Vorwort des Autors

Im Spätherbst 1827 erhielt ich von der Güte des Herrn Landstallmeisters von Burgsdorf seine auf dem Titel erwähnte Schrift.

Die darin enthaltenen Aussprüche setzten mich in das höchste Erstaunen. Wenige Monate früher hatte ich noch Berichte über englische Pferde erhalten von einem Augenzeugen, dessen richtigem Urteile ich unbedingt aus langjähriger Erfahrung trauen muss; diese waren vom Sommer 1826, also kurz vor der Überkunft des Hrn. v. B. Wie lässt es sich reimen, wenn mein Bruder, dem ich jene Berichte verdanke, im Mai und Juni die Rennen von Epsom und Ascotgesehen, und dort, und namentlich bei den sämtlichen Derby-Pferden, welche er genau durchgesehen hatte, und die ihm nicht besonders gefielen, weder Spat noch Hasenhacken bemerkte, und einige Wochen später Hr. v. B. unter 10 Pferden 8 mit Hasenhacken, und von dem Reste mehrere mit Spat begabt findet? Wie konnte ich diese und ähnliche Aussprüche mir erklären, wenn in wenigen Wochen nach Hrn. v. B. Anwesenheit in England einige 20 Vollblutpferde nach Mecklenburg kamen, die keine der gerügten Fehler oder Mängel hatten, und die selbst der Neid als ausgezeichnete Zuchttiere anerkennen musste, und wenn noch 1825, wie bekannt, das Derby auf der bergigen Bahn so schnell wie je gelaufen wurde.


Mein erstes Streben war, mir Aufklärung zu verschaffen, wie es möglich war, dass Hr. v. B. solche Aussprüche, als seine Schrift enthält, tun konnte. Gern teile ich das Resultat meines Nachdenkens mit, da ich weiß, dass viele Pferdeliebhaber, die Englands Pferdezucht aus eigener Ansicht kennen, ganz mein Erstaunen teilen. Wenn man, herausgerissen aus großen Geschäften, an die man mehr oder weniger denkt, nur kurze Zeit in einem fremden Lande ist, dessen Sitten und Sprache man nicht genau kennt, so ist nichts leichter, selbst bei der größten Vorsicht, als nicht richtige Urteile zu fällen. Umso leichter verfällt man aber hierin, wenn man eine vorgefasste Meinung hat; und diese hatte Hr. v. B., als er nach England ging, indem er nämlich seit 1817, wo er auch in England war, sich für überzeugt hielt, dass die Pferderennen das ganze dortige Pferdegeschlecht verschlechtern müssten. Rechne man hiezu, dass dieser große Pferdekenner nie Gelegenheit hatte trainierte Pferde zu beobachten, die so oft durch angestrengte Arbeit, Ausdehnungen, ja selbst Spat zu haben scheinen; wo die Magerkeit den Pferden nichts als Knochen, Sehnen und Haut lässt; — wo anscheinende Hirschhälse ganz gewöhnlich sind; — wo wahrhafte Entstellungen eintreten, wie z.B. bei dem Bourbon, der ohne Frage zu seiner Zeit der schönste Hengst in England war, und vorzüglich durch seine schöne Croupe glänzte; dieser Bourbon wurde, als er in Training war, stets durch seine abgeschliffene Croupe erkannt, wo der Stallmut, eine Sache, an welche man sich zu leicht auf dem Kontinente, leider!, gewöhnen kann, diesen Pferden gänzlich abgeht; — so sind die harten Urteile, welche Herr v. B. fällt, zu erklären. Noch dazu, da er das Unglück hatte bei einem Meeting in Newmarket zu sein, was zu einem der schlechtesten, nach Ausspruch der Engländer (vide S. M. N. S. 18.), gehörte. Sehr zu bedauern ist es, dass beide Male Hr. v. B. zu einer Zeit in England war, wo er weder Jagd- noch Wagenpferde in irgendeiner befriedigenden Anzahl sehen konnte. Die Zeit, die herrlichen Londoner Wagenpferde zu sehen, ist vom März bis Juni, und für die Jagdpferde zu Melton-Mowbray und anderen großen Jagdplätzen vom November bis Ende März. Die übrige Zeit sind beide Pferdearten so über England zerstreut, dass niemand sich davon einen richtigen Begriff verschaffen kann.

Gewiss wird mir Hr. v. B. diese freie Äußerung verzeihen, und zum Beweise, wie eine vorgefasste Meinung selbst den ausgezeichnetsten Mann irreführen kann, gebe ich nur das Beispiel von Edmund Burke. Dieser große Staatsmann hatte auf wichtigen Gründen sich die Theorie gebaut, dass Frankreich durch seine Revolution politisch vernichtet sei; hiervon durchdrungen, behauptete er im Parlamente, dass Frankreich sich nie wieder zu dem Range der ersten Staaten erheben könne, obgleich seine siegreichen Heere, 750.000 tapferer Soldaten, Frankreichs Feinde gerade damals überall zu Boden schmetterten.

Wie viele Zeit aber dazu gehört, auch nur irgendeinen bedeutenden Teil, selbst nur der Rennpferde und Beschäler zu sehen, erhellt aus einem Briefe des Herrn Richard Tattersall, den derselbe mir über diesen Gegenstand schrieb. Niemand hat wohl so wie er die Gelegenheit, genau über alles, was die englische Pferdezucht betrifft, unterrichtet zu sein. „Wahrlich in 2 bis 3 Monaten kann ein Ausländer nur einen kleinen Teil unserer Rennpferde oder Beschäler sehen. Ich, der ich in diesem Stücke wohl mehr als irgendein Mann in England tun kann, könnte in der Zeit kaum ein Zehntel derselben sehen. Ich will mit jedem Ausländer wetten, dass er in der angegebenen Zeit nicht den zehnten Teil von den Pferden in Training oder der Beschäler sehen kann.“

England ist in jeder Rücksicht ein Land, dessen Verhältnisse so imponierend auf den nachdenkenden Fremden einwirken, dass wahrlich nicht ein zweimaliger kurzer Aufenthalt hinreicht, auch nur sich in einem Teile seiner Industrie, selbst bei der höchsten Tätigkeit und Intelligenz, gehörige Kenntnis zu verschaffen. Man schließt von sich auf andere. Ich war 3 Monate, ohne irgendein Geschäft zu haben, in England, glaubte schon damals ebenso viel über englische Pferdezucht gelesen, ja ich möchte sagen, studiert zu haben, als irgendjemand, hatte die besten Verbindungen, und gestehe dennoch offen, dass ich damals noch viele Vorurteile und falsche Ansichten über Englands Pferdezucht hatte. Ich verlängerte meinen Aufenthalt bis zu neun Monaten; dieses sowie die vielfältigen Mitteilungen meines Bruders, der so oft und lange in England war; — und endlich die Einrichtung der Pferderennen in Mecklenburg, die mich namentlich erst über das Trainieren belehrten,1) und mir in mehreren Beziehungen die Pflicht auferlegten, alles, was Vollblut-Pferdezucht und Rennen betraf,

sorgfältig nachzulesen, und darüber Erkundi- gungen einzuziehen, haben mich erst in den Stand gesetzt, ganz den hohen Wert der englischen Pferdezucht zu würdigen. Dieses zusammen genommen brachte mich zu der Überzeugung, dass eine Pferdezucht nach den dortigen praktischen Prinzipien sich die zivilisierte Welt tributbar machen musste, und dass dieses England den Pferderennen und der Jagd, die aber ohne erstere nicht stattfinden kann, verdankt.

Wenn ein so verdienstvoller Mann, wie der Herr Landstallmeister v. B., auftritt, und so harte Urteile über die edlen englischen Pferde fällt, und mit dürren Worten sagt: „Die englischen Vollblutpferde haben der Mehrzahl nach Hasenhacken und Spat, der anderen Fehler nicht zu gedenken, und die Rennen auf englische Art können die Pferdezucht nicht fördern“, so sind dieses Aussprüche, die in allen Ländern, wo man die Englischen Vollblutpferde wenig, und höchstens nach einigen Exemplaren kennt, welche Pferdehändler gebracht haben, die unglücklichsten Folgen haben müssen. Der Pferdezüchter, der die Schrift des Hrn. v. B. wörtlich nimmt, wird seine Beschäler nicht von der Englischen Vollblutrasse nehmen. Wie kann er sie aus einem Stamme wählen, wo unter 10 Individuen 8 Hasenhacken, und von dem Reste noch viele Spat haben? Ihm bleibt also nichts übrig, als so genannte Araber, oder deren in Gestüten erzogene Nachkommen, sich zu verschaffen. Wo solches aber hinführt, wissen wir in Mecklenburg aus teuer erkauften Erfahrungen, und überall, wo ich dergleichen Zuchten in den verschiedenen Ländern, welche ich bereist habe, beobachtete, fand ich dieselben traurigen Resultate.

Hr. v. B. ist ein viel zu praktischer Mann, als dass ich nicht dreist behaupten sollte, dass er gewiss mit mir den Grundsatz teilt:

Orientalische Hengste, — so genannte Araber, über deren Abkunft man im Dunkeln ist — kann niemand, der es mit seinen Mitbürgern gut meint, dem Privatmanne zur Zucht empfehlen.2)

Auch bin ich überzeugt, dass gern und dankbar Hr. v. B. es bekennen wird, dass der hohe und gegründete Ruf Trakehnens hauptsächlich dem Englischen Vollblute zu verdanken ist.

Ebenso gewiss, wie ich glaube, dass es nie Hrn. v. B. Absicht war, den Pferdezüchtern von der Haltung englischer Beschäler abzuraten, und ihnen dagegen die oben erwähnten zu empfehlen, ebenso gewiss ist es aber auch, dass die meisten Menschen seine Schrift so verstehen werden, dass sie alles Englische Vollblut von der Zucht auszuschließen hätten. Deshalb halte ich es für Pflicht, die Beantwortung dieser Schrift zu versuchen. Das Interesse meines Vaterlandes ist mir zu teuer.

Ein großer Teil Deutschlands und Ungarns, welches letztere ich so gern als ein Schwesterland ansehe, eignen sich nicht allein sehr zur Pferdezucht, sondern dieselbe wird auch bedeutend darin getrieben. Für Mecklenburg bin ich nicht in Sorgen, dass dort die Liebhaberei für so genannte Araber und deren in Gestüten gezogene Nachkommen wieder aufkommt. Wir haben sie mit zu großem Verluste kennen gelernt, und in einem Lande, was so glücklich ist, bei keiner bedeutenden Ausdehnung, an 20 größtenteils ausgezeichnete Vollblut-Beschäler zu besitzen, und in dem Rennen etabliert sind, wird der praktische Pferdezüchter, der für eigene Rechnung züchtet, sich nicht leicht entschließen, Pferdchen von 46 bis höchstens 58 Zoll Bandmaß, wie die meisten Orientalen sind, zur Zucht zu verwenden. Zum warnenden Beispiele für die Pferdezüchter des übrigen Teils meines Vaterlandes führe ich hier folgende Tatsachen an: In 4 bedeutenden und sehr rationell geführten Gestüten Mecklenburgs, wo sich vortreffliche Stuten befanden, hat man solche oben bezeichnete Hengste eine kurze Zeit gebraucht; ihre Nachkommenschaft war auf allen vier Stellen kraftlos, und die Aufstallung viel kleiner, als die von eigenen oder englischen Beschälern, die Pferde wurden schlecht verkauft, und keine Mutterstute, viel weniger Hengste, konnte man zur eigenen Zucht gebrauchen. Da diese Gestüte, wie schon gesagt, rationell geführt wurden, so deckten die Hengste nur wenige Jahre, und dennoch ist der Schaden, den die Besitzer, mithin das Land, durch diese Tiere erlitten haben, bei weitem über 100.000 Taler zu rechnen. Wo einzeln diese Tiere verwendet wurden, brachten sie gleichen Erfolg. So auch bei meinem Bruder und mir. Wir hatten das Unglück, einen solchen Beschäler zu Anfang unserer Pferdezucht zu besitzen. Alle seine Nachkommen hatten für uns die verderbliche Eigenschaft, dass sie als Saug- und 1-jährige Füllen sehr schön waren, 2-jährig verloren sie etwas, aber alles schien bei ihnen von Kraft zu zeugen, 3-jährig wurden sie gelinder, und wenn sie angeritten wurden, waren sie ganz kraftlos. Mit Ausnahme eines einzigen Pferdes, welches ziemlich gut war, waren alle Nachkommen dieses Hengstes mit vorzüglichen kräftigen Jagdstuten, die selbst jetzt noch, nachdem sie so viel älter geworden, mit englischen Hengsten die kräftigsten Pferde liefern, kraftlos, und also ganz nutzlose Tiere. Zu unserem Glücke brach ihm mein Bruder beim Reiten den Hals. Aber wenig fehlte, dass dieser Hengst uns nicht durch Geldverlust, getäuschte Hoffnungen usw. für immer von der Pferdezucht abgeschreckt hätte.

Nach engherzigen Ansichten, könnte man doch sagen „der Vorzeit“! — müsste Hrn. v. B. Schrift, den Mecklenburgern und namentlich meinem Bruder und mir, sehr willkommen sein. Wären die Pferde in England so schlecht, als sie uns geschildert sind3), so würde bald Mecklenburg fast als Monopol den Handel mit guten Pferden treiben, weil nirgends auf dem Kontinente so konzentriert, so viele gute und ausgezeichnete Vollblutpferde sind. Die mancherlei Widersprüche in des Hrn. Hankey Smith Schrift, welche durch Hrn. v. B. uns in der Übersetzung mitgeteilt ist, sind in verschiedenen Rezensionen, welche in England herausgekommen sind, sehr gut dargestellt. Ich verweise den Leser nur auf das S. M. N. S. XVI. pag. 260 — 262 XVII. 126 und 317. XVIII. pag. 15 — 20, und 200 — 204, wo er mehreres darüber finden wird. Mir sei es erlaubt, darüber einige Worte zu sagen. Es sind darin sehr interessante Zusammenstellungen gemacht. Ich fürchte aber, dass dieses Buch Unglück anstiften wird, da die darin enthaltenen Ansichten über Inzucht, und dann wieder Kreuzen, und dann wieder Inzucht, manchen Pferdezüchter, der ohnehin schon mehr, als es sein Vorteil erlaubt, an Theorien klebt, zu Missgriffen verführen wird, die er, wenn er der Erfahrung Gehör geben wollte, würde vermieden haben. —

Herr H. S. bekennt selbst, dass in neuerer Zeit die eingeführten Araber nur dazu beigetragen haben, die englische Rasse zu verderben, und dass niemand, der Pferde zieht, um dieselben mit Vorteil zu verkaufen, einen Araber decken lassen darf, und dass man den arabischen und persischen Stammbäumen nicht trauen könne, — und dennoch empfiehlt er diese Art Hengste! Damit aber meine Leser eine Idee von der Beurteilung des Herrn H. S. erhalten, führe ich an, dass von zwei arabischen Hengsten, welche derselbe für sehr wertvoll hielt, für den besten bei Herrn Richard Tattersall auf der Auktion nicht mehr als L. 40 geboten wurde. Ebenso ward ein einjähriger Füllenhengst von Herrn H. S.' arabischem Hengste aus einer bekannt guten Stute, der Epssom Lass, auf der Auktion des Herrn Nowel 1826 für 30 Ga. verkauft, während die übrigen verkauften 7 Stück einjährigen Hengste, die Summe von 1.690 Guineen, also im Durchschnitte per Stück 241 3 / 7 Ga., brachten.

Das Publikum ist stets der beste Richter über den Wert einer Sache, und so liefert dieses den Beweis, dass Herrn H. S. Urteile wohl nicht sehr zu trauen ist.

Die Abhandlung, welche dann folgt: Beobachtungen über den Charakter und das Blut usw., scheint mir in der Absicht geschrieben, dass der Autor wünscht, Lieferant von orientalischen Hengsten, wo nicht für England, doch für den Kontinent zu werden. Wenn das nicht seine Absicht war, wie konnte er sonst folgende Aufstellungen machen. So sagt der Verfasser pag. 101: „Wenn unser jetziges Geschlecht edler, vorzüglicher ist, als in früherer Zeit, so ist anzunehmen, dass eine weitere Verbesserung nicht tunlich ist, und so ist die Sache zu Ende.“ Wo ist hier der Grund?

Pag. 103 sagt der Verfasser: „Dass nur wenige mittelmäßige Stuten unserer Zeit von arabischen bedeckt wären.“ Obgleich dieses nicht einmal der Fall ist, da z.B. der Wellesley Grey die Maria vom Highflyer deckte, und Se. Majestät zu Hamptoncourt lange Jahre die vorzüglichsten Stuten von Orientalen decken ließ, und dass in neuester Zeit, 1824, selbst der erste Pferdezüchter Englands, der Herzog von Grafton, noch einen Araber-Hengst hatte; so hätte doch der Verfasser der Wahrheit gemäß anführen müssen, dass man erst dann aufhörte, den Orientalen die ausgezeichnetsten Stuten allgemein zu geben, als man, durch Erfahrung belehrt, fand, dass sie schlechtere Produkte als inländische Hengste lieferten. Selbst die Rahel, Mutter des Highflyer, ward vom Ancaster Arabian gedeckt. Was brachte sie aber? den Moslim! — Dass man aber noch immer Versuche mit Arabern macht, beweist ein 1825 abgeschlossenes Produce-Stakes zwischen dem Herzog von Richmond und Lord Oxford, welches im Craven-Meeting 1830 zu Newmarket ausgemacht werden wird. Ersterer nennt die Arbis von irgendeinem Hengste 1826 zu decken, und letzterer die Selma von einem Araber 1826 zu decken.

Ich werde mich über obigen Gegenstand weitläufiger in der Beantwortung der Ammon' schen Schrift und der vier die Araber betreffenden Fragen äußern.

Pag. 103 will der Verfasser durch die winzigen Araber, die noch dazu so sehr hochbeinig sind, nicht allein die Form der englischen Rennpferde verbessern, sondern sie auch zur Tragung größeren Gewichts geschickter machen, obgleich es bekannt ist, dass die englischen Pferde selbst in Indien den Arabern 14 Pfund Gewicht vorgeben.

Pag. 104 sagt der Verfasser, dass man im wüsten Arabien nur ein Geschlecht der Pferde sehe, und alle das edelste Blut zeigten. Wer in Arabien gewesen ist, widerspricht dem aber gänzlich. Es gibt dort sehr verschiedene Rassen, vom edeln Stamme der Kochlani bis zu dem gemeinen und schlechten der Hatiki herunter. Der Schriftsteller, der aber das Publikum so wenig achtet, dass er sich nicht gehörig über den Gegenstand, den er behandelt, unterrichtet, kann auch nicht auf das Zutrauen und die Achtung des Publikums Anspruch machen.

Pag. 115 sagt der Verfasser, dass man jetzt einem Pferde als Beschäler den Vorzug geben würde, welches das Derby gewonnen hätte, gegen das beste Pferd über die Bacon Course. Worauf ist diese Behauptung gegründet? Gewann Rubens das Derby? Nein! und dennoch ist er einer der geschätztesten Beschäler Englands.4)

Der Verfasser fürchtet pag. 115 und 116, dass die Sorgfalt und Pflege, welche das arabische Pferd so sehr in England verbessert habe, im Laufe der Zeit die Ausartung der Rasse durch Erschlaffung der Sehnen usw. befördern könnte. Hierin gebe ich ihm ganz Recht, wenn nicht das Trainieren existierte. Dieses sorgt aber dafür, dass Sehnen und Muskeln ausgebildet werden.

Pag. 108 werden eine Menge alter Gewichte angeführt, welche aber ganz den heutigen gleich, oder leichter sind.

Ich habe, um nicht zu weitläufig zu werden, nur diese wenigen Punkte aus obiger Schrift ausgehoben. Sie enthält übrigens in gedrängter Kürze manches Interessante.

Als ich bei der Beantwortung der von Burgsdorf'schen Schrift war, kam mir auch die des Herrn G. G. Ammon, Aufseher des Königlichen Gestüts zu Vesra, zu Händen, und so sage ich denn auch einiges über dieselbe.

Es lag nicht in meinem Plane, diese Schriften Satz für Satz zu beantworten, sondern im Allgemeinen, und diesen mehrere Facta hinzuzufügen, über Jagd, Art, wie die Engländer reiten usw., um damit denen, die nicht in England waren, oder deren Aufenthalt dort nur kurz war, eine Idee von den Leistungen der Pferde sowohl als auch der dortigen Reiter zu geben. Eine lange Krankheit, welche mich seit dem September 1827 niederdrückt, die mich zum Reisen zwang, und von der ich noch nicht genesen bin, verhinderte mich an der Ausführung dieses Planes. Zu schwach zu ersteren, sah ich mich gezwungen, den Gegenstand zu behandeln, wie er folgt.

Alle Anführungen neuerer Zeit habe ich aus dem Zeitraume vom Oktober 1822 bis Ende 1826 entlehnt, da sie bis dahin nur dem Herrn v. B. bekannt sein konnten, als er seine Schrift publizierte. Die Notizen über sechs Monate dieses Zeitraums sind mir auf der Reise verloren gegangen. Wenn manche Anführung nicht weiter ausgeführt, und manches nicht so geordnet ist, als es sein sollte und ich es wünschte, so wird der gütige Leser mich mit meiner Krankheit, die mich fast vernichtet hat, entschuldigen, und zugleich bedenken, dass auf Reisen ich keine Bücher mitführen konnte, wo ich so oft gerne Sachen nachgeschlagen hätte, welche ich mir dunkel erinnerte, und nun weglassen musste.

Damit man mir aber nicht den Vorwurf machen könnte, dass ich einseitig für die Rennen und das Englische Vollblutpferd, dessen Verbreitung in Mecklenburg unsere Auktionen ungeborner Füllen bezweckt, eingenommen sei, habe ich den Abdruck der Schriften des Herrn Landstallmeisters v. Burgsdorf und des Herrn Gestüt-Aufsehers Ammon in den Mecklenburgischen Annalen im Herbste 1828 veranlasst.

Wo ich von orientalischen Hengsten usw., so genannten Arabern spreche, meine ich jene Tiere, welche der Pferdezucht so unendlichen Schaden tun, die von Spekulanten in der Türkei usw. - aufgekauft werden, und nie Arabien sahen.5) Über wirkliche Araber, wie sie in den Gestüten Sr. Majestät des Königs von Württemberg und des Barons v. Fechtig, und einzeln noch in andern Gestüten sich finden, werde ich mir erlauben, im Anhange einiges zu sagen.

Damit es mir nicht teilweise so ginge, wie so manchen, welche gegen englische und für arabische Pferde schreiben, und weder die einen noch die andern kennen, so bin ich nach den zwei oben genannten Gestüten gereist und habe außerdem keine Gelegenheit versäumt, arabische und orientalische Pferde zu sehen.

Für den Teil des Publikums, von dem genauer und persönlich gekannt zu sein, ich nicht die Ehre habe, erlaube ich mir noch zu erklären, dass diese Zeilen nur der Wunsch der Pferdezucht Deutschlands zu nützen, diktiert hat. Niemand mehr als ich kann die Verdienste des Herrn L. St. M. v. B. anerkennen, da ich weiß, mit welchen unendlichen Schwierigkeiten der Angestellte in seinem Fache zu kämpfen hat. Gegen den Herrn G. G. Ammon, obgleich ich ihn nicht persönlich kenne, bin ich etwas aigriert, da er seine arabischen Hengste in Konstantinopel, und dergleichen Stuten circa 35 Meilen von dort erkauft hat. Ich sage dieses gerade und offen heraus, und bemerke nur noch zum Überfluss, dass ich der Kürze wegen hier den Namen für die Sache setze, da man wohl annehmen kann, dass Herr Ammon nach erhaltenen Instruktionen handelte, und also ihm persönlich gewiss wegen der Ortswahl seines Ankaufs nichts zur Last zu legen ist. Dass ich aber als Freund der Pferdezucht trauern muss, dass er Konstantinopel zum Platze des Ankaufs wählte, ist natürlich. Kein Platz im Oriente ist vielleicht ein schlechterer für gute Pferde. Alle Großen, vom Großherrn an, haben die Gewohnheit, sich ihre Pferde nicht zu kaufen, sondern sie sich schenken zu lassen. Das Beste wird nun einmal nicht verschenkt. Hat aber jemand ein ausgezeichnetes Pferd, so läuft er Gefahr, es verschenken zu müssen. So nimmt sich jeder in Acht, etwas Ausgezeichnetes aus den Provinzen in die Hauptstadt zu bringen. Außerdem existiert das väterliche (Sultan heißt Vater) Gesetz, dass bei Todesstrafe jedes Pferd, das nach Konstantinopel kommt, den kaiserlichen Ställen zum Kaufe gestellt werden muss. Gefällt es dem Beamten, so wird von ihm der Preis bestimmt, — an Handeln ist nicht zu denken. Wer würde unter solchen Verhältnissen dorthin wohl ein gutes Pferd zu bringen wagen?

Ich fühle es, dass ich in der nachstehenden Schrift vielen Vorurteilen, manchen von lange her als unantastbar betrachteten Ideen, und auch der Eigenliebe vieler zu nahe treten werde. Dieses war ich der Wahrheit schuldig, und musste es tun, wenn ich die Aussicht haben wollte, dass meine Schrift der Pferdezucht Nutzen brächte. Überall habe ich danach gestrebt, meine Ansichten mit Tatsachen zu belegen. Habe ich geirrt, so wird mir jede Belehrung willkommen sein, da ich davon durchdrungen bin, dass:

„That individual, who cannot endure reproof, or who disdains the receive instruction from those endowed with better reason or abilities than himself, should not drag on his existence in a civilized country.“6)

Doch muss ich bitten, diese Belehrungen auf Tatsachen zu stützen. Alles andre, Raisonnements, Deklamationen, Berufungen und Hypothesen usw. werde ich unbeachtet lassen. Um einen Federkrieg zu führen, ist mir meine Zeit zu teuer.

Mit Zuversicht hoffe ich, dass man sich überzeugt halten wird, dass jede Äußerung, welche etwa in diesen und den nachfolgenden Zeilen den Herren, deren Schriften ich beantworte, empfindlich sein könnte, von mir nicht in der Absicht niedergeschrieben ist. Mir ist nur um Wahrheit zu tun, um dadurch die Pferdezucht meines Vaterlandes zu fördern, oder wenigstens Schaden abzuwenden. Mein Wahlspruch ist: Der Sache Feind — des Mannes Freund.

Neapel, im März 1829.

Biel.




1) Ohne selbst Trainierpferde zu halten, oder als Jockey in einem Trainierstalle zu sein, kann man keinen richtigen Be-griff hiervon bekommen. Der Oberstallmeister, Frhr. v. Knobelsdorff und der Staatsrate v. Hazzi, gewiss Männer, die sich alle mögliche Mühe gaben, das Wesen des Trainierens zu erforschen, geben den Beweis davon. So hielt unter andern der Freiherr von Kn. die gänzliche Abwesenheit des Stallmuts für Entkräftung, oder, dass die Tiere über ihre Kräfte angegriffen wären. Stallmut, der untrügliche Beweis, dass das Pferd nicht die Bewegung gehabt hat, welche zu seiner Gesundheit unumgänglich notwendig ist, ist der größte Feind des Käufers, und dennoch wird er von den meisten Pferdeliebhabern des Kontinents geliebt, während der praktische Engländer darauf studiert, ihn zu vernichten. Was ist Trainieren? Es ist die Kunst, das Pferd dahin zu bringen, dass es eine große Menge nährenden Futters verdauen kann, und mit jedem Tage kräftiger und ausdauernder wird. Und diese Kunst wird angefeindet !

2) Zum Beweise, wie richtig ich den praktischen und verehrten Gestütsmann beurteilt habe, lasse ich hier eine Rede folgen, welche Hr. v. B. am 27. Mai 1827 gehalten hat, und welche mir auf meiner Rückreise in Wien gütigst mitgeteilt wurde: „Als großer Verteidiger der guten orientalischen Pferde, habe aber auch ich leider die Erfahrung gemacht, dass nicht alle, die auf jenem klassischen Boden das Licht der Welt erblickten und uns zugeführt wurden, vorteilhaft zur Nachzucht auch für uns sich eignen; vielmehr, dass von den vielen Orientalen, welche ich habe kennen lernen, nur sehr wenige das Interesse eines deutschen Pferdezüchters verdienen. Beinahe jedes war von einer andern, das Gute sogar nur einzig in seiner Art. Denn wenn man auch eine gleichsam elfenbeinartige Festigkeit der Knochen, und eine große Spannkraft der Sehnen, Leichtigkeit und Gewandtheit an beinahe allen Pferden jener Zonen findet, so trifft man doch auch, wie gesagt, auf jene ungemein große Verschiedenheit der Formen aller Teile, und also der Schläge und Rassen selbst sowie auch alle die Fehler, welche die Lehre von dem Exterieur des Pferdes uns aufzählt, so wie es denn auch keineswegs zu übersehen ist, dass häufig zu große Feinheit der Knochen, nicht schön gebildete Vorhand, nebst zu vieler Winzigkeit des Ganzen, uns äußerst vorsichtig machen müssen. Sogar im Gebrauche der von gröberen Fehlern freien Orientalen, und für den Privatmann ist selbst die Rücksicht, dass in der Regel wenigstens die ersten Nachkommen sehr klein und fein ausfallen, allerdings nicht unwichtig. Sie ist auch nicht unwichtig für ein königl. Gestüt, dessen Zweck ist, Beschälpferde für das Land zu liefern. Fortgerissen mit dem Geschmacke der Zeit, werden vorzugsweise große Pferde gefordert und gut bezahlt. Daher auch die bekannten Aufforderungen an das hiesige Landgestüt, daher das sorgfältige Streben von dessen Verwaltung, ihnen zu genügen. Doch bleibt es für ein Gestüt, wie das zu Trakehnen, unumgängliche Rücksicht, das gute orientalische Blut nie ausgehen zu lassen, vielmehr es stets in höchster Reinheit und mittelst der am vollkommensten gebauten Produkte zu propagieren, gleichviel, ob die erste Generation klein und fein ausfällt oder nicht, denn die Erfahrung lehrt, dass ihre Nachkommen bei uns immer größer und stärker werden, und dabei viel Energie behalten. — Leider hat ein Godolphin und ein Turcmain Atty sich noch nicht wieder finden lassen. Doch beide drang ein glückliches Ohngefähr denen auf, die das Beste nicht sogleich erkannten. Möchte Fortuna auch mir hold lächeln, möchte ich den preußischen Gestüten einen zweiten Turcmain Atty einst zuführen können! —

3) Wie die Pferdehändler dieses benutzen, davon mag Folgendes zeugen: Ich war zugegen, als ein solcher an einen Pferdeliebhaber einige Pferde aus einem Transporte englischer Pferde verkaufte. Die Erzählungen, wie schwer es ihm geworden sei, diese fehlerfreien Pferde zu erhalten, da die meisten Pferde in England Spat, Hasenhacken, Gallen, und Gott weiß, was sonst noch alles hätten, nahmen kein Ende. Ich sagte nichts, bis der Handel geschlossen und der Käufer weg war, dann aber fragte ich den Mann, wie es möglich sei, dass er solche Sachen auftischen könnte? Mein Gott! antwortete er, wir müssten unsern Vorteil schlecht kennen, wenn wir nicht das benutzten, was in neuerer Zeit zum Nachteil der englischen Pferde geschrieben ist. Nichts kann uns vorteilhafter sein, als dass man glaubt, dass unter 10 Pferden in England höchstens eins fehlerfrei sei; dann muss der Käufer das, was wir bringen, für Elite halten, und kann sich nicht darüber wundern, wenn wir hohe Preise verlangen.

4) Rubens ist nun tot, er starb im Frühjahre 1829.

5) So sah ich auf meiner Rückreise einen Transport solcher Tiere, welche nach Norddeutschland gingen, unter denen das beste, ein mit Spat begabter Hengst war. Diese Pferde durchzusehen, war mir sehr interessant, da ich an ihnen alle jene Fehler und Mängel fand, welche man bei Beschälern vermeiden muss. Von der aufgeklärten Gestüts-Direktion des Landes, wohin sie gehen, hoffe ich zuversichtlich, dass man sie alle kaufen wird, — um sie sämtlich kastrieren zu lassen, und so für die Pferdezucht unschädlich zu machen!

6) Der Mann, der nicht Widerspruch erträgt, oder der es unter seiner Würde hält, Belehrungen von denen zu erhalten, die mehr Einsicht oder Fähigkeit als er selbst haben, sollte sich aus jedem aufgeklärten Lande verbannen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Einiges über edle Pferde