Tanks beim Stammsitz der Jagelonen
Zwischen zwei Seen liegt Jagelon, mit dem Stammhaus des bekannten polnischen Königsgeschlechtes gleichen Namens. Die malerische Ortschaft zerfällt in einen ausgesprochen jüdischen und einen polnisch-ukrainischen Teil. Da es regnet, laufen die Menschen alle mit schwarzen Regenschirmen herum, und weil es auch ein wenig kalt ist, tragen die Frauen diese typischen, großen und handgestrickten weißen Umhängetücher, die ihre Heimat in ganz Russland haben. Die Männer aber schützen sich vor der Nässe ganz einfach mit den Decken, die sie sonst ihren Pferden überwerfen.
Kurz vor dem Ausgang des Dorfes liegen zwei fahrende russische Festungen im Straßengraben. Zwei Tanks von 52 Tonnen mit einer Bestückung von drei Kanonen (Panzerabwehr-, Mörser- und eine 7,5-cm-Kanone) und sechs Maschinengewehren, drei leichten und drei schweren. Der Stahl dieser Kolosse weist Dutzende von kleinen Einschlägen der sogenannten „Panzerbüchsen" auf. Das sind Spezialgewehre vom Kaliber gewöhnlicher Gewehre, die mit einer hochexplosiven Spezialmunition geladen, den Panzer durchschlagen sollen. Allerdings ist in diesem Falle nicht eine einzige der Kugeln durchgedrungen. Vielleicht ist aber vor allem auch beabsichtigt, mit solchen Spezialladungen in die wenigen Sehschlitze und eventuell in die Mündungen der Kanonen zu schießen.
Aus welchen Gründen die Panzer trotzdem liegen blieben, konnte ich nicht feststellen. Wahrscheinlich war es in beiden Fällen Maschinenschaden. Ich erinnerte mich bei dieser Gelegenheit an meine ähnlichen Beobachtungen während des ersten finnisch-russischen Krieges. Diese Ungetüme von fahrenden Festungen besitzen derartig komplizierte Motoren, dass Defekte sehr leicht eintreten können. Nachdem was ich gesehen habe, wäre es beinahe notwendig, neben den Besatzungstruppen jeweils noch einen Ingenieur mitzunehmen. Vor allem unter den Umständen, unter denen anscheinend sehr viele, wenn nicht die meisten der russischen Tanks, in die vorderen Linien gekommen zu sein scheinen.
Ich erfahre dies durch Gespräche mit Dorfbewohnern. Nach Angaben von russischen Tankfahrern gegenüber diesen Leuten haben sie ihre Maschinen teilweise über mehr als 2.000 Kilometer Entfernung aus der Gegend des Kaukasus bis in die vorderen Linien gefahren. Dort waren sie wahrscheinlich in Beständen, die in die Zehntausende gehen, versteckt worden, um die enorme russische Aufrüstung vor der Welt geheim zu halten. Als die Deutschen dann plötzlich in Russland einmarschierten, fehlte es am notwendigen Eisenbahnmaterial, um die Tanks von dort nach vorne zu bringen. Sie wurden deshalb kurzerhand an ihren Bestimmungsort gefahren, und es ist weiter kein Wunder, wenn die Motoren derartige Strecken nicht überstanden.
Hinter Jagelon wird die Landschaft flacher. Die Wälder und Bäume sind weniger zahlreich, aber die Äcker und Felder dafür um so größer. Uns fehlen noch 25 Kilometer bis nach Lemberg. Im Vorbeifahren sehen wir da und dort ein Soldatengrab, und eine Prozession ukrainischer Kirchengänger kommt uns entgegen. Es ist Sonntag. Ein erschossener Hund liegt unter einem Baum und daneben steht ein Mann und weint. Aber die Hunde werden hier alle erschossen, weil die meisten die Tollwut haben.
Es regnet viel und dazwischen scheint manchmal wässerig die Sonne. Einmal ist es besonders schön, und da erblicken wir in der Ferne viele Häuser: Eine Vorstadt von Lemberg. Je naher wir ihr kommen, um so komischer enthüllt sich vor uns ein Bild: Zwischen den durchwegs niederen Häusern, die sich in gar nichts von denen auf dem Lande unterscheiden, scheint ein Wald von Bohnenstangen herauszuwachsen. Beinahe steht eine neben der andern. Aber es sind keine Bohnenstangen, es sind nur primitive Masten für die Anlage von Radioantennen. Ganz einfache und krumme Bäume aus dem Wald in der nächsten Nähe. In dieser Vorstadt gibt es kein Haus ohne Radio, aber es gibt auch kein Haus mit einem Lautsprecher. Der Kopfhörer ist hier Trumpf. Ich habe das gesehen. Und man hörte auch nur den einen Sender Moskau.
Die Russen haben es sich viel kosten lassen, die unter ihrer Herrschaft lebenden Polen von dem Glücke zu überzeugen, dem sie entgegengeführt werden sollen.
Kurz vor dem Ausgang des Dorfes liegen zwei fahrende russische Festungen im Straßengraben. Zwei Tanks von 52 Tonnen mit einer Bestückung von drei Kanonen (Panzerabwehr-, Mörser- und eine 7,5-cm-Kanone) und sechs Maschinengewehren, drei leichten und drei schweren. Der Stahl dieser Kolosse weist Dutzende von kleinen Einschlägen der sogenannten „Panzerbüchsen" auf. Das sind Spezialgewehre vom Kaliber gewöhnlicher Gewehre, die mit einer hochexplosiven Spezialmunition geladen, den Panzer durchschlagen sollen. Allerdings ist in diesem Falle nicht eine einzige der Kugeln durchgedrungen. Vielleicht ist aber vor allem auch beabsichtigt, mit solchen Spezialladungen in die wenigen Sehschlitze und eventuell in die Mündungen der Kanonen zu schießen.
Aus welchen Gründen die Panzer trotzdem liegen blieben, konnte ich nicht feststellen. Wahrscheinlich war es in beiden Fällen Maschinenschaden. Ich erinnerte mich bei dieser Gelegenheit an meine ähnlichen Beobachtungen während des ersten finnisch-russischen Krieges. Diese Ungetüme von fahrenden Festungen besitzen derartig komplizierte Motoren, dass Defekte sehr leicht eintreten können. Nachdem was ich gesehen habe, wäre es beinahe notwendig, neben den Besatzungstruppen jeweils noch einen Ingenieur mitzunehmen. Vor allem unter den Umständen, unter denen anscheinend sehr viele, wenn nicht die meisten der russischen Tanks, in die vorderen Linien gekommen zu sein scheinen.
Ich erfahre dies durch Gespräche mit Dorfbewohnern. Nach Angaben von russischen Tankfahrern gegenüber diesen Leuten haben sie ihre Maschinen teilweise über mehr als 2.000 Kilometer Entfernung aus der Gegend des Kaukasus bis in die vorderen Linien gefahren. Dort waren sie wahrscheinlich in Beständen, die in die Zehntausende gehen, versteckt worden, um die enorme russische Aufrüstung vor der Welt geheim zu halten. Als die Deutschen dann plötzlich in Russland einmarschierten, fehlte es am notwendigen Eisenbahnmaterial, um die Tanks von dort nach vorne zu bringen. Sie wurden deshalb kurzerhand an ihren Bestimmungsort gefahren, und es ist weiter kein Wunder, wenn die Motoren derartige Strecken nicht überstanden.
Hinter Jagelon wird die Landschaft flacher. Die Wälder und Bäume sind weniger zahlreich, aber die Äcker und Felder dafür um so größer. Uns fehlen noch 25 Kilometer bis nach Lemberg. Im Vorbeifahren sehen wir da und dort ein Soldatengrab, und eine Prozession ukrainischer Kirchengänger kommt uns entgegen. Es ist Sonntag. Ein erschossener Hund liegt unter einem Baum und daneben steht ein Mann und weint. Aber die Hunde werden hier alle erschossen, weil die meisten die Tollwut haben.
Es regnet viel und dazwischen scheint manchmal wässerig die Sonne. Einmal ist es besonders schön, und da erblicken wir in der Ferne viele Häuser: Eine Vorstadt von Lemberg. Je naher wir ihr kommen, um so komischer enthüllt sich vor uns ein Bild: Zwischen den durchwegs niederen Häusern, die sich in gar nichts von denen auf dem Lande unterscheiden, scheint ein Wald von Bohnenstangen herauszuwachsen. Beinahe steht eine neben der andern. Aber es sind keine Bohnenstangen, es sind nur primitive Masten für die Anlage von Radioantennen. Ganz einfache und krumme Bäume aus dem Wald in der nächsten Nähe. In dieser Vorstadt gibt es kein Haus ohne Radio, aber es gibt auch kein Haus mit einem Lautsprecher. Der Kopfhörer ist hier Trumpf. Ich habe das gesehen. Und man hörte auch nur den einen Sender Moskau.
Die Russen haben es sich viel kosten lassen, die unter ihrer Herrschaft lebenden Polen von dem Glücke zu überzeugen, dem sie entgegengeführt werden sollen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ein Schweizer Journalist sieht Russland