Roms Antiken im 16. und 17. Jahrhundert.
So hatten sich zwei Jahrhunderte lang ungezählte Antiken in Rom angesammelt, während von Funden außerhalb Roms wenig verlautet. Im Gegenteil hatte Rom schon früh angefangen von seinen Schätzen nach auswärts zu spenden. Venedig, Paris und Madrid, München und Prag waren in den Besitz römischer Antiken gelangt; auch hatte Florenz bereits damit begonnen die berühmtesten Statuen der Villa Medici an den Arno herüberzuholen. Aber mit ganz neuem Nachdruck setzte diese zentrifugale Bewegung im 18. Jahrhundert ein. Die römischen Familien verarmten mehr und mehr und schätzten die ererbten Antiken als ein Mittel ihre Finanzen zu verbessern. Die Giustiniani begannen, Chigi und Albani folgten. Zunächst bildeten die Höfe von Madrid und Dresden die Käufer, bald aber traten vor allen reiche Engländer auf den Plan und legten durch Vermittlung von Kunsthändlern den Grund zu größeren oder kleineren Sammlungen, die auf den Landsitzen Großbritanniens sich der Kenntnis und Benutzung der Kunstfreunde entzogen. Andere Schätze folgten ihren Besitzern ins Ausland; die farnesischen Antiken siedelten nach Neapel, die Masse der mediceischen nach Florenz über. So ward freilich die Anschauung antiker Bildwerke über den Bereich Roms hinaus verbreitet, Rom selbst aber lief Gefahr seine alte Alleinherrschaft auf diesem Gebiete zu verlieren. Dieser Gefahr vorzubeugen sollte die neue Ausgestaltung und Bereicherung des kapitolinischen Museums dienen, das im Jahre 1734 neueröffnet ward, vorzugsweise das Werk zweier Päpste, Clemens XII. und Benedicts XIV., und ihrer energischen Ratgeber. Ihm schloss sich ein Menschenalter später die einzige private Neuschöpfung dieses Jahrhunderts an, die Villa des Kardinals Albani, mit ihren ebenso auserlesenen wie geschmackvoll über alle Räume verteilten antiken Bildwerken.
Das war im großen ganzen der Antikenbesitz, über den Winckelmann verfügte, als er um die Mitte des 18. Jahrhunderts nach Rom kam und den bisher ungeordneten Stoff zu seiner Kunstgeschichte zusammenfügte. Die römischen Sammlungen boten ihm fast das ganze Material. Aber was war es, das sie enthielten? Einige wenige Originalwerke aus spätgriechischer Zeit, wie die Galliergruppen und den Laokoon; eine Reihe charakteristischer Reliefs, Statuen und Büsten aus der römischen Kaiserzeit — alles andere waren keine Originale, sondern römische Kopien griechischer Werke aus den verschiedensten Epochen, zum großen Teil Arbeiten geringer Kunsthandwerker, aus denen Charakter und Reiz der zugrunde liegenden Originale nur schwer zu entnehmen waren. Selbst so berühmte Werke wie der belvederische Apollon hoben sich doch nur durch den Grad der Güte der Nachbildung aus der Masse hervor. Und all das war zerstreut über die verschiedenartigsten Aufbewahrungsorte, oft in wahren Schlupfwinkeln verborgen, so dass eine vergleichende Betrachtung überaus erschwert war. Auch die Nachrichten der alten Schriftsteller über antike Kunst lagen nirgend geordnet vor, sondern mussten ebenfalls erst aus allen Ecken zusammengesucht werden; nur für die Künstler selbst gab es einen Künstlerkatalog von Junius. Bedenkt man dies alles, so treten alle Unvollkommenheiten in Winckelmanns Kunstgeschichte zurück vor der staunenden Bewunderung, dass es dem Feuereifer, dem eindringenden Kunstverständnis und der aus dem bunten Schein und aller Entstellung zum inneren Sein und zu dessen geschichtlichem Zusammenhang hindurchdringenden Sehergabe des märkischen Schustersohnes binnen weniger Jahre gelang, seinen Bau aus solchem Material haltbar und auf längere Zeit ausreichend aufzuführen.
Das war im großen ganzen der Antikenbesitz, über den Winckelmann verfügte, als er um die Mitte des 18. Jahrhunderts nach Rom kam und den bisher ungeordneten Stoff zu seiner Kunstgeschichte zusammenfügte. Die römischen Sammlungen boten ihm fast das ganze Material. Aber was war es, das sie enthielten? Einige wenige Originalwerke aus spätgriechischer Zeit, wie die Galliergruppen und den Laokoon; eine Reihe charakteristischer Reliefs, Statuen und Büsten aus der römischen Kaiserzeit — alles andere waren keine Originale, sondern römische Kopien griechischer Werke aus den verschiedensten Epochen, zum großen Teil Arbeiten geringer Kunsthandwerker, aus denen Charakter und Reiz der zugrunde liegenden Originale nur schwer zu entnehmen waren. Selbst so berühmte Werke wie der belvederische Apollon hoben sich doch nur durch den Grad der Güte der Nachbildung aus der Masse hervor. Und all das war zerstreut über die verschiedenartigsten Aufbewahrungsorte, oft in wahren Schlupfwinkeln verborgen, so dass eine vergleichende Betrachtung überaus erschwert war. Auch die Nachrichten der alten Schriftsteller über antike Kunst lagen nirgend geordnet vor, sondern mussten ebenfalls erst aus allen Ecken zusammengesucht werden; nur für die Künstler selbst gab es einen Künstlerkatalog von Junius. Bedenkt man dies alles, so treten alle Unvollkommenheiten in Winckelmanns Kunstgeschichte zurück vor der staunenden Bewunderung, dass es dem Feuereifer, dem eindringenden Kunstverständnis und der aus dem bunten Schein und aller Entstellung zum inneren Sein und zu dessen geschichtlichem Zusammenhang hindurchdringenden Sehergabe des märkischen Schustersohnes binnen weniger Jahre gelang, seinen Bau aus solchem Material haltbar und auf längere Zeit ausreichend aufzuführen.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Ein Jahrhundert kunstarchäologischer Entdeckungen