Vercelli geheißen – Gott lohn’ ihm seine Treue nach Verdienst und der Kaiserin Richardis auch und allen zusamm’149!

Wie sie aber im Schwabenland sich des Verstoßenen erbarmten und ihm ein notdürftig Gütlein schenkten, sein Leben zu fristen, und wie sie dran dachten, mit Heeresmacht für sein gekränktes Recht zu streiten, da sandte der Luitward auch noch Mörder wider ihn. ‘s war eine schöne Nacht im Neidinger Hofe, der Sturm brach die Äste im Forst und die Fensterladen klapperten, der abgesetzte Kaiser konnte vor Kopfweh nicht schlafen und war aufs Dach gestiegen, daß ihm der Sturm Kühlung zublase: da brachen sie ein und fahten auf ihn: ‘s ist ein anmutig Gefühl, sag’ ich Euch, mit schwerem Haupt auf kaltem Dach sitzen und zuhören, wie sie drunten bedauern, einen nicht strangulieren und am Ziehbrunnen aufknüpfen zu können ...

Wer das erlebt hat, der tut am besten, er stirbt.

Und der dicke Meginhart zu Neidingen war grab zu rechter Zeit vom Baum herab zu Tod gefallen, daß man ihn auf den Schragen legen konnt’ und im Land verkünden, der abgesetzte Kaiser sei des Todes verblichen. Es soll ein schöner Leichenzug gewesen sein, wie sie ihn in die Reichenau trugen; der Himmel tat sich auf, ein Lichtstrahl fiel auf die Bahre, und sie haben eine rührende Leichenrede gehalten, da sie ihn einsenkten rechts vom Altar: ›daß er seiner Würden entblößt und seines Reiches beraubt ward, war eine Fügung des Himmels, ihm zur Läuterung und Probe, und da er’s geduldig trug, steht zu hoffen, daß ihn der Herr mit der Krone des ewigen Lebens für die belohnt, die er hienieden verloren ...‹ so predigten sie in der Klosterkirche150 und wußten nicht, daß in derselben Stunde der, den sie zu begraben meinten, mit Sack und Pack und einem Fluch auf die Welt in der Einsamkeit der Heidenhöhlen einzog.“

Der Greis lachte: „Hier ist’s sicher und ruhig, um an alte Geschichten zu denken; stoßt an: die Toten sollen leben! Und der Luitward ist doch betrogen; wenn sein Kaiser auch einen alten Hut trägt statt güldenem Reif und Sipplinger trinkt statt goldigem Rheinwein, so lebt er doch noch: dieweil die Hageren und ihr ganzes Geschlecht vom Tode gerafft sind. Und die Sterne werden ihr Recht behalten, in denen bei seiner Geburt gelesen ward, daß er im Tosen der Reiterschlacht aus der falschen Welt abscheiden werde. Die Hunnen kommen ... komm bald auch, du fröhlich Ende!“

Ekkehard hatte mit Spannung zugehört. „Herr! wie wunderbar sind deine Wege!“ rief er. Er wollte vor ihm niederknieen und seine Hand küssen, der Alte litt’s nicht: „Das gilt alles nicht mehr! nehmt Euch ein Beispiel ...“

„Deutschland hat Euch und Eurem Stamm große Unbill angetan ...“ wollte Ekkehard trösten.

„Deutschland!“ sprach der Alte, „ich bin ihm nicht gram, mög’ es gedeihen und blühen, von keinem Feind bedräut, und einen Herrscher finden, der’s zu Ehren bringt und kein Kopfweh hat, wenn die Nordmänner wiederkommen, und keinen Kanzler, der Luitward von Vercelli heißt. Nur die, die seine Kleider unter sich geteilt und das Los um sein Gewand geworfen –“

„Möge der Himmel strafen mit Feuer und schwefligem Regen151!“ sprach Rauching im Hintergrund.

„Welchen Bescheid bring’ ich meiner Herrin von Euch?“ fragte Ekkehard, nachdem er seinen Becher geleert.

„Von wegen der Hunnen?“ sagte der Greis. „Ich glaube, das ist einfach. Sagt Eurer Herzogin, sie soll in Wald gehen und sehen, wie es der Igel macht, wenn ihm ein Feind zu nahe kommt. Er rollt sich auf wie eine Kugel und starrt in Stacheln, wer nach ihm greift, sticht sich. Das Schwabenland hat Lanzen genug. Macht’s ebenso! Euch Mönchen kann’s auch nichts schaden, wenn ihr den Spieß tragt.

Und wenn Eure Herrin noch mehr wissen will, so sagt ihr den Spruch, der in der Heidenhöhle gilt. Rauching, wie heißt er?“

„Zwei Mannslängen vom Leib, oder wir schlagen euch die Schädel entzwei“, ergänzte der Gefragte.

„Und wenn von Frieden die Rede ist, so sagt ihr, der Alte in der Heidenhöhle hätt’ einmal einen schlechten geschlossen, er tät’s nicht wieder, trotzdem ihn sein Kopfweh noch plagt wie damals; er woll’ itzt lieber selber seinen Gaul satteln, wenn die Schlachtdrommeten blasen – lest eine Messe für ihn, wenn Ihr seinen letzten Ritt überlebt.“

Der Alte hatte gesprochen mit seltsamer Lebendigkeit. Plötzlich stockte die Stimme, sein Atem ward kurz, fast stöhnend, er neigte sein Haupt. „Es kommt wieder!“ sprach er.

Rauching, der Dienstmanne, sprang ihm bei und brachte einen Trunk Wassers. Die Beklemmung ließ nicht ab.

„Wir müssen das Mittel anwenden“, sprach Rauching. Er wälzte aus der Höhlentiefe einen schweren Steinblock vor, von eines Mannes Höhe, der trug Spuren von Bildhauerwerk; sie hatten ihn in der Höhle als unerklärtes Denkmal früherer Bewohner vorgefunden. Er stellte ihn aufrecht an die Felswand; es war, als sei eines Menschen Haupt dran angedeutet und eine Bischofsmitra. Und Rauching griff einen gewaltigen knorrigen Stock und gab dem Alten einen zu Handen und begann auf das Steinbild einzubrechen und sprach einen Spruch dazu, langsam und ernst wie eine Litanei: „Luitward von Vercelli: Reichsverräter, Ehebrecher, neque enim! Nonnenräuber, Machterschleicher, neque enim! ...“ Dicht fielen die Streiche, da legte sich ein Lächeln um des Alten welke Züge, er erhob sich und schlug mit matten Armen ebenfalls drauf.

„Es steht geschrieben: ein Bischof muß tadellos sein“, sprach er in Rauchings Ton, – „das für den Nordmänner-Frieden! das für der Kaiserin Richardis Verführung, neque enim! Das für den Reichstag zu Tribur, das für Arnulfs Kaiserwahl! neque enim!!“

Die Höhle widerhallte vom dumpfen Klang; fest stand das Steinbild im Hagel der Schläge, dem Alten ward’s leicht und leichter, er hieb sich warm am alten Haß, der ihm seit Fahren ein dürftig Leben fristete.

Ekkehard verstand den Hergang nicht ganz. Es ward ihm unheimlich. Er empfahl sich und ging.

„Habt wohl schöne Kurzweil gefunden beim alten Narren droben“, sprach der Meier von Sernatingen zu ihm, da er sein Roß gesattelt vorführte: „vermeint er immer noch, er hab’ eine Krone verspielt und ein Reich? Ha ha152!“

Ekkehard ritt von dannen. Im Buchwald sproßte das junge Grün des nahenden Frühlings. Ein jugendlicher Mönch aus der Reichenau ging desselben Weges. Keck, wie Waffenklirren, tönte sein Sang durch die Waldeinsamkeit:

„O tapfre junge Landeskraft, nun halt’ dich brav!
Mit Wächterruf und Feldgeschrei verscheuch’ den Schlaf,
Und mach die Rund’ zu jeder Stund’ um Tor und Turm!
Der Feind ist klug und schleicht mit Trug heran zum Sturm.
Von Wall und Zinnen schalle laut dein: Halt! Werda!
Das Echo widerhalle: eia vigila153!!“

Es war das Lied, das die Nachtwachen zu Mutina in Welschland sangen, da der Hunnen Heer vor der Bischofsstadt lag. Der Mönch hatte selber vor drei Jahren dort Schildwache gestanden am Tor des heiligen Geminianus und kannte das Zischen der hunnischen Pfeile: wenn die Ahnung neuen Kampfes durch die Luft zieht, fallen einem die alten Lieder wieder ein. –

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ekkehard