Ein Jagdzauber

Autor: Ueberlieferung
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Aus Saviese wird erzählt, daß ein Jäger sich einem alten Soldaten klagte, er bringe so selten etwas von der Jagd heim. Dieser belehrte ihn, wenn er glückliche Jagd machen wolle, so solle er einem Anverwandten, der nächsthin aus seinem Hause sterben würde, zwei Roßnägel in die Ferse schlagen, davon einen wieder ausziehen und aufbewahren, mit dem andern aber den Toten zu Grabe tragen lassen. Treffe er nun auf der Jagd Fußtritte von Gewild an, so solle er nur den aufgehobenen Nagel in dieselben stecken und augenblicklich werde das gejagte Tier still stehen und sich sofort totschießen lassen.

Bald darauf starb des Jägers Vater, dem der Sohn tat, wie er war belehrt worden. Und wirklich brachte ihm der Zaubernagel viel Glück; stets kehrte er mit Wildbret wohl beladen heim. - Eines Tages, als unser Jäger im Hochgebirge auf der Lauer war, sprang unvermutet gerade vor seinen Augen ein schöner Gemsbock auf. Gleich pflanzte er den Nagel in dessen Fährte und in kleiner Entfernung stand das Tier still, sich wild und hoch aufbäumend; es schien am Hinterfuße wie an den Boden genagelt. Verwundert sah der Jäger dem Spiele lange zu. Da hörte er die weinerliche Stimme seines verstorbenen Vaters deutlich rufen: »Schieß! Schieß doch schnell und zwinge mich nicht so lange das Tier mühsam zu halten. -Oder gönnst du deinem Vater auch im Grabe die Ruhe nicht?« Erschrocken erlegte nun der Jäger das Tier und trug es heim. - Bei nächster Gelegenheit suchte er aber auf dem Kirchhofe die vermoderte Leiche seines Vaters auf, zog den Zaubernagel wieder aus und ging nie mehr auf die Jagd.