X. Ich komme, Dich zu fragen, sagte an einem der nächsten Tage Herr von Reichenbach zu dem Präsidenten, ob Du das Testament geprüft hast und was Du davon hältst?...

X. Ich komme, Dich zu fragen, sagte an einem der nächsten Tage Herr von Reichenbach zu dem Präsidenten, ob Du das Testament geprüft hast und was Du davon hältst?

Der Präsident zog bedenklich die Schultern in die Höhe und meinte: die Sachen stehen für Dich nicht eben günstig. Ich halte es nicht für unmöglich, daß der Clerus in Deiner Ehescheidung, und namentlich, wenn Du daran denken solltest, Dich anderweit zu verheirathen, diese Handlung als ein Zeichen Deines Austrittes aus dem Kirchenbunde ansehen könnte, da ihm thörichter Weise von dem Erblasser eine Art geistlicher Aufsicht über die Besitzer des Nachlasses eingeräumt ist. Indeß fehlen noch die beiden Codicille, von denen Du mir gesagt hast und ohne die ich Dir darüber und wegen der Nachfolge Deines Sohnes keine bestimmte Auskunft geben kann.


Alfred bedauerte diese Papiere nicht zur Hand zu haben, sie waren in seinem Schreibtisch geblieben und er konnte sie nicht gut von einem Andern hervorsuchen und sich nachsenden lassen. Der Präsident rieth ihm selbst davon ab und fügte hinzu: Ueberhaupt würde ich zunächst an Deiner Stelle die Sache nicht auf die Spitze stellen. Was gewinnst Du bei dem Scheidungsprozesse?

Welche Frage! rief Alfred, ich lebe in der unglücklichsten Ehe, ich will mich trennen und Du fragst, was ich dadurch gewinne? – Ich gewinne meine Freiheit wieder.

Und fehlt Dir die jetzt? fragte der Präsident. Bist Du nicht frei in diesem Augenblick? Wärst Du ein armer Bürger, der sein kümmerliches Geschäft betreibt und eine Schaar kleiner Kinder hat, die einer Mutter bedürfen, wenn die rechte Mutter nichts taugt, so begriffe ich Deinen Wunsch, von der einen Frau geschieden zu werden, wenn Du eine andere nehmen wolltest. Für Dich aber ist es ein unkluger Schritt. Du liebst Deine Frau nicht, aber Du liebst vorläufig doch noch keine Andere. Gut! so lebe Du hier und mag sie dort nach ihrer Neigung schalten. Der Plan, Dich von Deiner Frau durch den hiesigen Aufenthalt zu trennen, war vernünftig; er machte Dich von den unangenehmen Berührungen völlig frei und gab kein unnöthiges Gespräch und Aufsehen. Der Vorsatz, Dich gerichtlich scheiden zu lassen, ist unpraktisch; er macht Dich nicht freier und wird großes Gerede geben, da auf Dich, den beliebten Autor, die Augen der Menge gerichtet sind. Zur Scheidung ist es noch Zeit, wenn Du einmal eine neue Ehe eingehen wolltest, bis dahin warte damit. Was soll überhaupt die unnütze Eile?

Alfred saß nachdenkend da. Es lag viel Wahrheit in den Behauptungen des Präsidenten und dennoch war Etwas darin, das ihm widerwärtig und abstoßend erschien. Was ihn leidenschaftlich bewegte, was ihm zu einer Lebensfrage geworden war, von Andern kalt beurtheilt, es zum Gegenstande einer ruhigen Erwägung und Berechnung gemacht zu sehen, hatte etwas Schmerzliches und Verletzendes für ihn. Zudem verlangte sein Gemüth nach Schönheit, nach vollständigem Genügen, und in der Halbheit, die der Präsident ihm vorschlug, fanden auch diese Ansprüche sich nicht befriedigt.

Mir sind gewaltsame Schritte allerdings auch sehr zuwider, sagte Alfred nach einer Pause, weil sie mein Gefühl beleidigen; das, was Du Aufsehen nennst, ist mir aber sehr gleichgültig. Ich bin es gewohnt, dem Publikum gegenüber zu stehen mit meinem Dichten und Wirken; ich scheue es nicht, ihm auch meine eigensten Verhältnisse darzulegen; denn ich thue Nichts, was ich nicht vertreten kann, nichts als Das, was ich für mein heiligstes Recht, für meine Pflicht erachte.

Wer spricht denn davon, daß Du ein Unrecht zu verheimlichen hättest? entgegnete der Präsident. Aber denke Dir nur die Bemerkungen der Fremden, das Herumschleppen vor den Gerichten und was daran Widerwärtiges noch hängt, und ich glaube Du stimmst mir bei.

Das fällt fort, meinte Alfred, wenn Caroline ebenfalls in die Scheidung willigt.

Ganz und gar nicht! nur bei kinderlosen Ehen genügt die gegenseitige Einwilligung zu einer Trennung und Du bist ja der Zustimmung Deiner Frau noch keineswegs sicher. Folge mir, Alfred! laß die Angelegenheit noch eine Weile schweben. Wer weiß, wie sich Carolinen’s Ansicht, wie Deine eigene Meinung sich noch ändert. Das Aeußerste zu thun, bleibt Dir ja immer Zeit.

Inzwischen schreibt mir Caroline fast alltäglich, und in einer Weise, daß ihre Briefe mich immer neu verstimmen, sagte Alfred mißmuthig und seufzend.

Schicke sie uneröffnet zurück.

Das vermag ich nicht, ich kann meiner Frau, so lange sie noch meine Frau ist, solch eine Beleidigung nicht anthun! erklärte Alfred sehr bestimmt, am Wenigsten, da Felix jetzt noch bei ihr ist.

So hole ihn her, sagte der Präsident. Du hast mir, denke ich, schon vor einiger Zeit gesagt, daß Du einen Lehrer für ihn gefunden und Alles für seinen hiesigen Aufenthalt vorbereitet hättest.

Ach, mein Freund! rief Alfred schmerzlich, wenn Du Dir vorstellen könntest, wie all diese Verhältnisse mir das Herz zerreißen, wie sehr ich unter ihnen leide, Du würdest mich weniger schwach schelten, als ich Dir offenbar erscheine. Felix durch einen Fremden von der Mutter abholen zu lassen, scheint mir eine entsetzliche Härte; und ich selbst? – Ich kämpfe seit vielen Tagen mit dem Gedanken, wie ich es anfange, mir den Sohn herzuschaffen, ohne daß seine Mutter es zu schwer empfindet. Ich will selbst nach dem Schlosse gehen, aber mir bangt vor dem Wiedersehen und vor der Trennung.

Fasse einen festen Entschluß und gehe morgen, sagte der Präsident.

Morgen? wiederholte Alfred, nein! morgen nicht, ich würde dann gerade am achtundzwanzigsten, an Carolinen’s Namenstage eintreffen – das ist unmöglich. Er seufzte und sagte: Aber ich werde bald thun, was gethan sein muß. Ich werde zu ihr reisen, werde Felix mitbringen und mir ihre Zustimmung zu unserer Scheidung zu verschaffen suchen. Ich muß der Sache ein Ende machen, dieses beständige Schwanken ertrage ich nicht.

Thue, was Du nicht ändern kannst, meinte der Präsident, und im Grunde kann ich Dich so hart nicht tadeln, denn auch ich habe heute einen entscheidenden Schritt gethan, um mich aus peinlichen Verhältnissen zu erlösen. Ich habe mit der Harcourt gebrochen.

Heute? fragte Alfred bestürzt, heute? nach dem neulichen Vorfall? Nimmermehr!

Gerade deshalb, sagte Julian. Ist ihr Betragen denn nicht höchst verletzend für mich gewesen? Wie eine Rasende spielt sie Komödie in der Komödie, macht mich zum Zielpunkt für alle Blicke, und weshalb? – Weil irgend ein närrischer Mensch ihr vorgeschwatzt, ich wolle Eva heirathen. Ich sah den Sturm heranziehen, ich verließ die Loge, um sie in ihrer Garderobe aufzusuchen; kaum aber bin ich dort, so bringt man sie ohnmächtig herein, die andern Schauspielerinnen stürzen hilfeleistend nach, und sie erwacht mit meinem Namen auf den Lippen. Nun geht die interessante Neuigkeit von der Bühne in’s Parterre, von dem Parterre durch die ganze Stadt und ich bin heute, Dank Eva’s Kinderei und Sophien’s Wahnsinn, das Gespräch der Kaffeehäuser.

Er ging verdrießlich im Zimmer umher. Und ist sie Dir denn gar nichts mehr? fragte Alfred. Ich bin überzeugt, daß sie Dich leidenschaftlich liebt; gilt Dir das nichts?

Wie kann mich freuen, was mich quält? Du sprichst von Liebe, als ob wir junge Männer wären, als ob ich Theophil von seiner ungetreuen Schönheit sprechen hörte. Die Zeiten sind für mich vorbei. Wer hat denn jetzt noch Muße zu einer sogenannten großen Liebe? Sophie und ich, wir haben uns nicht verstanden, sie fordert mehr, als eine Frau verlangen dürfte! Ich werde sie nicht wiedersehen.

Und heute gerade wollte ich Dich zu ihr begleiten. Sie hat mich neulich so sehr angezogen, daß ich be gierig bin, sie näher kennen zu lernen.

Das trifft sich sehr glücklich, sagte der Präsident, denn ich wollte Dich bitten, zu ihr zu gehen. Ich verlange es sogar als einen Freundesdienst von Dir. Stelle ihr vor, wie die Sachen stehen. Sieh zu, daß Du sie von Uebereilungen, von Thorheiten abhältst. In Stunden der Aufregung pflegte sie das Unerhörteste zu lieben, das Ungewöhnlichste zu thun. Beruhige sie und rathe ihr sich verständig in das Unabänderliche zu fügen. Solche Frauen bedenken nicht, wie sehr wir den Anstand zu schonen haben, wie die Augen der Vorgesetzten und der Untergebenen auf uns ruhen, wie die ganze Journalistenmenge nur darauf wartet, einem hochgestellten Beamten etwas anhaben zu können! Sophie hat mir schon die unangenehmsten Verwickelungen zugezogen und –

In dem Augenblick klopfte es an die Thür, eine Stimme rief: Ich bitte um Audienz! und Eva trat herein, Theophil nach sich ziehend.

Julian’s Antlitz erheiterte sich sogleich, er ging der jungen Frau entgegen, küßte ihr die Hand und führte sie zum Sopha. Was schafft mir das ganz unerwartete Glück, theure Cousine! Sie in meinem Zimmer zu sehen? fragte er galant.

Man sagte mir, daß Sie um diese Zeit Audienz ertheilen und ich komme, Sie in einer wichtigen Angelegenheit zu Rathe zu ziehen. Hier Ihr Herr Assessor hat mich schwer verletzt und beleidigt, und Sie, Herr Präsident! sollen mir Recht verschaffen und eine glänzende Genugthuung; ich werde Sie königlich dafür belohnen.

Ich bestreite aber dem Präsidenten, als Ihrem Verwandten, gnädige Frau, das Recht, Richter in unserer Angelegenheit zu sein. Er ist nicht unparteiisch, wendete der Assessor scherzend ein.

Wo fänden Sie denn einen Richter, lieber Theophil! sagte der Präsident, der nicht augenblicklich für Ihre schöne Gegnerin Partei nähme, sobald sie in Person die Klage anbringt? – Das ist ein Nachtheil des öffentlichen Verfahrens, welches jetzt so heiß begehrt wird. Aber fürchten Sie nichts. Klägerin hat mich selbst oft so schwer gekränkt, daß die dadurch bewirkte Animosität ein Gleichgewicht gegen meine sonstige Vorliebe bilden wird. Rechnen Sie Beide auf volle Unparteilichkeit und, Frau von Barnfeld! beginnen Sie Ihre Klage, ich bin ganz Ohr!

Erstens, sagte Eva, hat der junge Herr mich zwei Stunden hindurch immerfort gelangweilt.

Wodurch? fragte der Präsident.

Mein Gott! wodurch – durch Langeweile. Er hat mit Therese sehr ernsthaft über Unsterblichkeit gesprochen –

Sie haben uns nicht dazu kommen lassen, gnädige Frau! wendete der Assessor ein.

Nicht? fragte Eva – und woher, als von Ihnen, wüßte ich denn in diesem Augenblick, daß Mendelsohn einen Phaedon – oder wie das Ding sonst heißt, geschrieben hat? Woher wüßte ich, daß Spinoza der Urheber des – Julian, heißt’s Pantheismus? fragte sie sich unterbrechend.

Der Präsident nickte bejahend und sie fuhr fort: daß der Spinoza also den Pantheismus erfunden hat? Glauben Sie, irgend ein anderer Mann wird einer lebenden Frau von so todten Dingen vorsprechen, wie Unsterblichkeit und Seelen? Wer es gehört, hätte glauben müssen, der Pastor sei da und Therese oder ich lägen schon im Sterben.

Die Männer lachten, und Eva fuhr dadurch ermuthigt, fort: Als ich es gar nicht mehr aushalten konnte und, um nur ein vernünftiges Wort zu hören, Therese fragte, wo sie ihren Winterhut kaufen werde, hat mir der Herr Theophil ein wüthendes Gesicht gemacht und dann mit Beharrlichkeit geschwiegen.

Das ist mindestens kein Verbrechen! sagte Theophil.

Mindestens keine Verbalinjurie! meinte der Präsident. Man würde es höchstens als eine Unterlassungssünde bezeichnen können und die gehört nicht vor mein Forum. Aber was haben Sie weiter vorzubringen?

Darauf, da Herr Theophil eigensinnig schwieg, forderte ich ihn auf, mit mir vierhändig zu spielen. Er lehnte es ab, weil er Kopfweh habe.

Das ist allerdings Ihnen gegenüber ein wirkliches Verbrechen, sagte der Präsident; wie kann man denn etwas Anderes empfinden, als heftiges Herzklopfen, wenn man Sie sieht?

Sie sind liebenswürdig! rief Eva freudig, ich ahne es, Sie schaffen mir Genugthuung. Nun hören Sie, nun kommt die Hauptsache. Als er sich hartnäckig geweigert, mit mir zu spielen, habe ich mich beschieden, mich ganz still an das Clavier gesetzt und Galoppaden gespielt – ganz leise, weil er Kopfschmerz hatte, so gut war ich. Kaum aber habe ich einige Takte versucht, so sprechen sie wieder von Unsterblichkeit. Ich bitte sie, stille zu sein, mir zuzuhören, da steht er hastig auf und will hinaus. Ich springe ihm nach: Halt! mein Herr! habe ich Ihre langweilige Unsterblichkeit ausgehalten, so halten Sie meine Galoppaden aus! sagte ich. Ist das nicht recht und billig, Herr von Reichenbach, ich frage Sie?

Vollkommen! bestätigte dieser.

Und nun hören Sie, was er antwortet. Ich schäme mich, es zu wiederholen. Er sieht mich an, lacht und spricht: Ich muß sterben, wenn ich noch länger all die falschen Accorde hören soll, schöne Frau! und Sie wollen ja nicht einmal, daß ich mich während des martervollen Todes mit dem Gedanken an die Unsterblichkeit tröste.

Das hat der Angeklagte wirklich gewagt? fragte der Präsident lachend. Was haben Sie zu Ihrer Vertheidigung zu sagen?

Ich muß in allen Punkten mein Unrecht eingestehen, antwortete Theophil, ich fühle mein Verbrechen und wollte gar nicht erscheinen, sondern mich in contumaciam verurtheilen lassen, aber meine Gegnerin bestand darauf, daß ich mit ihr gehen und in Person mein Urtheil holen sollte.

So wäre denn keine weitere Vernehmung, kein Zeugenverhör nöthig, erklärte der Präsident, die Acten sind geschlossen, das Urtheil kann gefällt werden, und ich erkenne, daß unser Freund sich gegen einen Höherstehenden einer groben Injurie schuldig gemacht hat, denn Frau von Barnfeld ist ein Engel und der Assessor wie wir Andern Alle nur ein armer sterblicher Mensch. Deshalb mag er Frau von Barnfeld demüthig um Verzeihung bitten, sich als den ärgsten Sünder bekennen und entweder sich für ihren Gefangenen auf Lebenszeit erklären oder die Gefängnißstrafe auf recht galante Weise abzubüßen suchen. Zugleich verurtheilen wir ihn aber nur in die Hälfte der Prozeßkosten, da er während des Streites die Klägerin „schöne Frau“ genannt, was sein Unrecht mindert und von der Klägerin mit Uebernahme der halben Kosten anerkannt werden muß, und das von Rechts wegen.

Theophil kniete auf Eva’s Verlangen nieder, bat um Vergebung und durfte ihre kleine Hand zum Zeichen der Versöhnung küssen. Dann sprang sie fröhlich von ihrem Platze auf, reichte dem Präsidenten beide Hände und sagte: Sie sind weise wie der König Salomo, Gott lohne es Ihnen, daß Sie einer armen, schwergekränkten Wittib zu ihrem Rechte verhelfen, daß Sie die verfolgte Unschuld nicht unterdrücken lassen. Ich danke Ihnen dafür und nun kommen Sie zu Therese, die uns erwartet.

So weit sind wir noch nicht, bedeutete der Präsident; Sie haben die Hälfte der Kosten noch nicht bezahlt und sind mir auch noch die königliche Belohnung schuldig, die Sie mir versprochen haben.

Das ist wahr, rief Eva; was verlangen Sie?

Können Sie fragen, was man von Ihnen verlangt? fragte der Präsident, was Ihr Cousin von Ihnen fordert?

Sehen Sie, Herr von Reichenbach, jetzt wird er wieder Cousin! neckte Eva, während eine glühende Röthe ihr Gesicht überzog. Aber daraus wird nichts, Julian! gewiß! daraus wird nichts. Sie sind gar zu anspruchsvoll – sehen Sie mich nicht so lächelnd an.

Er hatte ihre Hand ergriffen, sie machte sich los und lief hinaus. Aber im Abgehen rief sie: Ich fahre in’s Theater, leben Sie wohl, Julian? heute sehen wir uns nicht mehr.

So werde ich mir morgen meine Gebühren einfordern kommen, antwortete der Präsident und, gegen die Freunde gewendet, bemerkte er: Dieser ewige Frohsinn ist für mich bezaubernd.

Das begreife ich nicht, meinte Alfred, denn, wie bei dem ersten Begegnen, läßt Eva mich auch jetzt ganz kalt. Ihre unruhige Fröhlichkeit ermüdet mich.

Sie haben Recht, Herr von Reichenbach! rief Theophil, eine Frau, wie diese, könnte ich niemals lieben. Ihr fehlt jene Tiefe des Gemüthes, auf deren Boden allein die Liebe erblüht.

Sind das Thoren! lachte der Präsident, sind das biedere Deutsche! – Aber wer denkt denn an Liebe, wer denkt denn an Ehe? Wie der Schmetterling nur da ist, sich und uns zu erfreuen, so gibt es Frauen, geschaffen, zu spielen und zu entzücken. Auch Champagner stillt den Durst des Verschmachtenden nicht für immer; aber sein perlender Schaum belebt die abgespannten Nerven des Leidenden und zaubert strahlendes Licht in die düstern Nebel, die ihn umlagern. Wißt Ihr denn, ob ich nicht auch einmal solch ein Leidender bin? Könnt Ihr wissen, ob ich nicht der Erheiterung bedarf? Eva, die blonde, tändelnde Eva ist vielleicht der Champagnerschaum, in dem ich mich berausche, und dazu ist sie wie geschaffen.

Egoist! schalt Alfred.

Sie sind ein zu großer Epikuräer, meinte Theophil.

Als ob von meinem Egoismus die kleine Frau nicht mehr Freude, nicht mehr Genuß hätte, als von Eurer Bedächtigkeit und Tugend! Lernt endlich den weisen Epikur, lernt endlich einmal das Leben verstehen! Ihr sollt genießen und genießen lassen, das ist der Zweck des Daseins! den erfülle ich mit Andacht! sagte der Präsident, als man sich trennte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Eine Lebensfrage. Erster Teil.