Das Militär-Verpflegungsamt lässt nach Verwundeten suchen

Das Militär-Verpflegungsamt fuhr fort, nach Verwundeten suchen zu lassen, welche, verbunden oder nicht, auf Mauleseln, auf Tragbahren oder auf Cacolets zu den Feldlazaretten gebracht wurden; von da transportierte man sie nach den Dörfern oder Flecken, welche dem Orte, wo sie gefallen oder wo sie aufgefunden wurden, am nächsten lagen. In diesen Ortschaften hatte man in den Kirchen und Klöstern, in den Häusern, auf den öffentlichen Plätzen, in den Höfen, auf den Straßen und den Promenaden, kurz an allen passenden Lokalitäten provisorische Feldlazarett hergerichtet; und so waren in Carpenedolo, Castel Goffredo, Medole, Guidizzolo, Volta und in allen umliegenden Ortschaften eine große Menge Verwundeter untergebracht, allein der größte Teil derselben befand sich in Castiglione, wohin sich die minder schwer Verletzten bereits zu Fuße geschleppt hatten.

Dahin zog nun eine lange Prozession von Wagen des Militär-Verpflegungsamtes, beladen mit Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren jeden Grades, bunt durcheinander, Kavalleristen, Infanteristen, Artilleristen: sie waren alle mit Blut befleckt, erschöpft, in zerrissenen Kleidern, bestaubt; dann kamen wieder Maulesel im kurzen Trabe, deren unruhige Bewegungen den unglücklichen Verwundeten mit jedem Schritte Ausrufe des Schmerzes entlockten. Dem Einen war ein Bein zerschmettert, das fast vom Körper losgetrennt zu sein schien, so daß jede leichte Erschütterung des Wagens ihm neue Qualen verursachte; einem Andern war der Arm gebrochen, und er stützte ihn mit dem noch unverletzten; einem Korporal war der Setzer einer Congrève'schen Rakete in den Arm gedrungen, er zog ihn selbst heraus und suchte sich dann, ihn als Stock benutzend, nach Castiglione zu schleppen; viele dieser Verwundeten starben unterwegs, und ihre Leichname wurden dann an dem Rande der Straße niedergelegt, wo man sie später begrub.



Dieses Kapitel ist Teil des Buches Eine Erinnerung an Solferino (1859)