Chortitza-Rosenthal, Am?

Die Kranken phantasieren von Neu-Seeland, dem Land ihrer Sehnsucht. Wer die Hoffnung noch hat, am Leben zu bleiben, denkt nur noch an Auswanderung. Aber die meisten wandern aus nach dem Friedhof. Draußen vor unserm Fenster bringt man täglich Särge vorbei! Särge? Nein, es gibt keine Särge mehr. Man begräbt die Toten ohne Särge, entweder in Trögen oder Schlafbänken oder gänzlich bloß. Auch das Begraben ist schwierig: es gibt kaum noch Menschen, die Gräber graben. Diejenigen, die bei Kräften sind, lassen sich die Arbeit übermäßig teuer bezahlen. Darum bleiben viele Gräber offen.

Im Nachbarhause starb gestern der alte, vielgeplagte pensionierte Lehrer. Alle übrigen acht Personen liegen krank darnieder Man rief mich um Hilfe, um den Toten aus dem Krankenzimmer zu schaffen. Jetzt ist kein Mann mehr in dem Hause, nur Frauen, und diese alle krank. Fremde pflegen sie und bedienen die einquartierten Anarchisten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ein Tagebuch aus dem Reiche des Totentanzes