Die französischen Truppen stürmen die Mamelons

Die französischen Truppen stürmen mit unwiderstehlicher Gewalt die steilen Abhänge gegen die Mamelons, unter dem Gewehrfeuer der österreichischen Infanterie, dem Kartätschenhagel und dem Zerplatzen der Bomben. Kaum ist jetzt ein Mamelon genommen, kaum haben etliche Eliten-Compagnieen in höchster Ermattung und im Schweiße gebadet den Gipfel erstiegen, so stürzen sie sich gleich einer Lawine auf die Österreicher, werfen sie zurück, treiben sie von Posten zu Posten und Verfolgen sie bis in die Hohlwege und Gräben.

Die Stellungen der Österreicher sind ausgezeichnet, sie haben sich in den Häusern und Kirchen von Medole, Solferino und Cavriana verschanzt. Allein nichts hält, nichts verhindert oder vermindert das Gemetzel, man tobtet sich im Großen und im Kleinen, jeder Fleck Bodens wird mit dem Bajonette erkämpft, jede Baustelle wird Schritt um Schritt verteidigt, die Dörfer werden nur Haus um Haus, Gut um Gut erobert, ein jedes macht gleichsam eine Belagerung nötig, und die Tore, die Fenster und die Höfe sind ebensoviel Schauplätze des wildesten Mordens.


Das französische Kartätschenfeuer verursachte eine große Unordnung in den österreichischen Massen; es bedeckte die Hügelabhänge mit Todten und schleuderte Verheerung und Tod selbst bis auf unglaubliche Entfernungen in die Reserven der österreichischen Armee. Allein wenn gleich die Österreicher wichen, so geschah dies doch nur Schritt um Schritt, und um bald wieder zum Angriffe zu schreiten; ihre Reihen schlossen sich wieder und immer wieder zusammen, um gleich darauf von Neuem durchbrochen zu werden.

In der Ebene treibt der Wind Staubwolken von der Straße vor sich her und wie ein dichtes Nebelmeer verdunkelt dieses Gewölk die Luft und erblindet fast die Streiter.

Wenn auch da und dort für Augenblicke das Kämpfen nachzulassen scheint, so beginnt es doch bald wieder mit erneuerter Wut. Die frischen Reserven der Österreicher füllen bald die Lücken wieder aus, welche die Wucht der eben so hartnäckigen als tödlichen Angriffe in ihren Reihen gerissen. Fortwährend hört man auf dieser, oder jener Seite zum Angriffe die Trompeten blasen, die Tamboure schlagen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Eine Erinnerung an Solferino (1859)