Der hohe Preis des Erfolges

Allein diese Erfolge hatten die Alliierten schwere Opfer gekostet. Dem General de Ladmirault wurde die Schulter von einer Kugel zerschmettert; jedoch kaum daß der heldenmütige Verwundete sich in dem in der Kapelle des kleinen Ortes aufgeschlagenen Feldlazarette hatte verbinden lassen, nahm er von Neuem trotz seiner schweren Wunde zu Fuß am Kampfe Teil, ermutigte seine Bataillone, bis eine zweite Kugel ihn im linken Beine traf. Der ruhige und trotz seiner schwierigen Stellung unerschütterliche General Forey wurde in der Hüfte verwundet, sein weißer Caban, den er über der Uniform trug, wurde von Kugeln durchlöchert, seine Adjutanten fielen an seiner Seite; einem derselben, dem 25jährigen Hauptmann von Kervenoel, riß ein Bombenstück das Hirn hinweg. Am Fuße des Cypressen-Mamelon und im Augenblicke, da er seine Schützenlinie vorwärts führte, stürzte General Dieu tödtlich getroffen vom Pferde; auch General Douay wurde unweit seines Bruders, des getödteten Obristen Douay, verwundet. Dem Brigade General Auger wurde von einer Kanonenkugel der linke Arm zerschmettert; auf dem Schlachtfelde zum Divisions-General ernannt, fand er auch da seinen Tod.

Die französischen Offiziere, immer voran mit geschwungenem Degen, rissen ihre Soldaten mit sich fort, sie fielen an der Spitze ihrer Bataillone, wo ihr Ordensschmuck und ihre Epaulette sie zu Zielpunkten für die Tyroler Scharfschützen machten. Bei dem ersten Regimente der afrikanischen Jäger und zur Seite des tödtlich getroffenen Obrist-Lieutenant Laurans des Ondes drang der nur 22jährige Unterlieutenant von Salignac-Fenelon in ein österreichisches Carré und bezahlte seine glänzende Heldentat mit dem Leben. Obrist von Maleville, welcher unter dem furchtbaren Feuer des Feindes bei dem Landgute von La Casa nova von der Übermacht überwältigt zu werden fürchtete und dessen Mannschaft keine Munition mehr hatte, ergriff die Regimentsfahne und rief: „Wer seine Fahne liebt, folge mir!" Seine Soldaten folgten ihm stürmend mit dem Bajonette, eine Kugel zerschmetterte ihm das Bein, allein trotz den furchtbarsten Schmerzen blieb er dennoch, indem er sich auf dem Pferde stützen ließ, an der Spitze der Seinen. Nicht weit davon wurde der Bataillons-Commandant Herbert getödtet, als er, um einen Adler zu retten, sich in das dichte Handgemenge drängte; zusammenstürzend und zertreten unter den Füßen der Kämpfenden, rief er noch, ehe er den Geist aufgab, den Seinen zu: „Mut, meine Kinder!" Bei dem Mamelon des Turmes von Solferino eroberte Lieutenant Moneglia bei den Fußjägern der Garde für sich allein 6 Geschütze, von denen 4 bespannt waren und kommandiert von einem österreichischen Obristen, der ihm seinen Degen übergab. Lieutenant von Guiseul, welcher die Fahne eines Infanterie-Regimentes trägt, und dessen Bataillon von zehnfach stärkeren Kräften umzingelt wird, fällt, von einer Kugel getroffen, presst jedoch die Fahne wie sein kostbarstes Kleinod an die Brust; ein Sergeant bemächtigt sich der Fahne, um sie zu retten, eine Stückkugel reißt ihm das Haupt hinweg; ein Hauptmann tränkt sie mit seinem Blute in demselben Augenblicke, als seine Hand die Fahnenstange erfaßt, welche zerschmettert wird; Alle, welche diese Fahne ergreifen, Unteroffiziere und Soldaten, sie fallen Einer nach dem Andern, aber lebend und todt dienen ihre Leiber ihr als letzter Wall, bis dieser glorreiche Überrest, zerrissen und zerbrochen, in den Händen eines Sergeant-Majors des Regimentes von Obrist Abatucci bleibt. Der Commandant de la Rochefoucauld Liancourt, ein verwegener afrikanischer Jäger, stürzte sich auf die ungarischen Carrés, sein Pferd wurde von Kugeln durchbohrt, und er selbst, von zwei Schüssen getroffen, fiel endlich in die Hände der Ungarn, welche nunmehr ihr Carré wieder schließen*).


*) Sobald der Kaiser von Österreich erfuhr, daß ein La Rochefoucauld zum Gefangenen gemacht wurde und verwundet sei, gab er den Befehl, daß er mit aller Zuvorkommenheit behandelt und gepflegt werden solle.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Eine Erinnerung an Solferino (1859)