Chortitza-Rosenthal, am 21. Februar 1920.

Die deutschen Gemeinden aus Taurien haben einen Transport Mehl und Schmalz gesandt.

Allerdings ist nur die Hälfte von allem hier angekommen. Die Wagen sind unterwegs angehalten und „beschlagnahmt“ worden. Immerhin ist einiges angekommen. Und die Spender lassen sich wohl durch ein Missgeschick nicht abhalten, ihr Werk fortzusetzen; denn was bisher geschehen ist, ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.


Es ist erfreulich, dass jene Kolonisten dieses Mal nicht so sehr gelitten haben, wie wir und dass sie nun in der Lage sind, uns etwas abzugeben. Dort sind Lebensmittel vorhanden, wenn man sie nur herüberschaffen kann!

Jene Kolonisten schicken ganze Lazarettausrüstungen. Es sind Krankenpfleger von dort angekommen, die in unserer verseuchten Gegend Krankenhäuser errichten wollen, um der Ausbreitung der Krankheit entgegenzutreten. Man will die Erkrankten aus den Häusern herausnehmen und sie einer geeigneten Pflege zuführen.

Ja, noch mehr! Sie wollen von ihrem spärlichen Vorrat an Leib- und Bettwäsche uns zuteilen.

Die Not weckt die Bruderliebe gleicher Stammesgenossen. Auch jene haben eine Leidensgeschichte hinter sich, die der unsrigen nahekommt. Der aufrichtige Wunsch, Opfer zu bringen, lindert unsere moralische Not; er hilft unserem Hoffen auf. Ohne vorangegangene große Leiden wären diese eigennützig veranlagten Kolonisten zu so großen Opfern nicht willig geworden. Das ist die gute Seite unserer Schreckenszeit.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ein Tagebuch aus dem Reiche des Totentanzes