Bei San Martino

Bei San Martino hält der tapfere und unerschrockene Feldmarschall Benedek mit nur einem Teile der zweiten österreichischen Armee gegen die ganze sardische Armee Stand, welche mit Heroismus unter den Befehlen ihres Königs kämpft, von dessen Gegenwart entflammt.

Der rechte Flügel der alliierten Armee, von den Corps des Generals Niel und des Marschalls Canrobert gebildet, leistet mit unbeugsamer Energie der vom Grafen Wimpffen befehligten ersten österreichischen Armee Widerstand, deren drei Corps unter Schwarzenberg, Schaafgottsche und Veigl freilich nicht im Stande sind, in ihre Bewegungen eine passende Übereinstimmung zu bringen.


Marschall Canrobert, der genau den Anordnungen des Kaisers der Franzosen folgte, indem er sich mehr abwartend verhielt, was auch nicht gerade tadelnswert erscheint, führte nicht gleich vom Morgen an seine noch verfügbaren Kräfte ins Gefecht; allein der größte Teil seines Armee-Corps, die Divisionen Renault und Trochu, sowie die Reiterei des Generals Partouneaux nahmen lebhaften Teil an der Schlacht.

Wenn Marschall Canrobert anfänglich durch die Voraussicht zurückgehalten wurde, daß ihn das Armee-Corps des Prinzen Eduard von Lichtenstein angreifen werde, welches, nicht bei den zwei österreichischen Armeen inbegriffen war, sondern durch sein herausrücken aus Mantua den Kaiser Napoleon beschäftigte, so war auch dieses Lichtenstein'sche Corps seinerseits in seiner Aktion durch Canrobert paralysiert, besonders da sich das Armee-Corps des Prinzen Napoleon näherte, von welchem eine Division von Piacenza aus heranrückte.

Die Generale Forey und Ladmirault hatten mit ihren mutigen Colonnen an diesem denkwürdigen Tage die Schlacht eröffnet; sie bemächtigten sich nach unbeschreiblichen Kämpfen der Hügellinien des niedlichen Mamelons bei Cipressi, gleichwie des Turmes und des Gottesackers von Solferino, berüchtigt durch die schauderhafte Metzelei, deren sie die Zeugen und der Schauplatz waren; dieser Cypressenberg wurde endlich mit Sturm genommen und, auf der Höhe angekommen, ließ Obrist d'Auvergne auf der Spitze des Degens sein Taschentuch als Zeichen des Sieges flattern.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Eine Erinnerung an Solferino (1859)