EBRACH. OFranken BA Bamberg II.

Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland
Autor: Dehio, Georg (1850-1932), Erscheinungsjahr: 1914
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EBRACH. OFranken BA Bamberg II.

Ehem. Cisterc.-Klst. gegr. 1127, die älteste und stets vornehmste Niederlassung des Ordens in Franken. Die bestehende Kirche Neubau des 13. Jh. Erste Altarweihen, wohl nicht lange nach Beginn des Baues, 1218 und 1221. Letzte Vollendung 1282. Trotz der langen Bauzeit völlig einheitlich im Plan und nahezu einheitlich in den Stilformen. Die späteren Jahrhunderte brachten keine Veränderungen, außer in den Ausstattungsstücken, bis Abt Wilhelm Roßhirt (1773-91) durch Materno Bossi den ganzen Innenbau in einer dem französischen Louis XVI. verwandten Manier neu dekorieren ließ. Der großartigste frgot. Bau, den Deutschland hervorgebracht hat, wurde dadurch, wo nicht materiell, so doch ästhetisch [pg 93] vernichtet. Immerhin verdient Bossi insofern Dank, als er nicht ganz so rücksichtslos verfuhr, wie in ähnlichen Fällen vor ihm viele Barockmeister. Er ließ das neue Gewand sich eng an den alten Gliederbau anschmiegen, so daß man den kühnen und strengen Rhythmus desselben noch immer herausfühlt. Ein Irrtum ist es, den Ebracher Bau dem Übergangsstil zuzurechnen; er ist rein frgot., wenn auch nicht in französischen, sondern in jenen burgundischen Schulformen, die wir heute am besten in den südlich von Rom gelegenen Cistercienserkirchen Fossanova und Casamari kennen lernen. Wer jene in Erinnerung hat, erstaunt über die Ähnlichkeit des Eindrucks trotz der veränderten Zierformen. — Die Anlage als kreuzf. Basilika tritt zumal im Außenbau klar und einfach in die Erscheinung. Auf das Lhs. fallen 7 Joche, auf den Hauptchor 3 Joche in gleichem System, bei engeren Intervallen. Der östl. Schluß geradlinig. Um ihn setzen sich die Sschiffe als Umgang fort und an diesen schließt sich, niedriger und in Kapellen (12 an der Zahl) aufgeteilt, ein zweiter. Der nördl. und südl. Flügel dieses äußeren Umgangs war im ersten Plan noch nicht enthalten (Scheidewände dünner als im OFlügel und nicht in den Pfeilerachsen; Gegenprobe in der von Ebrach abgeleiteten K. in Riddagshausen bei Braunschweig). L. bis zum Schluß des Hauptchors 76 m, mit Zuzählung der Kap. 87 m. Lichte Br. des Lhs. 23,6, H. 21,9. Querschnitt nach der von den Cisterciensern überall gern angewendeten Proportion des gleichseitigen 3Ecks, in französischer Weise vom Sockel gemessen. Die Gwbb. sind im Msch. rok., in den Ssch. annähernd quadr. Das Qsch. etwas schmäler als das Msch. und stark ausladend, so daß jeder Flügel 3 rok. Gwbb. enthält (Rekonstruktion des Systems bei Dehio und Bezold Taf. 496). Die Pfll. kreuzf. und mit Halbsll. besetzt. Im Msch. gingen die Dienste nicht bis zur Erde, sondern setzten dort auf Konsolen ab, auf der Höhenlinie, wo sie jetzt, zu korinthischen Sll. umgebildet, ihre Basen haben. Die Gewölbescheitel, was für die französische Filiation bezeichnend ist, wagerecht. Die kräftigen spitzbg. Gurten und Rippen und die mit frgot. Laubkränzen geschmückten Schlußsteine sind erhalten; ebenso die spitzbg. Form der Arkaden und Fenster; hinter den Beichtstühlen verborgen sind auch einige frgot. Eckblattbasen und Halbsäulenkapitelle verschont geblieben. Das Hochschiff hat an der östl. Chorwand wie an den Fronten des Qsch. frgot. Rosenfenster, genau so angeordnet wie in Fossanova; ein solches muß sich auch an der WFront befunden haben, wurde aber durch eine größere hochgot. Rose (jetzt Copie, das Original im Münchener National-Mus.) ersetzt; die Komposition des Maßwerks ist der Rose am Qsch. [pg 94] der Notre-Dame in Paris nahe verwandt, geht aber nicht unmittelbar auf sie zurück, sondern auf eine in den Entwürfen zum Straßburger Münster vorkommende Variante (ausgeführt in Rufach i.E.). Das Äußere wird klar und kräftig durch Strebepfll. am Hochsch. wie an den Ssch. gegliedert; Strebebgg. fehlen (wie immer bei den älteren Cisterc.-K.). Ein für die Schulzusammenhänge bezeichnender Unterschied ist der, daß am Chor und an der OWand des Qsch. Konsolengesimse von spezifisch burgundischer Fassung angewandt sind, während an der WWand des Qsch. und am Lhs. deutsche Rundbg.-Friese auftreten. Der Dachreiter bar. erneuert.

Ausstattung. Bossi hat einige Prachtstücke aus 17. und A. 18. Jh., die ihm für die Einheitlichkeit der Wirkung ungefährlich waren, beibehalten, die meisten aber neu hergestellt; verschwunden ist alles Mittelalterliche mit Ausnahme einiger Grabst, vom 15. Jh. ab. Die Grabst. der Königin Gertrud, Gemahlin Konrads III., und ihres Sohnes Friedrich v. Rotenburg (hinter dem Hochaltar) sind freie Erfindungen des 17. Jh. Zahlreicher, doch nicht höheren Ranges, die Denkmäler der Renss.Epoche. Das sog. Mausoleum des ersten Abtes, Adam, ist ein wunderlicher gotisierender Versuch italienischer Stuckatoren vom J. 1697. Bmkw. die 2 Orgeln.

Michaels-Kap. 1sch. kreuzf. Anlage an der NFront des Qsch. Die Art, wie das Qsch. der Kap. in die Ecke des Qsch. der K. eingreift, beweist, daß sie vor dieser begonnen war, wozu das überlieferte Weihungsjahr 1207 paßt. Indes ist der vorhandene Bau nicht einheitlich; die Achse des Schiffs deckt sich nicht mit der des Altarhauses; die Einzelheiten zeigen mehrfachen Wechsel der Bauführung; die OPartie mit nordfranzösischer Färbung, die sonst in E. nicht zu bemerken ist, die westl. Teile unter Einfluß des Maulbronner Kreuzgangs, jedoch verhältnismäßig unfein und in einer den Cisterciensern sonst fremden Weise überladen, immerhin eindrucksvoll.

Klostergebäude. Sie eröffnen für Franken die Reihe jener im Verhältnis zum Zweck unbegreiflich kolossalen Anlagen, in denen die süddeutschen Klöster im letzten Jahrhundert vor der Säkularisation ihren Ruhm suchten. 1687 bis 1698 von Leonhard Dientzenhofer, Umbau und Erweiterung 1716 ff. nach Plänen Balthasar Neumanns, ausgeführt von Joseph Greising († 1722). Die Scheidung der verschiedenen Anteile nicht überall leicht. Die Gebäude wurden weit nach W vorgeschoben. Ihre Grundfläche das 6fache der ma. Klausur. 2 geschlossene und 3 triklinienförmig geöffnete Höfe. Die NFassade, rechtwinklich zur Kirchenfront, zeigt die Formen des deutschen Barock, am deutlichsten in den 2 reichen Erkern; [pg 95] den in seiner Länge eintönigen Bau unterbrach Neumann durch ein machtvolles Mittelmotiv mit brillantem Treppenhaus. Eine zweite, noch prächtigere Schauseite öffnet sich nach W zu den großen, jetzt verwüsteten, Gartenterrassen, in deren Mitte ein Kolossalbrunnen in Berninischer Manier von Jakob van der Auvera. Die Dekoration der großen Aula (Kaisersaal) liegt stilgeschichtlich auf der Grenze zwischen Barock und Rokoko; Stuckatur von Hönnicke (der von hier nach Pommersfelden ging), die Fresken von Lünenschloss (1722), Antonio Nave, Jo. Ad. Remela (später in Bronnbach tätig).