Und wie das Vöglein so gesprochen

Wie das Waldbächlein zum Tannenbaum zurückwollte, aber wieder verführt ward.


Und wie das Vöglein so gesprochen,
Sah's auch das Bächlein so leidvoll an,
Als sei ihm wahrhaftig das Herz gebrochen,
Daß das mit flehender Klag' es beschwor:
„O Vöglein, wie hab' ich dir Unrecht gethan!
Wie bin doch wirklich ein Kind und Thor!
Ach nur verzweifelnd wollt' aufwärts ich ziehn, Dem Sturm und dem stechenden Blitz zu entfliehn;
Nun halt' auch kein zu streng Gericht!
Denn weil du mir nie vom Sturm gesprochen,
Da glaubt' ich, du habest dein Wort gebrochen, Und daß du mich suchtest, wußt' ich ja nicht.“
Drauf sprach das Vöglein schnell bedacht:
„Wie wollt' ich mich denn auch erfrechen,
Der ew'gen Natur Gesetze zu brechen?
Darüber hab' ich keine Macht.“
„Du hast wohl Recht“ – das Bächlein sprach,
Und ließ zugleich vom Zweige los,
Der unterging im Wellenschoos –
„Ich steh' in Allen weit dir nach,
Hab' eben noch jungen Unverstand,
Drum hab' ich so kindisch dich verkannt;
Will mich auch künftig besser schicken.
Nur laß aus deinen trüben Blicken
Mir auch Verzeihung wieder scheinen!“
Drauf lächelt' das Vöglein mit gnäd'ger Huld:
„Bin nicht so streng, als du magst meinen,
Vergebe gern bereute Schuld.
Doch nun voran! Nicht frommt die Weile,
Und hol' dir die Genossen ein,
Daß du auch frohe Gesellschaft hast!“
Und niederstürzt' es mit freudiger Eile.


Doch langsam schiffte hintendrein
Mit heil'gem Glanz der Tannenast.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ein Märchen